Biberschutz in Heiligensee
Kleine Anfrage
Sachverhalt:
Sehr geehrte Frau Bezirksverordnetenvorsteherin,
der Bezirksverordnete Felix Lederle (Fraktionsloser Bezirksverordneter DIE LINKE) hat gemäß § 26 GO BVV die folgende Kleine Anfrage gestellt:
„Vorbemerkung:
Biber sind geschützte Tiere, die gefördert werden sollen und grundsätzlich keinen Einschränkungen unterliegen. Ausnahmen gelten entweder zu ihrem eigenen Schutz und/oder, wenn sie sich in industriellen Anlagen wie Klärwerken, Dämmen oder Entwässerungsgewässern ansiedeln wollen. In Reinickendorf sind sie grundsätzlich am Tegeler Fließ, einschließlich des Tegeler Sees, sowie an der Havel erwünscht, auch wenn es zu Unfällen mit Schiffsschrauben und Fischreusen kommen kann. Schäden an Bäumen sind hier grundsätzlich Teil natürlicher Prozesse und halten sich in Grenzen, da erwachsen gewordene Jungtiere in neue Gebiete abwandern. Unerwünscht sind sie bzw. sollten sie aus naheliegenden Gründen im Heiligenseer Entwässerungssystem und anderen Festlandarealen sein: Ein Leben hier bedeutet für Biber Tierquälerei, da sie wenig geeignetes Futter finden, die toxisch belasteten Gewässer im Sommer zumeist austrocknen, was die Eingänge ihrer Bauten freilegt, so dass Räuber wie Füchse Zugang zum Nest finden können. Sie stauen u.U. Wasser an, was es versickern lässt, statt abzufließen, was das Grundwasser in Heiligensee in die Keller drücken lassen kann. Sie finden kaum geeignete Baumöglichkeiten und müssen mit wilden Reisighaufen Vorlieb nehmen, in denen sie tagsüber z.B. durch Hunde gestört werden. Die Heiligenseer Biber stammen in der Regel von der Biberpopulation auf den Schwimmhafenwiesen im ehemaligen Grenzgebiet, einem heutigen Naturschutzgebiet, das zum größten Teil in Brandenburg liegt und mit einer kleinen Ecke in Heiligensee.
Ich frage das Bezirksamt:
Frage 1: Das Bezirksamt Reinickendorf teilte dem Senat 2021 mit (Drs. 18 / 27 135), dass die Bebauungsplanung in Bezug auf Biber einer der zentralen Bearbeitungspunkte des Artenschutzes sei. In der Berliner Strategie für biologische Vielfalt beziehe man regelmäßig das Straßen- und Grünflächenamt mit ein. Wie sieht die Planung zum Biberschutz in der Umsetzung der beiden neuen Bebauungspläne am Nordwestende der Hennigsdorfer Straße aus - eins davon das ehemalige TetraPak- und Underberg-Gelände?
Frage 2: Das Heiligenseer Entwässerungssystem liegt grundsätzlich im Zuständigkeitsbereich des Senats. Ausnahmen sind u.a. das Ost- und Westufer des Lindengrabenteiches, das Ufer des Erlengrabenteiches und laut Drs. 1645/XXI-01 vom 04.03.2024 offenbar auch die Böschungen des Eschengrabens im Bereich der Albrecht-Haushofer-Schule vom Lindengrabenteich bis zum Kurzebracker Weg. In der westlichen Böschung des Lindegrabenteiches befindet sich ein Erd-Biberbau, der in den Jahren 2021 und 22 bewohnt war. Im Dürresommer 2022 wanderte der Biber ab oder wurde von den Füchsen gefressen. Vermutlich wird der Bau von einem neuen Biber übernommen werden. Anhand aktueller Biberfraßspuren am Lindengrabenteich lässt sich schließen, dass dies soeben passiert ist.
Die ersten Bauten der Albrecht-Haushofer-Schule wurden nach dem Zweiten Weltkrieg aus Ruinentrümmern gebaut. Für den Schulbau einschließlich des Sportplatzes wurde der Eschengraben nördlich des Kurzebracker Wegs nach Westen verlegt und der Lindengrabenteich überhaupt erst geschaffen, der eigentlich im Sinne einer Entwässerung gar nicht vorgesehen war.
Für die gesamte Baumaßnahme wurden ein Wall aufgeschüttet, der die Grabenböschungen, insbesondere zum Sportplatz massiv erhöhte und verlängerte.
Anhand des immer wieder aus der Böschung hervortretenden Bauschutts und der allgemeinen Verschotterung des Eschengrabens in diesem Bereich und dem Lindengrabenteich lässt sich schließen, dass diese Uferbereiche ebenfalls aus Ruinenschutt bestehen.
Ist dies korrekt und was bedeutet das für das Lebensareal der Erdbauten für Biber?
Frage 3: Auch wenn die verbliebenen Heiligenseer Gräben und auch die Grabensohle des gesamten Eschengrabens in der Zuständigkeit des Senats liegen, so schwimmen zwar die Biber in diesen Gräben, leben und/oder fressen aber oftmals auf Reinickendorfer Bezirksarealen.
Die östliche Bezirksböschung des Lindengrabenteiches war vor der Rückkehr der Biber ursprünglich mit Stacheldraht gesichert. Verrostete Reste davon sind auch noch unmittelbar an Bäumen mit Biberfraßspuren zu finden und bieten somit zwar keinen Baumschutz, aber eine Verletzungsgefahr für die Biber.
Seit 1987 fließt in zunehmendem Maße (klimawandelbedingter Anstieg des Regenwassers, Anstieg des Verkehrsaufkommens, Entwidmung anderer Entwässerungsanlagen auf dem Weg) toxisches Regenwasser der heutigen A111 in den Lindengrabenteich und Eschengraben:
PAK aus Reifen- und Bremsgummiabrieb, Ölderivate, Streusalze und sonstige Schadstoffe, etwa in Folge von Havarien auf der Autobahn. Der Boden des Lindengrabens und Lindengrabenteiches ist abschnittsweise von einer dunklen Autobahnsudpaste beschichtet. Auch in die anderen Gräben, insbesondere im von den Bibern genutzten Erlengraben fließen bei Regen u.a. Ölderivate von den Straßen ein, so dass über weite Strecken des Jahres die Wasseroberfläche
von einer schillernden Lache überzogen ist. 2023 entsorgte jemand seine Farbeimer in einem Sackgassengulli, der in den Erlengraben führte, so dass die gesamte verbliebene Wegstrecke des Grabens leuchtend weiß gefärbt war.
Wie beurteilt der Bezirk die Lebensqualität der geschützten Biber unter diesen Umständen?
Frage 4: Vor dem Recyclinghof Am Dachsbau stehen Glascontainer am Straßenrand. In der Folge ist der Boden um diese herum übersät mit Glasscherben. Unmittelbar nach diesen Glascontainern befindet sich ein Gully in Fließrichtung des Regenwassers. Dieser gehört zum Regenwasserkanal von der A111, der zum Lindengraben führt. Als Folge dessen werden regelmäßig erhebliche Mengen Glasscherben in den Lindengrabenteich eingeschwemmt.
Wie beurteilt der Senat dies mit Blick auf die Habitatgrundlage für den Biber und andere Tiere am Lindengrabenteich?
Frage 5: Wie wird der Bezirk dieses Problem beheben, etwa durch eine Verlagerung des Standorts der Glascontainer oder durch einen Glasscherbenauffang am Gully?
Frage 6: Bäume an den Böschungen des Heiligenseer Entwässerungssystems haben die Funktion, das zu hoch steigende Grundwasser mit den Wurzeln aufzunehmen und über die Blätter zu verdunsten. An einem einzigen heißen Sommertag schafft es eine einzige Sandbirke je nach Größe 1.000-10.000 Liter Wasser zu verdunsten. Selbst im Winter sammelt eine Sandbirke eine immer noch vergleichsweise beträchtliche Menge an Wasser in ihren Wurzeln, die sie in den zwei Wochen vor dem Austreiben der neuen Blätter durch den gesamten Baum pumpt: das sogenannte Birkenwasser.
Mitte Februar 2023 floss das noch zwei weitere Wochen lang ansteigende Grundwasser in die ersten Heiligenseer Keller. An der zentralen Entwässerungsgrabenecke Erlengraben/ Weidengraben nahe der Hennigsdorfer Straße hat ein Biber nicht nur damit begonnen, zwei Birken zu fällen, die inzwischen notgefällt werden mussten, sondern auch die Grabenkreuzung mit einem Laubwall abzudichten, der seitdem von den Anwohner*innen alle paar Tage aus dem Graben entfernt wird, da der Grabendienst des Senats hier nicht tätig wird. Vor der jeweiligen Entfernung staut sich das Wasser an und versickert statt geregelt abzufließen, was zum weiteren
Anstieg des Grundwasserspiegels führt. Der Biber hat gegenüber der neuen Birkenstümpfe damit begonnen, eine schon vor Jahren angeknabberte Eiche nun weiter zu bearbeiten.
In den letzten Jahren haben Biber an mehreren Stellen im Heiligenseer Grabensystem versucht, Röhren in die Böschungen zu graben.
Wie beurteilt der Bezirk die Präsenz von Bibern in den Heiligenseer Entwässerungsanlagen aus Sicht der Funktionalität der Entwässerung?
Frage 7: 1956 hat der Bezirk auf der damals neuen Sportplatzböschung des Lindengrabteiches die Grau-Pappel B 173 gepflanzt, die sehr gut mit wechselnden Wasserständen, auch Flutungen umgehen kann. Mit ihrer riesigen Krone trägt der inzwischen mindestens 20 Meter hohe Baum zu der Verdunstung des Wassers und damit der Entwässerung Heiligensees bei. Sie verliert zwar im Sturm potentiell schnell Äste, was an dieser Position kaum eine Rolle spielt, gilt an sich aber als ausgeprägt sturmfest und auch als Windbruch für andere weniger windfeste Bäume. Außerdem ist sie ein ausgezeichneter Erosionsschutz für Uferböschungen.
Der Baumbegutachter des Bezirks hat im Sommer 2021 einseitige Rindenfraßspuren eines Bibers an dieser Grau-Pappel vorgefunden. Offenbar aus dem Winter zuvor an dem Stamm, der es auf einen Umfang von über zwei Metern bringt. Obwohl Pappeln in der Lage sind, Rindenund selbst Splintholzfraßspuren sehr schnell zu überwallen, ordnete der Baumbegutachter eine Ringelung des mächtigen Baumes an. Eine Ringelung wird für gewöhnlich dann angeordnet, um bei dazu neigenden Baumarten wie dieser bei Fällung einen Stockausschlag zu verhindern. Dazu muss ein sogenannter Steg übriggelassen werden, also eine etwa handbreite Aussparung in der Ringelung. Außerdem muss eine Ringelung so tief gehen, dass der Bast und die Kambiumschicht durchtrennt werden, so dass der Nährstofftransport abgeschnitten wird. Eine Ringelung der äußeren Borke allein dagegen stört einen Baum weniger. Bei Bäumen wie Robinien, die sich über die Wurzeln gegenseitig unterstützen, müssen alle miteinander über die Wurzeln verbundenen Bäume gleichzeitig geringelt werden. Diese Fällmethode strebt man in der Regel dann an, wenn man eine invasive und/oder neophytische Baumart loswerden möchte wie z.B. die Robinie. Im Berliner Umland möchte man auf diese Weise Hybridpappeln loswerden, wie etwa dieses Jahr in Königs Wusterhausen.
Eine Grau-Pappel aber ist sowohl ein natürlicher Hybrid als auch ein einheimischer aus Zitter Pappel und Silber-Pappel. Am Nord-Ufer des Lindengrabenteiches (Senatszuständigkeit) wachsen invasive giftige, von Bibern gemiedene Robinien, die in den letzten Jahren zum Absterben von einheimischen Sandbirken, einem großen Haselstrauch und einer Lärche mindestens beigetragen haben. Mehrere dieser Robinien sind als "Zukunftsbäume" markiert. Das bedeutet, sie werden gefördert u.a. dadurch, dass umstehende Bäume, die ihnen etwa Licht nehmen könnten, gefällt oder entastet werden.
In Heiligenseer Grünanlagen haben die Biber in den letzten paar Jahren seit ihrer Ankunft um die hundert Bäume angenagt, teilweise mit weitaus größeren Schäden, vollständigen Ringelungen durch die Biber selbst und teils komplettem Absterben der Bäume. Während der Senat solche stark geschädigten Biberbäume entfernt, lässt der Bezirk diese Bäume stehen, so dass im November 2023 die langzeitote "Biber-Kiefer" A1013 am Erlengraben bei sturmlosem Regen von alleine auf einen „Gassiweg“ gestürzt ist.
Im Juni 2021 hat der Bezirk die Kronenäste der lebenden, "geringelten" Grau-Pappel B 173 abgesägt. Diese sind teils auf die Böschung, teils in den Ost-Uferbereich des Lindengrabenteichs gefallen und wurden dort jeweils liegenlassen um sie dem Biber zu überlassen.
Aus dem Gesagten ergeben sich folgende Fragen:
a) Warum wollte der Bezirk spezifisch die Grau-Pappel B 173 loswerden, obwohl sie ohne künstlich vollendete Borkenringelung problemlos in der Lage gewesen wäre die Biberfraßspuren zu überwallen und es keine nennenswerten Splintholzschäden gab und warum hat der Bezirk stattdessen nicht diesen in vielerlei Hinsicht besonders wertvollen Baum vor weiterem Biberverbiss durch passive Maßnahmen geschützt wie z.B. Estrichmatten, einem Drahtgeflecht oder eine Verbissschutzpaste?
b) Steht diese Vorgehensweise des Bezirks, die sich stark vom Umgang mit dem Rest der Biberbäume unterscheidet, in irgendeinem Zusammenhang mit der Ausweisung der invasiven, bis auf eine kurze Blütezeit weitestgehend insektenfeindlichen Robinien am Lindengrabenteich als „Zukunftsbäume“ und vor allem der Robinie Nr. 3?
c) Da Biber im Sommer in der Regel nur dünne Bäume bzw. Stockausschläge "fällen", um an die Blätter zu gelangen und ansonsten in der Vegetationszeit andere Pflanzen fressen und keine Fressspuren an der gefällten Krone der Grau-Pappel in dem damals weitestgehend eingetrockneten Lindengrabenteich feststellbar waren, als wie erfolgreich wertet der Bezirk die Maßnahme, die Grau-Pappel-Krone mitten im Sommer dem Biber zu überlassen, der zu dieser Dürrezeit ohnehin den Lindengrabenteich verlassen hat oder aufgrund des gesunkenen Wasserspiegels in seinem Bau gefressen wurde?
d) Die ansonsten mit Vorsicht zu genießende "Hydraulische Untersuchung des Regenentwässerungssystems in Berlin-Reinickendorf, OT Heiligensee April 2020" hat in diesem Fall korrekt festgehalten: "Verlegungen, übermäßiger Pflanzenwuchs, Totholz und nicht zuletzt eine Vermüllung können den Abflussquerschnitt soweit einschränken, dass die Leistungsfähigkeit deutlich reduziert wird und Überflutungen wahrscheinlicher werden." Sowie: "Die Gräben des Entwässerungssystems sind so leistungsfähig, dass dort auch infolge des untersuchten Starkregenereignisses [vom 29./30. Juni 2017] kein Wasser austritt. Eine Ausnahme sind die Teiche, Pfuhle und natürlichen Senken. Die Teiche und Pfuhle weisen sehr hohe Wasserstände auf."
Die Gefahren vom Entwässerungssystem treten allerdings schon sehr viel früher auf als erst bei potentiellen Überflutungen: Durch Versickerung, statt eines ordnungsgemäßen Abflusses in den Nieder-Neuendorfer See und damit in die Havel. Dieses unnötigerweise versickerte Wasser kann dann in die Keller hochsteigen, wie vor allem in intensivierender Reihenfolge 2024, 1981, 2008 und 2017/18.
Warum hat der Bezirk bis zum heutigen Tag nicht die Baumkronenäste der Grau-Pappel B 173 aus dem Lindengrabenteich entfernt, die zu einer weiteren Anlandung und Verlandung des Gewässers geführt haben?
e) Warum hat der Bezirk den 2021 über den künstlich in Position gebrachten, über den Teichrand ragenden Totholzstamm sowie die an gleicher Stelle teils angesägten, teils hinübergetretenen mindestens bis zum Zeitpunkt der Maßnahme lebenden Sträucher und Haselstämme über den Eingang des Biberbaus am Westufer des Lindengrabenteiches nicht wieder entfernt, obwohl seit Sommer 2022 kein Biber darin wohnt und dieses ins Gewässer ragende Gehölz und im Teich schwimmende Totholz mehrfach in den Erlengraben umgeleitet wurde, so dass dieser teils bzw. vollständig verstopft worden ist, obwohl dies der intendierte Entwässerungsweg ist?
f) Was war der Sinn dieser Maßnahme und wie erfolgreich bewertet der Bezirk diese in Anbetracht dessen, dass diese künstliche und für die Entwässerung kontraproduktive Aktion erst zum Erkennen des Biberbaus in der Bevölkerung geführt hat?
g) Der Bezirk ist nicht für die Entwässerung des Heiligenseer Entwässerungssystems zuständig. Gleichwohl hat er mit diesen Maßnahmen, die auf eine Ansiedelung bzw. eine Verhinderung der Abwanderung von Bibern im Heiligenseer Grabensystem abzielen, leider unbeabsichtigt das Tierwohl geschützter Biber gefährdet und negativ in die Entwässerung Heiligensees eingegriffen, was durch stetig akkumulierte, unnötige Versickerung im Frühjahr 2024 in einem künstlich gefährlich hohen Grundwasserspiegel in Heiligensee kulminiert ist mit potentiell noch ausstehenden weitreichenderen Folgen bei Starkregenereignissen.
Mit welchen Akteur*innen sind diese dem Anspruch nach biberfreundlichen Maßnahmen am Lindengrabenteich seit spätestens 2021 abgesprochen bzw. durch wen sind sie genehmigt und/oder ausgeführt worden (z.B. Senat, Berliner Wasserbetriebe, beauftragte Firmen, Flutexpert*innen, Naturschutzorganisationen) und wenn jeweils nicht, warum jeweils nicht?
h) Da der Bezirk bisher die zahlreichen seit mehreren Jahren abgestorbenen Biberbäume nicht fällt und auch nicht die offenbar im Absterben befindlichen Biberbäume sogar an die Verkehrssicherheit gefährdenden Stellen, wie der massiver geschädigte Baum A347 am Westufer des Lindengrabenteiches direkt am Schulweg und die Kiefer A48 am Wiesengraben in potentieller. Fallrichtung eines Wohngebäudes oder Parkwegs und der Kindertagestagesstätte Dachskinder; da der Bezirk außerdem die toten Sandbirken A350 (Fallrichtung Schulweg oder Silberhammerweg), B172, sowie die nahtote B171 (Fallrichtung Schulsportplatz möglich) am Lindengrabenteich nicht fällt; und weil der Bezirk die Grau-Pappel B173 geringelt hat, die aufgrund ihrer Position kaum eine Verkehrsunsicherheit darstellt, um offenbar einen Stockausschlag, also eine Verjüngung dieser Baumart zu verhindern, die hier eigentlich ausnahmsweise wünschenswert wäre und im Übrigen auch im Sinne eines Bibers, der bevorzugt solche Stockausschläge frisst; in Anbetracht dessen, dass der Bezirk die 30 Meter hohe, von einem Pilz befallene Silber-Pappel 1 an der Wohnkreuzung Im Erpelgrund/Reiherallee nicht fällt oder ringelt, obwohl diese den gesamten Grünbereich mit Stockausschlägen vor der jährlichen Mahd unbegehbar macht; und in Anbetracht dessen, dass in und bei Berlin andere Behörden Hybridpappeln bewusst fällen; sowie in Anbetracht dessen, dass die Grau-Pappel noch offenbar so gesund war und ist, dass sie sich trotz Ringelung und massiver Baumkronenstutzung weiterhin bester Gesundheit erfreut; drängt sich die Frage auf, ob es dem Bezirk mit den Maßnahmen gegen diese GrauPappel gar nicht um die Verkehrssicherheit durch einen relativ geringen Biberschaden ging, sondern um eine Baumpolitik, die Hybridpappeln loswerden möchte.
Ist dem so, und wenn ja, warum und wenn nicht, wie erklärt das Bezirksamt andernfalls diese jeweiligen Inkonsistenzen?
i) Es kann gute Gründe geben, warum man Hybridbäume loswerden möchte oder im Klimawandel mit bestimmten Züchtungen experimentiert. Warum ist offenbar eine natürliche und heimische Hybridpappel wie die Grau-Pappel nicht genehm, aber offenbar die nur kurzlebige sogenannte Berliner Lorbeer-Pappel willkommen, obwohl diese eine künstliche Hybrid-Pappel aus zwei neophytischen Pappelarten ist (der Lorbeerblättrigen Pappel aus Sibirien/Mittelasien und der Italienischen Pyramiden-Pappel), die der Bezirk selbst dann nicht entfernt, wenn sie ein Verkehrssicherheitsrisiko darstellen, wie die A138 am Birkengraben, die sich massiv über
den Schulweg des Platenhofer Wegs neigt, was sie normalerweise mit den Wurzeln kompensieren könnte, die aber hier von einem Hallimasch befallen sind. Sowie die in unmittelbarer Nähe stehende komplett zerfressene und schon teileingestürzte A139 derselben Hybridart? Falls der Bezirk nicht für diese beiden Bäume zuständig sein sollte, weiß der Senat, dass er es ist und Handlungsbedarf besteht?
j) Das Ringeln der Grau-Pappel B 173 am Lindengrabenteich im Jahr 2021 war offenbar nicht erfolgreich. Aufgrund des jahreszeitlich bedingten unterschiedlichen Nährstofftransports kann eine Ringelung u.U. einen Baum erst nach zwei Jahren absterben lassen. Da aber nach nunmehr fast drei Jahren dieser Baum bei einer lediglichen Entfernung der Borke statt einer Splintholzringelung mit Steg erwartungsgemäß wieder aus der Winterruhe erwacht ist, lässt sich daraus schließen, dass diese Ringelung nicht fachgerecht durchgeführt worden ist, wie es in Heiligensee auch bei vereinzelten Ringelungen durch Firmen im Auftrag des Senats zu beobachten ist. Der Senat gibt an, dass in Berlin im Falle von Robinien aufgrund des hohen Aufwandes und mäßigen Erfolgs eine Ringelung nur noch in Ausnahmefällen angewendet wird. Da auch der Bezirk Robinien offenbar nur noch fällt, statt sie zuerst zu ringeln, führt das zu massiven, schnellwüchsigen, dornigen Stockausschlägen, die auf die Verkehrswege (Straßen, Radwege, Gehwege) ragen und regelmäßig unter großem Aufwand und mit Kosten verbunden, entfernt werden müssen. Hält es das Bezirksamt anhand dieses Beispiels der Grau-Pappel am Lindengrabenteich für möglich, dass die beauftragten Firmen kein entsprechend qualifiziertes Personal Ringelungen durchführen lassen, so dass man sich nicht wundern muss, wenn der Erfolg nur mäßig ist, und welche Konsequenzen zieht der Bezirk ggf. daraus?
k) Da auch die seit Längerem offenbar vom Bezirksamt zum Fällen markierte Italienische Pyramiden-Pappel B157 am Ostufer des Lindengrabenteiches immer noch steht: Ist seit der Anweisung zur Ringelung der Grau-Pappel B 173 im Jahre 2021 am Lindenbrabenteich die baumgegutachtende Person zurückgekehrt, um den Erfolg zu begutachten und wenn nicht warum nicht, da eine Ringelung ja nur dann einen Sinn ergibt, wenn der geringelte Baum nach dem vollständigen Absterben auch gefällt wird und im Falle eines tatsächlichen Absterbens beim nächsten Sturm die Gefahr eines Bruches besteht? Wird der Bezirk nun davon absehen, diesen
mächtigen Baum zu fällen?
l) Wäre der Bezirk so freundlich und würde den vor etlichen Jahren umgebrochenen und kopfüber in den Lindengrabenteich gestürzten und nun endgültig abgestorbenen Baum direkt neben der Grau-Pappel B 173 aus dem Teich entfernen, da auch er eine Anlandung und Verlandung begünstigt und damit die Entwässerung Heiligensees tendenziell gefährdet (ohne Nummer vor Ort, das Geoportal führt ihn nicht einmal mehr, aufgrund einer dort fehlenden Nummer vermutlich ehemals die B 178)?
Frage 8: Gegenwärtig verfolgt der Senat offenbar eine andere Strategie und hat dankenswerterweise den künstlichen Reisighaufen am Weidengraben jüngst entfernt, der jahrelang Bibern einen schlechten Notunterschlupf geboten und Äste in den Graben abgegeben hat. Als Konsequenz schlafen die Biber nun tagsüber teils in der Sohle des offenen und stark toxischen Erlengrabens. Dort werden sie von filmenden Menschen und Hunden gestört. Teils wird angenommen, es handele sich um verendete Tiere, so dass die Polizei gerufen wird, die dann ihrerseits die Tiere im Schlaf aufschreckt. All dies hat aber offensichtlich nicht dazu geführt, dass die Biber - wie vermutlich gewünscht - abgewandert sind. Stattdessen haben sie sich offenbar andere wilde Reisighaufen an Land gesucht und/oder den toxisch belasteten Lindengrabenteich, was beides noch weniger artgerecht ist. Ihre Lebensqualität hat sich mutmaßlich noch drastischer verschlechtert.
Aufgrund sich widersprechender Angaben von Anwohner*innen: Hat das Bezirksamt 2024 direkt oder indirekt durch Delegation einen Biberkadaver im Erlengraben geborgen oder kann er diesen Sachverhalt anderweitig bestätigen oder dementieren und im Falle einer Bestätigung bitte mitteilen, woran der Biber gestorben ist?
Frage 9: Naturschutzorganisationen bieten eine Umsiedlung von Bibern aus nicht artgrechten Arealen an, wenn sie durch die Behörden damit beauftragt werden. Obwohl der Senat für die Heiligenseer Gräben direkt zuständig ist, hat er solche Maßnahmen an die Bezirke delegiert. Im vorliegenden Fall auch deshalb, weil die Biber oftmals primär auf Bezirksareal leben. Dafür hat der Senat den Bezirken Gelder zur Verfügung gestellt, wie im Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2024/2025, Einzelplan 07 Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt unter "17. Unterstützung der Behörden zu Konflikten mit der Art Biber" und unter "18. Transportdienst für Biber und andere geschützte große Tiere" ersichtlich ist.
Diese beziehen sich auf die lfd. Nr. 31: "Die Ausgaben zur lfd. Nr. 31. können den Bezirken zur auftragsweisen Bewirtschaftung übertragen werden."
Im Protokoll der 56. Sitzung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 24.01.2024 ist zu lesen: "Derzeit liegen für die Maßnahmen noch keine Anträge aus den Bezirken vor, eine Freigabe war demzufolge noch nicht notwendig.
Warum hat das Bezirksamt diese Gelder nicht zum Tierwohl der Biber und zur Gewährleistung der Heiligenseer Entwässerung und Verkehrssicherheit in Anspruch genommen und wird er das zukünftig bitte nachholen?“
Die Kleine Anfrage wird wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Nach Kenntnis des Umwelt- und Naturschutzamtes soll das Bebauungsplanverfahren auch eine noch nicht vorliegende naturschutzfachliche Beurteilung des Biberaufkommens und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens umfassen.
Zu 2.:
Hierzu hat das Bezirksamt keine Kenntnis.
Zu 3.:
Wildtiere in urbanen Bereichen können in diesem Lebensraum nur existieren, wenn sie die notwendigen, für ihre spezifische Lebensweise entsprechenden Bedingungen, vorfinden. Unpassende Lebensräume werden von Wildtieren wie dem Biber gemieden und dementsprechend nicht dauerhaft besiedelt. Da in Reinickendorf der Biber als etabliert betrachtet werden kann, können die herrschenden Lebensbedingungen im Bezirk für den Biber im Allgemeinen als günstig bewertet werden.
Exakte und spezifische Fachinformationen zur Bewertung von einzelnen möglichen Einflussfaktoren wie Stacheldrahtresten an Bäumen und anthropogene Beeinflussung von Gewässern sind ggf. über den Biberbeauftragten des Landes Berlins zu beziehen.
Zu 4.:
Diese Frage richtet sich an die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU). Auf eine diesbezügliche Anfrage an die zuständige Senatsverwaltung ist kein Eingang einer Antwort an das Bezirksamt zu verzeichnen.
Zu 5.:
Die Unterhaltung der Glascontainer obliegt dem Abfallentsorger sowie die Unterhaltung der Kanalisation den Entwässerungsbetrieben. Auffälligkeiten bei der Abfallentsorgung im öffentlichen Straßenland können über den Mängelmelder des Ordnungsamtes, die App Ordnungsamt Online,gemeldet werden.
Zu 6.:
Die Ableitung von Maßnahmen obliegt der für die Entwässerung und den Biberschutz zuständigen Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Auf eine diesbezügliche Anfrage an die zuständige Senatsverwaltung ist kein Eingang einer Antwort an das Bezirksamt zu verzeichnen.
Zu 7 a - l:
Es handelt sich hierbei nicht um Bäume auf Privatgelände. Zu diesen hat das Umwelt- und Naturschutzamt daher keine Kenntnis.
Zu 7a)
Es liegen keine Informationen zu dem angegebenen Sachverhalt vor, deshalb kann zu den durchgeführten Maßnahmen keine Auskunft gegeben werden. Da der Baum
B 173 erstmalig im Jahr 2021 im Baumkataster des Straßen- und Grünflächenamtes erfasst wurde, besteht die Möglichkeit, dass die Ringelung von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt beauftragt bzw. durchgeführt wurde. Eine entsprechende Anfrage wird bei der Senatsverwaltung gestellt und die Antwort wird nachgereicht.
Zu 7b)
Es gibt keinen Zusammenhang mit der Ausweisung der Robinien am Lindengrabenteich als „Zukunftsbäume“ und der Robinie Nr. 3.
Zu 7c)
Bezugnehmend auf die Antwort 7a kann keine gesicherte Aussage zu dieser Frage abgegeben werden.
Zu 7d)
Dem Straßen- und Grünflächenamt war der beschriebene Zustand nicht bekannt. Das Straßen- und Grünflächenamt prüft die Situation vor Ort und wird die Äste gegebenenfalls entfernen.
Zu 7e)
Siehe Antwort 7d.
Zu 7f)
Zu der durchgeführten Maßnahme kann vom Bezirksamt keine Aussage getroffen werden.
Zu 7g)
Siehe Antwort 7f.
Zu 7h)
Das Bezirksamt verfolgt keine Baumpolitik, die vorsieht, Hybridpappeln „loszuwerden“. Bei diversen aufgeführten Bäumen wurden bereits entsprechende Pflegemaßnahmen festgelegt, die schrittweise umgesetzt werden.
Zu 7i)
Die betreffenden Bäume befinden sich in der Zuständigkeit des Straßen- und Grünflächenamtes. Aktuell werden in Heiligensee umfangreiche Baumkontrollen durchgeführt, aus denen im Nachgang Pflegemaßnahmen resultieren. Insofern werden auch die beiden betreffenden Bäume kontrolliert und im Anschluss entsprechende Maßnahmen umgesetzt.
Zu 7j)
Das Straßen- und Grünflächenamt kann zu der Qualifikation der im Jahr 2021 eingesetzten Firma keine Aussage treffen, da wie bereits erwähnt, hier keine Informationen zu den im Jahr 2021 durchgeführten Maßnahmen vorliegen. Dementsprechend können auch keine Konsequenzen gezogen werden.
Zu 7k)
Sowohl für die Pappel B 157, als auch für die Pappel B 173 sind aktuell keine Fällungen vorgesehen.
Zu 7l)
Bei dem betreffenden Baum handelt es sich gemäß dem Baumkataster nicht um den Baum B 178. Das Straßen- und Grünflächenamt prüft, um welchen Baum es sich handelt und wird gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Zu 8.:
Am 12. Februar 2024 wurde dem Umwelt- und Naturschutzamt Reinickendorf telefonisch ein toter Biber am Erlengraben gemeldet. Diese Information wurde umgehend an das Institut für Zoo- und Wildtierkunde weitergeleitet. Das Tier wurde ebenfalls am selben Tag geborgen und am folgenden Tag im Institut untersucht. Laut dem Obduktionsbericht wies das Tier eine Infektion auf und befand sich in einem allgemein schlechten Zustand. Die Todesursache lautet Ertrinken.
Weitere Totfunde aus diesem Jahr sind dem Umwelt- und Naturschutzamt Reinickendorf nicht bekannt.
Zu 9.:
Die erwähnten Gelder sind dem Umwelt- und Naturschutzamt im Bezirk Reinickendorf nicht bekannt. Die Notwendigkeit zur Umsiedlung eines Bibers wurde im Jahr 2024 noch nicht festgestellt. Die Prüfung einer solcher Notwendigkeit würde aufgrund des erforderlichen spezifischen Fachwissens nur im Austausch mit dem Biberbeauftragten des Landes geschehen. Sichtungen, Funde und sonstige Meldungen zu Bibern werden vom Bezirksamt stets an diesen weitergeleitet.
Wir bitten Sie, sehr geehrte Frau Bezirksverordnetenvorsteherin, diese Antwort an den Bezirksverordneten Felix Lederle weiterzuleiten.
Emine Demirbüken-Wegner Julia Schrod-Thiel
Bezirksbürgermeisterin Bezirksstadträtin
