BVV-Report zur 42. Sitzung
Grün- und Freiflächen im Ortsteil Märkisches Viertel +++ Sichere Querung des Senftenberger Rings +++ BI Waldseeviertel gegen Absolutes Halteverbot in der Schildower Straße +++ Einleitung von ungeklärtem Oberflächenwasser in den Schäfersee +++ Grundschulplätze in Reinickendorf-Ost +++ Beteiligung der DITIB-Moschee am Fastenbrechen im Rathaus Reinickendorf
Einwohneranfragen
Zu der Frage eines Bürgers „Für die Erhaltung von Grün- und Freiflächen im Ortsteil Märkisches Viertel“ erläuterte Felix Lederle die politische Linie von Die Linke, die Betonideologie ablehnt und die Grün- und Freiflächen nicht nur im MV aus ökologischen und Gründen des Klimaschutzes sowie der Lebensqualität der Menschen erhalten will, sondern auch der Nachverdichtung von Innenhöfen kritisch gegenübersteht. Hierzu Lederle: „In Berlin herrscht Wohnungsnot und jedes Jahr schmilzt die Zahl von Sozialwohnungen, die aus der Bindung fallen, wie Schnee in der Sonne. In Berlin müssen angesichts der Mondpreise für Boden und enormen Baukosten sowie der Krise der privaten Wohnungswirtschaft deutlich mehr bezahlbare Wohnungen durch die öffentliche Hand gebaut werden, allerdings im großen Stil am Stadtrand und im brandenburgischen Umland und nicht, indem kleckerweise für ein paar Wohnungen hier und dort zum Leidwesen der Stadtnatur und des Stadtklimas sowie der Lebensqualität der Bevölkerung immer mehr verdichtet wird. Für eine öffentliche Bauoffensive am Stadtrand und im Umland fehlt dem CDU-SPD-Sparsenat allerdings der politische Wille.“
Auf die Frage eines Einwohners, weshalb die auf Antrag der seinerzeitigen Linksfraktion 2020 in der BVV beschlossene „Sichere Querung des Senftenberger Rings in Höhe der Bus-Haltestelle Märkische Zeile im Märkischen Viertel“ immer noch nicht umgesetzt worden ist, informierte das Bezirksamt (BA), dass die Pläne der BVG immer noch nicht genehmigt worden sind und auch die Finanzierung noch nicht gesichert sei. Hierzu Lederle: „In der Vorlage zur Kenntnisnahme des Bezirksamts vor anderthalb Jahren zum fünf Jahre alten BVV-Beschluss hieß es, dass „weiter südlich Richtung Wilhelmsruher Damm zum östlichen Eingang der Märkischen Zeile hin die vorhandene Gehwegbreite nicht ausreichend ist und durch die parkenden Autos die Sichtverhältnisse trotz Vorstreckung schwierig sind“ und im Jahr 2024 Abhilfe für zu Fuß gehende geschaffen würde, was leider dennoch nicht passiert ist. Mit Blick auf die älter werdende Gesellschaft sind die Zeitabläufe bei der dringend notwendigen Modernisierung der Infrastruktur für Fußgänger*innen in Berlin viel zu lang und das liegt nicht nur an der aktuellen Sparpolitik des Senats, sondern auch an der Doppel-Zuständigkeit von Land und Bezirken in diesem Bereich, weshalb auch hier eine Entflechtung im Rahmen der angestrebten Verwaltungsreform sinnvoll wäre.“
Zu der Einwohnerfrage des Sprechers der Bürger*inneninitiative Waldseeviertel„Absolutes Halteverbot in der Schildower Straße“ führte das Bezirksamt sinngemäß aus, dass dadurch eine Verflüssigung des Autoverkehrs erreicht wird, da man leichter aneinander vorbeifahren kann, nicht lautstark beschleunigen muss und auch das Hupen entfällt und der ÖPNV gestärkt würde. Hierzu Felix Lederle: „Die BI Waldseeviertel wurde 2014 mit dem Ziel einer Verkehrsberuhigung des Wohngebiets und Eindämmung des Durchgangsverkehrs von der B96 gegründet. Nach ausführlichen Debatten waren sich 2020 alle seinerzeit sechs BVV-Fraktionen einig, dass man Modalfilter zur Umleitung des Autoverkehrs auf die B96 ausprobieren solle. Dieser Beschluss der BVV wurde vom Bezirksamt mit einer rechtlich umstrittenen Begründung nicht umgesetzt. Eine Stärkung des ÖPNV hätte auch und noch besser mit einer Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs im Wohngebiet erreicht werden können. Bei vielen Menschen im Waldseeviertel ist nach mehr als einem Jahrzehnt verständlicherweise der Eindruck entstanden, dass das BA im Ergebnis des politischen Prozesses mit der Modernisierung der kleinen Sträßchen und damit einhergehenden Aufhebung des LKW-Verbots sowie dem Rückbau der provisorischen Einengungen und Einrichtung einer absolute Halteverbotsstrecke das Gegenteil von Verkehrsberuhigung durchgesetzt hat. Die gesamte BVV und nicht nur die Linksfraktion hat sich seinerzeit zum Ziel einer Entlastung des Wohngebiets vom Durchgangsverkehr ausgesprochen. Wenn Politik Erwartungen weckt, die sie nicht einhält oder gar Zusagen ins Gegenteil verkehrt, muss sich niemand wundern, wenn Bürgerinnen und Bürger enttäuscht und wütend sind. Nur Die Linke hat Wort gehalten, denn Politik muss berechenbar sein. Die BI hat das BA in erster Instanz erfolgreich verklagt und hat durchaus Chancen, sich in diesem Jahr auch in zweiter Instanz durchzusetzen.“
Mündliche Anfragen
Die Fragen von Lederle, was das Bezirksamt unternimmt, um im Hinblick auf die Einleitung von ungeklärtem Oberflächenwasser in den Schäfersee die Vereinbarkeit mit dem Verschlechterungsverbot nach Art 4 der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu gewährleisten, welche Form der Überwachung praktiziert wird, ob das das Bezirksamt die Einschätzung teilt, dass die in der Presse gefeierte Schäfersee-Methode nicht das Problem der Belastung durch das eingeleitete Oberflächenwasser löst und ob dem BA bekannt ist, dass die finanzielle Belastung für die öffentlichen Kassen durch die regelmäßig notwendige Entsorgung des belasteten Schlammes die einmaligen Investitionskosten zum Bau eines Sandfanges oder Regenwasserrückhaltebeckens längerfristig gesehen, bei weitem übersteigt, blieben alle mit Verweis auf die wasserrechtliche Zuständigkeit der Senats für den Schäfersee unbeantwortet, weshalb nun die Reinickendorfer Linke-Wahlkreisabgeordnete, Katina Schubert, eine entsprechende schriftliche Anfrage an den Senat im Abgeordnetenhaus einbringt, um dem Senat in puncto ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit bezogen auf den Schäfersee auf die Sprünge zu helfen.
Beratung offener Drucksachen
Im Rahmen der Debatte zur Großen Anfrage der SPD „Grundschulplätze in Reinickendorf-Ost“ informierte der zuständige Stadtrat, Hr. Muschner, (CDU) über die Bemühungen, dem aus Sicht des Bezirksamts immer weiter zunehmenden Delta an benötigten und vorhandenen Grundschulplätzen in Reinickendorf-Ost mit vielfältigen, kleinteiligen Maßnahmen unterhalb des vom Senat weggesparten Schulneubaus zu begegnen. Die fragestellende und im Senat mitregierende SPD mochte sich in der Debatte nicht festlegen, ob die Berechnungen des Senats oder des Bezirks zum Schulplatzbedarf in den kommenden Jahren realistisch sind. Lederle führte hierzu aus: „Die Differenz zwischen dem durch das Bezirksamt ermittelten Delta im Vergleich zu dem deutlich kleineren, das der Senat errechnet hat, ist darauf zurückzuführen, dass der Senat von abstrakten Bevölkerungsprognosen bis 2040 ausgeht, die sich gerade in der jüngeren Geschichte Berlins seit der Wende schon oft als unzuverlässig herausgestellt haben, während das Bezirksamt den Schulplatzbedarf m.E. richtigerweise auf der Grundlage von Geburten- und Zuzugszahlen und somit konkreten, realen Zahlen berechnet. Ich behaupte, dass der Senat die Zahlen zum Schulplatzbedarf in Reinickendorf-Ost interessengeleitet heruntergerechnet hat, um eine Begründung dafür zu haben, die Finanzmittel für die seit 15 Jahren (!) geplante Grundschule in Reinickendorf-Ost mit drei Zügen zu streichen. Wenn in der Praxis Schulplätze fehlen, haben Kinder und ihre Eltern aber nix davon, dass die auf theoretischen Annahmen beruhenden Prognosen des Senats dies nicht vorsehen. Viele der aktuellen Einsparungen des CDU-SPD-Senats führen zu gesellschaftlichen Folgekosten und höheren Kosten für den Steuerzahler in der Zukunft. Wären uns nicht die Finanzmittel für die längst fertig geplante Grundschule in Reinickendorf-Ost vom Senat gestrichen worden, wäre der Bau bereits fortgeschritten und in Kürze vollendet und hätten wir nicht nur deutlich mehr Schulplätze in der Zukunft in Reinickendorf-Ost, sondern könnten die neu errichtete Schule übergangsweise während der Sanierung zumindest einiger umliegenden Schulen zunächst als Drehscheibenschule nutzen, anstatt nochmal gesondert 15 Mio. Euro für eine DSS auszugeben und dies alles ohne die sich daraus ergebenden negativen Effekte, dass uns ja kein geeignetes Grundstück für eine DSS zur Verfügung steht und nun dem Haus der Jugend Fuchsbau sein wichtiger Außenbereich mit negativen Auswirkungen auf die Jugendarbeit weggenommen wird.“
Große Anfragen
Im Rahmen der Debatte zur Großen Anfrage der FDP „Beteiligung der DITIB-Moschee am Fastenbrechen im Rathaus Reinickendorf“ versuchte der Berliner JuLi-Vorsitzende, Hr. Jahn, die Einladung der beiden lokalen DITIB-Gemeinden in Tegel und Reinickendorf-Ost mit der Stoßrichtung zu skandalisieren, sie zukünftig nicht mehr zum Fastenbrechen des Bezirksamts einzuladen. Die Bezirksbürgermeisterin, Fr. Demirbüken-Wegner (CDU), informierte, dass im Bezirksamt und beim Kooperationspartner des BA, der Kriminalpolizei/ AGIA (Arbeitsgebiet interkulturelle Aufgaben), keine Erkenntnisse oder gar sicherheitsrelevante Bedenken vorliegen, die gegen eine Zusammenarbeit mit den beiden DITIB-Gemeinden im Bezirk sprechen. Die Vorsitzende des Integrationsausschusses der BVV, Fr. Hiller-Ewers (SPD) lobte die offene Jugend- und Frauenarbeit und rege Beteiligung der beiden DITIB-Gemeinden am interreligiösen Dialog und berichtete, dass der Integrationsausschuss vor Kurzem bei der Gemeinde in Tegel zu Gast war. Dies und auch die Rede des AfD-Fraktionsvorsitzenden, Hr. Zischka, der wenig überraschend den Islam insgesamt und die vielfältige und offene Gesellschaft in Deutschland kritisierte, hinderte die FDP jedoch nicht daran, gleichwohl einen Antrag einzubringen, welcher dem BA und hier der Bezirksbürgermeisterin unterstellt, bei der Einladung zu interreligiösen Veranstaltungen nicht ausreichend darauf zu achten, ob die Eingeladenen die freiheitlich-demokratische Grundordnung achten und erneut die Einladung der beiden lokalen DITIB-Gemeinden zu prüfen. Hierzu Lederle: „Ich danke dem Bezirksamt und der Bezirksbürgermeisterin sowie der BVV-Vorsteherin und ihrer Stellvertreterin, dass wir seit 2023 nun endlich auch zu muslimischen und jüdischen Feiertagen gratulieren und das Bezirksamt zu einemgemeinsamen Fastenbrechen einlädt. Dabei geht es um Respekt für Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht-christlichen Glaubens und das ist gerade in der heutigen Zeit sehr wichtig, wo Drohungen, Übergriffe und Anschläge gegenüber Moslems und Juden und gegen Synagogen und Moscheen beschämenderweise massiv zugenommen haben. Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus wie jede andere Form des Rassismus dürfen keinen Platz in unser Gesellschaft haben. Meine Partei Die Linke tritt historisch und bis heute für die institutionelle Trennung von Staat und Religion ein und verteidigt gleichzeitig das Recht auf Religionsfreiheit, das ein Schutz gerade für Minderheiten darstellt. Die Linke hat aus mehreren Gründen eine kritische Distanz zum DITIB-Moscheeverband im Bund, der bekanntermaßen vom türkischen Staat finanziert und über Diyanet, das Präsidium für religiöse Angelegenheiten in der Türkei, beeinflusst wird. Ungeachtet dessen habe ich mich mit Vertretern der DITIB-Gemeinde in Reinickendorf-Ost nach dem zweiten verachtenswerten Anschlag auf die Gemeinde durch Neonazis in einen respektvollen Dialog zu konkreten kommunalpolitischen Anliegen und auch zu Grundrechten und Grundwerten begeben. Alle und jeden Vertreter von DITIB oder gar alle Gemeindemitglieder pauschal in einen Topf zu werfen, ist unredlich. Gegen die beiden lokalen DITIB-Gemeinden liegt nichts vor und für sie und uns alle gilt die Unschuldsvermutung des Rechtsstaats. Dass der Vorsitzende der Berliner JuLis ohne jeden konkreten auf diese Gemeinden bezogenen Beleg Misstrauen gegen die lokalen DITIB-Gemeinden mit ihren tausenden Mitgliedern schürt, ist inakzeptabel.“
