DIE LINKE und die Ukraine-Krise

Kein schwarz-weiß

Kategorien wie Russland-freundlich versus NATO-freundlich sind unterkomplex. Als anti-militaristische Friedenspartei lehnt DIE LINKE völkerrechtswidrige, ethnisch-nationalistisch begründete Angriffskriege wie denjenigen Putins auf die Ukraine grundsätzlich ab. Ebenfalls lehnen wir die undemokratisch strukturierte NATO ab. Sie wird von nationalistisch-geostrategischen US-Hegemonialinteressen dominiert, und bisweilen auch von innenpolitischen Interessen der USA, wie beim überstürzten Afghanistan-Abzug mit dramatischen Folgen. Die sicherheitspolitischen Interessen der USA folgen der Doktrin, die einzige Weltmacht zu sein. Dadurch sind sie nicht immer deckungsgleich und zum Teil sogar konträr gegenüber den Interessen der EU, die als Friedensprojekt gegründet worden ist.

Eine pazifistische Partei war und ist DIE LINKE nicht, und dies kommt zum Beispiel jedes Jahr am 8. Mai zum Ausdruck, wenn wir der Befreiung Deutschlands von Hitlers-Terrorregime durch die Alliierten gedenken. DIE LINKE respektiert das Recht auf Selbstverteidigung und Nothilfe. Als LINKE stehen wir Waffenlieferungen Deutschlands in die Ukraine aber schon aufgrund der deutschen Geschichte und der damit einhergehenden besonderen Verantwortung Deutschlands kritisch gegenüber. Die von der Ampel im Bund angekündigte massive Aufrüstung Deutschlands im Rahmen der NATO lehnen wir ab. Sie würde zwangsläufig auf Kosten von Sozialem und Klimaschutz gehen und gleichzeitig eine neue Aufrüstungsspirale in Gang setzen. Die Welt insgesamt würde so noch unökologischer, unsozialer und auch unsicherer. Die bereits vorhandenen massiven militärischen Kapazitäten der NATO übersteigen diejenigen Russlands bereits bei weitem, konnten aber den Angriff auf die Ukraine nicht verhindern. Die Ampel-Bundesregierung sieht nun 100 Milliarden Euro und zukünftig jährlich 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung vor. Stattdessen werden diese für andere Herausforderungen benötigt: für die Bekämpfung der seit Jahren zunehmenden Armut in Deutschland und im globalen Süden, für Investitionen in Bildung und den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft, um aus der ökologischen Sackgasse zu kommen, in der sich die Menschheit befindet.

Durch Putins Agieren ist allerdings eine neue Bedrohungssituation in Europa entstanden, und gerade Deutschland hat eine Verantwortung gegenüber seinen osteuropäischen Nachbarn. Dem Aufbau eigener Verteidigungskapazitäten der EU auf der Grundlage des Aachener Vertrags (und zwar perspektivisch unabhängig von der NATO - wie von Frankreich seit Jahrzehnten angestrebt!) würde ich mich nicht gänzlich verweigern. Es ist auch mit Blick auf die Regierungszeit Trumps höchste Zeit, dass Europa seine Verteidigung selbstständig in die eigenen Hände nimmt. Dabei muss der Schwerpunkt immer auf Krisenprävention und der Vermeidung von Krieg sowie rein defensiven militärischen Kapazitäten liegen. Wie alle anderen Parteien in Deutschland werden wir einige Diskussionen zu führen haben. Für uns als DIE LINKE muss es dabei darum gehen, realistische Antworten auf die neue sicherheitspolitische Herausforderung zu finden und gleichzeitig unser Profil als Friedenspartei weiter zu schärfen."

Felix Lederle