Aus der BVV
Wir in Reinickendorf • 03/2003

Bargeld statt Plastik?!

PDS beantragt: Chipkarten-Vertrag kündigen

Stellen sie sich vor, jedes Mal beim Einkaufen »automatisch« als Asylbewerber/in »identifiziert« zu werden!

Dies war möglich, weil viele Asylbewerber/innen in Berlin seit 1997 nur noch mit einer sogenannten. Chipkarte einkaufen durften, nein, mussten. Eingeführt hatte die Karte im Jahr 1997 B. Hübner (CDU). Berechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollten seit dem keine Sozialleistungen mehr als Bargeld erhalten. Auf die Chipkarte wurden 184 Euro monatlich pro Haushaltsvorstand aufgeladen. Für jedes Kind gab es zwischen 112 und 158 Euro extra. Für dieses Geld durften die Asylbewerber in und zuletzt 86 Läden (nur drei in Reinickendorf!) einkaufen.

Die PDS, Sozialverbände und Betroffene kritisierten weite Anfahrtswege und sprachen, völlig zu Recht, von Diskriminierung und Stigmatisierung. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) hat am 10. Februar 2003 nun den Chipkarten-Vertrag mit der Fa. Sodexho (1,5% Provision) zum 30.6.2003 gekündigt.

Ab 1. Juli gibt es nun wieder Bargeld. Allerdings nur für die rund 2.700 Asylbewerber, für die der Senat zuständig ist! Das sind die Flüchtlinge, deren Asylverfahren höchstens seit drei Jahren läuft. Wer länger wartet oder nach einem abgelehnten Asylantrag noch geduldet ist, bezieht Sozialleistungen in den Bezirken.

Reinickendorf ist leider einer von nur vier Berliner Bezirken, die noch mit der »Chipkarte« arbeiten.

Die PDS hat einen Antrag in die BVV eingebracht, das Bezirksamt aufzufordern, den bezirklichen Chipkarten-Vertrag ebenfalls zu kündigen und »Leistungsberechtigte nach dem Prinzip der Geldleistung zu versorgen«. Dies wäre zum Oktober 2003 möglich. Darüber wird nun im Sozialausschuss beraten. Es ist zu hoffen, dass die Diskussion im Interesse der Betroffenen auf sachlicher Ebene verläuft, ist doch gerade die Reinickendorfer CDU eine vehemente Befürworterin der Chipkarte. In welche Richtung die Liberalität in dieser Sache ausgelegt wird, bleibt abzuwarten.

Jürgen Schimrock, Klaus Rathmann

BVV-Splitter

aus der 15. Sitzung

»...die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Wohnungen zu ermöglichen.« Ein Ersuchen der PDS-Bezirksverordneten Renate Herranen in der BVV am 12. März zielt auf die Unterstützung der Initiative der Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner durch das Bezirksamt. Menschlicher, sozialer und – kostengünstiger! »Herr Ruschin (CDU, d.Verf.) erklärt, dass der Jugendrat, ..., und die freien Träger im Bezirk sich schon an politische Gegebenheiten im Bezirk auch ein Stück weit anzupassen hätten. (Aus dem Protokoll der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vom....).

Besser kann man das »freiheitliche Demokratieverständnis« dieser Partei nicht ausdrücken. Ja, so hätten sie es gern. Aus dem Ältestenrat der BVV: »Die Mitglieder des Vorstandes der BVV sprechen sich...dafür aus, der BVV zu empfehlen: - alle Regularien für die Bürgersprechstunde im Rathaus...zu veröffentlichen...« Da sind wir sehr gespannt, wie diese aussehen werden. Bisher ist nicht offiziell beschlossen, was dort veröffentlicht werden soll. Vielleicht ist es ja nur das derzeit praktizierte Prinzip learning by doing.