Offenes Forum

„Will Russland Krieg?“

Zu diesem Thema stellte Michael Rohr im Offenen Forum am 10. Februar 2022 Fakten vor, und der Konflikt in der Ukraine wurde von den Anwesenden diskutiert.

(Anmerkung der Redaktion: Zu diesem Zeitpunkt, zwei Wochen vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, waren die meisten Genoss:innen davon überzeugt, dass es nicht zu einem von Russland ausgehenden Krieg kommen würde. Diese Ansicht wurde von einem großen Teil der deutschen Öffentlichkeit geteilt. Der völkerrechtswidrige russische Angriff erfüllt uns alle mit Wut und Trauer und muss beendet werden!)

Dennoch: Es stellt sich die Frage, ob dieser Angriffskrieg hätte verhindert werden können. Historisch betrachtet kam es 1990 nach dem Mauerfall und der Auflösung des Militärbündnisses der Ostblockstaaten, dem Warschauer Pakt, zu einer Schwächung des russischen Einflusses in Mittel- und Osteuropa. Im Rahmen der Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung erklärte sich Russland bereit, alle russischen Truppen aus den Ostblockstaaten abzuziehen und hielt sich daran. Im Gegenzug sagte das westliche Militärbündnis zu, dass es keine Ausdehnung der NATO in die nun bündnisfreien Staaten des Ostblocks geben würde. Diese Zusage blieb allerdings völkerrechtlich unverbindlich und es ist zumindest umstritten, ob sie gegeben wurde.

Etwa 10 Jahre später, im Herbst 2001, hielt der neu ernannte russische Präsident Wladimir Putin eine Rede vor dem Deutschen Bundestag, in der er für eine neue europäische Friedensordnung und Sicherheitsarchitektur unter Einbezug von Russland und den Staaten des vormaligen Warschauer Pakts warb. Er betonte auch den Wunsch nach einer Anerkennung der russischen Sicherheitsinteressen als Resultat der verheerenden Kriege des letzten Jahrhunderts. Den Weg zu einer Friedensordnung in Europa sah er damals in Kooperation und Partnerschaft und gemeinsamen Abrüstungsanstrengungen.

Dazu kam es nie. Europa und Deutschland orientierten sich weiterhin an den Interessen des führenden NATO-Partners, der USA. Zwischen 1999 und 2020 wurden im Zuge der Osterweiterung der NATO 14 neue Mitglieder, davon 11 ehemalige Ostblockstaaten sowie die drei baltischen Staaten, in das Militärbündnis aufgenommen. Die NATO rückte also immer weiter auf Russlands Grenzen vor.

Zusätzlich zu den verletzten russischen Sicherheitsinteressen spielen weitere geopolitische und wirtschaftliche Interessen sowohl Russlands wie auch der USA eine wesentliche Rolle. Stichpunktartig gehören dazu der Verlust von Einflussbereichen und von Absatzmärkten, besonders für Rohstoffe zur Energieerzeugung wie Erdgas und Rohöl. Weiter ist aus russischer Sicht der Zugang über die Krim zum Mittelmeer wesentlich, aus Sicht der USA ist ein geeintes und wirtschaftlich gestärktes Europa nicht wünschenswert. Auch die Sorgen der Anrainerstaaten, z.B. Finnlands und der baltischen Länder, sind ernst zu nehmen.

Krieg und Aufrüstung sollten aber für keine Seite das Mittel sein, ihre Interessen umzusetzen. DIE LINKE fordert den sofortigen Rückzug der russischen Truppen und eine Rückkehr zu diplomatischen Verhandlungen mit dem Ziel der Umsetzung des Minsker Abkommens. Die langfristigen Forderungen der LINKEN nach einer Politik, die den Frieden zum Ziel hat, für Abrüstung und für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur, bleiben bestehen.