Ansprache von Kai Bartosch

auf der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Massakers von Lidice

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Kameradinnen und Kameraden!

Unser Bezirksbürgermeister Uwe Brockhausen hat schon viel gesagt zu dem, was heute vor 80 Jahren in Lidice geschehen ist und warum wir uns heute hier treffen:

Am Abend des 9. Juni 1942 umstellten deutsche Polizeikräfte unter dem Kommando von SS-Offizieren das Dorf Lidice im heutigen Tschechien und blockierten die Zufahrtswege. In der Nacht wurden die Menschen zusammengetrieben.
Die (172) Männer und ein 15-Jähriger wurden erschossen.
Die (195) Frauen ins KZ Ravensbrück gebracht.
Die Kinder wurden nach rassischen Kriterien sortiert. 7 von ihnen wurden zur Germanisierung in ein Lebensborn-Heim gebracht. 81 Kinder wurden in das Vernichtungslager Kulmhof deportiert und dort in einem SS-Wagen vergast.

Als alle Einwohner des Dorfes ermordet oder deportiert waren, wurde damit begonnen, das Dorf zu zerstören. Die Häuser wurden angezündet und mit Sprengstoff dem Erdboden gleich gemacht.

Heute stehen in Lidice überlebensgroße Bronzeskulpturen für die 81 ermordeten Kinder. Ein Rosengarten entstand mit dem Namen „Garten des Friedens und der Freundschaft“. Hier wachsen heute ca. 240 Rosenarten und mehr als 24.000 Rosenbüsche, die regelmäßig erweitert und erneuert werden.

Ein Meer aus Rosen für ein Dorf, das zum Symbol der deutschen Willkürherrschaft im zweiten Weltkrieg wurde.

Ein Rosenstock dort stammt aus Reinickendorf. Gepflanzt haben ihn Genossinnen und Genossen der damaligen PDS-Delegation zum 60ten Jahrestag des Massakers – 2002. Auch später, 2015 waren wieder Genossinnen und Genossen der VVN-VdA und der LINKEN vor Ort – Lilo hat für den Reinickendorfer Newsletter einen sehr bewegenden Bericht geschrieben – unter anderem auch zu ihrer Begegnung mit zwei überlebenden Frauen. Eine von ihnen war wegen ihrer „Eindeutschungsfähigkeit“ (blond, blauäugig) der Vergasung im Lastwagen mit den anderen Kindern entgangen und von Deutschen aufgezogen worden. Als sie ihre echte Mutter, die das Massaker überlebt hatte, Jahre später traf, konnten sie nicht miteinander sprechen, da die Tochter die gemeinsame Muttersprache vergessen hatte.

Auf deine Initiative, lieber Klaus Gloede, hat die Linksfraktion einen Antrag in die BVV eingebracht, um am 80ten Jahrestag hier am Rathaus an das Massaker zu erinnern. Alle anderen demokratischen Fraktionen haben den Antrag mitgezeichnet und dafür gesorgt, dass er ohne Umwege in der BVV beschlossen werden konnte. Die Federführung hatte mein lieber Genosse Felix, der sehr gern heute hier mit mir zusammen teilgenommen hätte, dies aber nicht kann, weil er parallel am Gesundheitsausschuss teilnehmen muss.

Ich möchte gern noch kurz aus Lilos Bericht von dem Treffen mit den Überlebenden in Lidice vorlesen mit deiner Erlaubnis, Lilo:

Zum Ende ihrer Berichte [Anm. es geht um die der beiden Überlebenden] fehlten uns Worte um Danke zu sagen; unsere Jüngeren nahmen die betagten Damen spontan in ihre Arme, Dank und Anteilnahme bekundend. Unser Organisator Helmut Walz fand vermittelnde Worte, um diesen beiden Überlebenden von Lidice für ihre Berichte und ihre Freundlichkeit uns gegenüber zu danken. Eindringlich warnte er vor neuer Gefahr und neuem Hass und appellierte an unsere persönliche Verantwortung, die trotz allem entstandene Freundschaft und das gewonnene Vertrauen zu wahren und zu verteidigen. Als Versprechen nahmen wir seine Worte mit nach Hause.“

Dieses Versprechen habt ihr eingelöst. Ich danke euch.