BVV-Report zur 33. Sitzung

Felix Lederle

Koca-Sinan-Moschee +++ bezahlbare Räume für soziale Arbeit +++ Resolution „Pädagogische Fachkräfte in den Kitas unterstützen!“ +++ Senheimer Straße +++ Einwohnerantrag B-Plan für KBoN-Gelände +++ Kiezläufer in der Rollbergesiedlung +++ Cannabis Social Clubs +++ öffentlichen Grillplätze +++ Hitzeschutz +++ Festanstellungen in den Musikschulen

Vorlagen zur Kenntnisnahme

Die Linke begrüßt, dass der von ihr herbeigeführte BVV-Beschluss (0559/XXI) umgesetzt werden konnte und der ehemalige Güterbahnhof Reinickendorf mit Ladestraße, Gleisanlagen, Güterschuppen und Wasserkran (um 1906) vom Landesdenkmalamt in die Denkmalliste aufgenommen worden ist. Nun kann das Denkmal aus dem Zeitalter der Industrialisierung zum Beispiel von Schulklassen als Anschauungsobjekt für Exkursionen genutzt werden.

Unzufrieden ist Die Linke mit der Umsetzung des von ihr herbeigeführten Beschlusses (0845/XXI) durch das Bezirksamt, die vorhandene Freizeitnutzung der Kolonie Seebad im Sinne der Pachtverträge der 107 Pächter und zur Gewährung von Investitionssicherheit im Zusammenhang mit anstehenden Brandschutzmaßnahmen langfristig planungs- und bauordnungsrechtlich zu sichern, weshalb erfolgreich eine erneute Beratung im Ausschuss beantragt wurde.

Ernüchternd ist die Rückmeldung der Polizei in Folge der Umsetzung des von Die Linke herbeigeführten Beschlusses (1639/XXI), wonach eine regelmäßige Polizeipräsenz anlässlich des Freitagsgebets mit 300 Menschen in der Koca-Sinan-Moschee „aus Ressourcengründen aufgrund der Vielzahl ähnlich gelagerter Schutzbedarfe“ nicht realisiert werden kann, obwohl die Moschee innerhalb weniger Jahre bereits zweimal Opfer rechtsextremistischer Anschläge geworden ist.

Konsensliste

Einstimmig Beschlossen (bei Enthaltung der AfD) wurde der Antrag der Partei Die Linke (1638/XXI), die Zufahrt zur Koca-Sinan-Moschee zu sanieren und barrierefrei zu gestalten.

Einstimmig beschlossen wurde der Antrag der Partei Die Linke (1671/XXI), der das Bezirksamt verpflichtet, zu prüfen, welche Räume in leerstehenden öffentlichen Gebäuden, welche Räume in öffentlichen Gebäuden während Sanierungsphasen temporär und welche Räume in öffentlichen Gebäuden vor oder nach Dienstschluss gemeinnützigen, sozialen Projekten und Einrichtungen für soziale Arbeit zur Verfügung gestellt werden können. Hintergrund ist, dass insbesondere aufgrund der internationalen Spekulation mit Berliner „Betongold“ bezahlbare Räume für soziale Arbeit mittlerweile auch in Reinickendorf zunehmend Mangelware sind und dies in einer Zeit, wo sich die soziale Frage extrem zuspitzt. Die Linke, der Paritätische Berlin - Geschäftsstelle Bezirke und viele soziale Projekte in Reinickendorf sind auf die Prüfungsergebnisse sehr gespannt.

Resolution

Mit dem einstimmigen Beschluss der von Die Linke eingebrachten Resolution (1993/XXI) „Pädagogische Fachkräfte in den Kitas unterstützen!“ unterstützt die BVV die Forderung der pädagogischen Fachkräfte der Kita-Eigenbetriebe Nordwest nach einem Tarifvertrag Pädagogische Qualität und Entlastung, um die pädagogische Arbeit in der gewohnten Qualität auch zukünftig zu gewährleisten und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.

Einwohneranfragen

Zum Thema der vom Bezirksamt angestrebten rund 80 Baumfällungen für Straßenbaumaßnahmen in der Senheimer Straße in Frohnau machte Lederle für Die Linke deutlich, dass diese nicht begründet werden können mit der für die Feuerwehr notwendigen Fahrbahnbreite, wegen der Vorgaben des Senats für angrenzende Straßen oder aufgrund der im Baumgutachten/ Protokoll der Vor-Ort-Begehung von 2017 eingeschränkten Vitalität einzelner Bäume, sondern das Bezirksamt offenbar aus verwaltungs- und haushaltstechnischen Gründen an der aus der Zeit gefallenen Planung und dem engen Zeitplan festhalten möchte. Hierzu Lederle: „Ein großer Teil des Stadtgrüns in Berlin ist in seiner Vitalität eingeschränkt und die Lösung ist keineswegs ein ökologischer Kahlschlag und das wird an anderem Ort mit Bäumen mit eingeschränkter Vitalität Gottseidank auch nicht angestrebt. Notwendig sind vielmehr Maßnahmen zur Stärkung der Vitalität des Stadtgrüns u.a. was die Bewässerung betrifft und auch hier sind mit Blick auf die Umgebung der Senheimer Straße noch Fragen der Ent- und Bewässerung zu klären, was auch für die Anwohner mit Blick auf zukünftige Dürre- oder Starkregenereignisse notwendig ist, weshalb ich diesen Aspekt in meiner noch nicht beantworteten schriftlichen Anfrage ebenfalls aufgegriffen habe. Ältere schriftliche Anfragen von mir haben gezeigt, dass an anderem Ort langzeittote Bäume, die die Verkehrssicherheit gefährden, vom Bezirksamt nicht gefällt worden sind. Vor diesem Hintergrund wirkt die Argumentation des Bezirksamts für 31 der rund 80 Baumfällungen wenig glaubwürdig. Gut ist, dass das Bezirksamt eingesehen hat, dass die Anwohner und ihre Bürgerinitiative recht haben, wenn sie wie Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke in ihrem gemeinsamen Antrag darauf hinweisen, dass der Parkdruck vor Ort so gering ist, dass keinesfalls Parkspuren auf jeder Straßenseite benötigt werden und auf eine Parkspur verzichtet werden kann und muss. Unstrittig ist, dass die Feuerwehr die Straße nutzen können muss und bei den Bauarbeiten wird darauf zu achten sein, dass das Wurzelwerk der Bäume nicht beschädigt wird. Ich fordere das Bezirksamt auf, nicht an einer unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes und der ökologischen Nachhaltigkeit völlig veralteten Planung sklavisch festzuhalten und bei Bedarf in Kauf zu nehmen, eine Runde im Hauptausschuss des AGH zu drehen, um mit ausreichend Zeit und abgestimmt mit der Bürgerinitiative eine nachhaltige Planung vorzulegen, die dem Baumschutz eine deutlich höhere Priorität beimisst.“

Einwohnerantrag

Als einziger von 55 Verordneten stimmte Lederle für Die Linke dem von weit über tausend Reinickendorfer Bürgerinnen und Bürgern unterzeichneten Einwohnerantrag der Bürgerinitiative zum Erhalt des Wittenauer Stadtforstes zu, der leider von CDU, SPD, Grünen, FDP und AfD sowie Einzelverordneten abgelehnt wurde. Der Einwohnerantrag fordert etwas, das zu früheren Zeiten als die Verwaltung noch über ausreichend Personal verfügte, selbstverständlich war, nämlich die Durchführung eines ordentlichen Bebauungsplan-Verfahrens mit einer verbindlichen Beteiligung von Bürgerschaft und u.a. Umweltverbänden für die Entwicklung einer so großen ökologisch wertvollen Fläche mit vielen weiteren Schutzbelangen wie dem Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik-Gelände. Leider wird dies von der zuständigen Grünen-Stadträtin, Fr. Stephan verweigert. Hierzu Lederle: „Politik muss berechenbar sein und mit meiner Zustimmung zum Einwohnerantrag bleibe ich meiner Linie der letzten 6 Jahre in der BVV treu, wie sie in dem von SPD und Die Linke seinerzeit unterstützten Antrag von Bündnis 90/ Die Grünen von 2018 zum Ausdruck kommt, wo es richtigerweise hieß, dass im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten sei, das mittlerweile längst fertig wäre, wenn der Antrag seinerzeit eine Mehrheit gefunden hätte. Die Linke will, dass die Gesobau auf den versiegelten Flächen Wohnungen errichtet, aber die ökologisch wertvollen Flächen mit altem Baumbestand verschont werden. Dass der von der CDU und Die Linke letztes Jahr herbeigeführte BVV-Beschluss dazu geführt hat, dass sich die Zahl der zu fällenden Bäume von bis zu 240 auf ca. 160 reduziert hat, begrüße ich. Um einen ökologischen Kahlschlag in Zeiten der Klimakatastrophe handelt es sich dennoch. Es handelt sich um ein gutes Beispiel dafür, dass nicht Beteiligung, sondern im Gegenteil nicht-Beteiligung das Bauen verzögert, zumal nun im Raum steht, dass BUND gegen das Vorgehen des Bezirksamts klagt, was zu weiteren zeitlichen Verzögerungen und Zusatzkosten führen würde. Auf die geplante zusätzliche Feuerwehrzufahrt durch die Grünfläche ist ebenso zu verzichten wie auf die Bebauung des nördlichen Zipfels. Dass anstelle von Ersatzbepflanzungen vor Ort aus Sicht des Bezirksamts Kompensationszahlungen in unbekannter Höhe ausreichen, sehe ich kritisch. Eine Zuweisung des verbleibenden Waldgebiets als Landschaftsschutzgebiet befürworte ich. Die Linke ist grundsätzlich den Zielen der Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeit beim Bauen verpflichtet und deshalb ist unsere Zustimmung zum Einwohnerantrag für einen B-Plan selbstverständlich. Ich danke der Bürgerinitiative für ihr Engagement und fordere das Bezirksamt auf, sich trotz der Ablehnung des Einwohnerantrags durch die BVV eng mit den Anwohnerinnen und Anwohnern, der BI sowie den Verbänden und insbesondere BUND abzustimmen!“

Mündliche Anfragen

Ab Mitte Juli werden mit Mitteln aus dem Sonderprogramm Großsiedlungen Kiezläufer in der Rollbergesiedlung eingesetzt, die die Sauberkeit und das Sicherheitsgefühl verbessern sollen.

Anträge für Cannabis Social Clubs können in Reinickendorf aufgrund von Personalmangel in der Verwaltung derzeit nicht bearbeitet werden, weil wieder einmal das Konnexitätsprinzip missachtet wurde, wonach für zusätzliche Aufgaben für Kommunen dann auch zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen.

Die u.a. auf Antrag von Die Linke vor Jahren eingerichteten öffentlichen Grillplätze an der Alten Fasanerie sind defekt und die Reparatur wird vom Bezirksamt beauftragt.

Auf die Frage von Lederle nach den konkreten, zusätzlichen Maßnahmen für Hitzeschutz insbesondere für vulnerable Gruppen wie Seniorinnen und Senioren oder Wohnungslose in diesem Sommer räumte das zuständige Bezirksamtsmitglied, Uwe Brockhausen (SPD), dass kein einziger zusätzlicher Wasserspender oder gar ein Sonnencremespender aufgestellt worden ist oder zeitnah wird. Ein Teil der 100.000 Euro, die beim Senat pro Bezirk beantragt werden konnten, werden in Reinickendorf sinnvollerweise für Straßensozialarbeit verwendet, unbefriedigend ist aber, dass derzeit unklar ist, was mit den verbleibenden Mitteln geschieht. Die Stelle der „Koordination der Hitzeaktionsplanung“, die in allen Bezirken eingerichtet werden sollte, ist in Reinickendorf noch nicht einmal ausgeschrieben. Für die zentrale „Bärenhitze-Webseite“ des Landes wurden vom Bezirksamt folgende kühle Orte in Reinickendorf gemeldet: Face-Familienzentrum, Stadtteilzentrum Ribbek-Haus und das Büro für Bürgerbeteiligung in der Scharnweber Straße. Da der kürzlich vorgestellte Hitzeschutzplan des Bezirksamts insgesamt sehr vage und wenig konkret ist, hatte Lederle bereits am 26. Juni eine schriftliche Anfrage eingereicht, die allerdings noch nicht beantwortet worden ist.

Offene Drucksachen

Im Rahmen der Großen Anfrage zum Umgang mit dem sogenannten Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts, das viele Träger in der Weiterbildung und in Reinickendorf u.a. die Musikschule, Volkshochschule oder das Atrium betrifft, weil diese aus Kostengründen überwiegend Honorarlehrkräfte einsetzen, machte Lederle deutlich, dass es keine Alternative dazu gibt, den Anteil der Festanstellungen in den Musikschulen – wie vom Landesmusikrat Berlin gefordert - schrittweise auf 80 % zu erhöhen. In Berlin sind die Musikschulen als Pflichtaufgabe im Schulgesetz verankert. Daraus folgt, dass alle Bürgerinnen und Bürger dieses öffentliche Bildungsangebot verlässlich und gleichberechtigt und unabhängig vom Wohnort wahrnehmen können müssen. Das ist allerdings leider gegenwärtig nur eingeschränkt der Fall. Die Versorgungsdichte in den einzelnen Bezirken ist sehr unterschiedlich und schon jetzt besteht an den zwölf bezirklichen Musikschulen ein Wartelistenstau von teilweise 2.000 Schülerinnen und Schülern pro Musikschule, die auf einen Unterrichtsplatz warten. Diese Entwicklung muss alleine schon aus rechtlichen, aber selbstverständlich auch politischen Gründen gestoppt werden. Die große Mehrheit der Musikschullehrkräfte an den Öffentlichen Musikschulen möchte fest angestellt werden, alleine schon um nicht mehr regelmäßig jedes Jahr fürchten zu müssen, dass die Verträge nicht verlängert werden. Für die meisten der arbeitnehmerähnlichen Musikpädagoginnen und -pädagogen mit Hochschulabschluss ist die Arbeit in der Musikschule ihre Vollzeitbeschäftigung. Bei über 80 % liegt die Rentenerwartung bei lediglich 800 €. Altersarmut ist damit für freiberufliche Lehrkräfte die Regel. Zurzeit werden Musikschullehrerinnen und -lehrer für die öffentlichen Schulen gesucht, wo die Arbeitsbedingungen ungleich besser sind. Lederle hierzu: „Ein Abstimmen mit den Füssen der Musikpädagoginnen und -pädagogen und Aderlass bei den Musikschulen muss vermieden werden. Schon jetzt werden vom Bezirksamt keine neuen Verträge mehr abgeschlossen. Der CDU-SPD-Senat muss jetzt endlich zeitnah eine Strategie zum Umgang mit dem Urteil des Bundessozialgerichts von vor zwei Jahren vorlegen und den Bezirken die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Ich fordere das Bezirksamt auf, die am 4. Juni für drei Monate verlängerten Verträge so lange erneut zu verlängern, wie die befristete Finanzierungszusage des Senats an die Bezirke fortbesteht. Ein personelles Ausbluten der Musikschulen, Aufnahmestopps und Kündigungen von Verträgen mit Eltern müssen verhindert werden!“