BVV-Report zur 43. Sitzung
Kein Zeitwohnen im Milieuschutz! +++ AG zur Benennung neuer Straßen +++ Keine Windkraftanlagen in ökologisch sensiblen Gebieten! +++ Brutschutz missachtet +++ Umweltsünde im Auftrag des BA +++ Eichen-Prozessionsspinner +++ Sanierung der A111 +++ Baumschutz +++ Skaterpark im MV +++ bienenfreundliche Bepflanzung +++ Kastanienbäume +++ Grillfläche
Konsensliste
Auf Antrag von Die Linke beschloss die BVV, die Drucksache 2342, wonach (möbliertes) Zeitwohnen in den beiden Milieuschutzgebieten in Reinickendorf-Ost und -West der Genehmigungspflicht unterworfen wird und grundsätzlich zu unterbinden ist, da diese Wohn-Zeit-Modelle nachweislich das Ziel der Erhaltungssatzungen unterminieren, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten und zu schützen. Felix Lederle für Die Linke hierzu: „Diese Maßnahme war notwendig, um Mieterinnen und Mieter vor sozial-räumlicher Verdrängung zu schützen und politisch entgegenzuwirken, dass der Wohnbevölkerung immer mehr dringend benötigter Wohnraum zu ortsüblichen Preisen entzogen wird.“
Ebenfalls mit der Konsensliste wurde ein Antrag von CDU, SPD, Grünen, FDP und Die Linke beschlossen, wonach eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung aller in der BVV vertretenen Parteien zur Namensgebung rund 50 zukünftiger Straßen im Entwicklungsgebiet des ehemaligen Flughafens Tegel (TXL) eingerichtet wird. Lederle für Die Linke hierzu: „Wie im Ausschuss für Stadtentwicklung angekündigt, werde ich mich in der AG dafür einsetzen, dass bevorzugt Straßen nach Frauen benannt werden angesichts der Tatsache, dass nahezu alle Straßen und Plätze in Berlin nach Männern benannt sind und dafür, dass der von der seinerzeitigen Linksfraktion herbeigeführte BVV-Beschluss umgesetzt wird, die Reinickendorfer Widerstandskämpfer*innen Hilde und Hans Coppi mit einem Straßennamen zu würdigen.“
Empfehlung per Dringlichkeit
Mit Mehrheit und auch der Stimme von Felix Lederle für Die Linke beschloss die BVV den CDU-Antrag „Keine Windkraftanlagen in ökologisch sensiblen Gebieten in Reinickendorf“. Lederle hierzu: „Das Vorgehen der CDU, die BVV nicht im Vorfeld darüber zu informieren, dass über diese von ihr sehr kurzfristig eingebrachte Tischvorlage bereits in der Sitzung direkt abgestimmt werden soll, war ungewöhnlich unkollegial und ich bedauere, dass die Überweisung zur Beratung in die Ausschüsse durch eine Mehrheit aus CDU und AfD abgelehnt wurde. Die Linke unterstützt die Windenergie, lehnt not-in-my-backyard-Spielchen ab und ich fordere das Bezirksamt auf, zeitnah geeignete Standorte im Bezirk für die Errichtung von Windkraftanlagen zu benennen. Die derzeit vom Senat geplanten Standorte lehne ich allerdings in Übereinstimmung mit u.a. dem NABU ab, weshalb ich dem CDU-Antrag in der Abwägung des Zielkonflikts mit den ökologischen Belangen zugestimmt habe, weil sich in unmittelbarer Nähe ein Landschaftsschutzgebiet und Schutzzonen für Vögel und Fledermäuse befinden und weil die BVV auf Antrag der Linksfraktion vor Jahren die Zuweisung eines Naturschutzgebiets in der Tegeler Stadtheide beschlossen hat, auf dessen Umsetzung wir bestehen. Den CDU-SPD-Senat kritisiere ich, weil er die Einspruchsfrist gegen die unausgewogenen Flächenvorgaben des Bundes für Windenergieanlagen bis Ende 2024 hat verstreichen lassen und sich nicht dafür eingesetzt hat, das große Flächenstaaten wie Bayern einen angemessenen Beitrag leisten und die Vorgaben für den unter massiver Flächenknappheit und -konkurrenz leidenden Stadtstaat Berlin reduziert werden.“
Einwohneranfragen
Im Rahmen der Frage einer Einwohnerin, weshalb bei der Fällung von zwei Bäumen am Schäfersee am 29. April der Brutschutz missachtet wurde, machte Lederle deutlich, dass der Rothalstaucher unter den Schutz des "Abkommens zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel" fällt, die Vorgehensweise des Bezirksamts aber auch politisch falsch gewesen wäre, wenn „nur“ ein Stockentenpärchen dort gebrütet hätte. Lederle hierzu: „Üblicherweise muss eine Baumfällung von Oktober bis März erfolgen und nicht in der Vogelschutzzeit. Bekommt man die Fällung in dieser Zeit nicht hin und gibt es – wie hier - schwerwiegende, dringliche Gründe für eine Fällung, dann flattert man eigentlich den Bereich ab, bis die Küken flügge sind. Das wäre vermutlich Ende Mai gewesen, bei den Stockenten wohl ein paar Tage später. Aus meinen schriftlichen Anfragen ergibt sich, dass es unzählige langzeittote Bäume gibt, die die Verkehrssicherheit u.a. bei Kitas und Spielplätzen stark beeinträchtigen und die der Bezirk geleichzeitig aufgrund von Ressourcenmangel stehen lässt.“ Lederle nutzte die Gelegenheit, die BVV und Öffentlichkeit über eine aktuelle, schwerwiegendeUmweltsünde im Auftrag des Bezirksamts zu informieren: „Letzte Woche hat der vom Bezirksamt verständlicherweise (!) mit einer 30-Prozentigen-Kronenkürzung des Baumbestands der Schulzendorfer Straße in Heiligensee beauftragte Dienstleister in extremem Maße über das Ziel hinausgeschossen und stattdessen nachweislich eine zum Teil radikale Baumkappung vorgenommen, die meines Erachtens nicht nur die Vitalität duzender betroffener Bäume massiv beeinträchtigt, die nun in den kommenden Jahren abzusterben drohen und dabei auch keinerlei Rücksicht auf Vogelnester genommen. Verständlicherweise hat ein umweltbewusster Polizist vor Ort direkt Anzeige erstattet. Leider blieb meine sofortige Intervention auf dem kurzen Dienstweg beim Bezirksamt in der letzten Woche weitgehend wirkungslos und brachte nur eine geringfügig, ökologisch umsichtigere Vorgehensweise dieses externen Dienstleisters in der Folgezeit. Ich werde in Kürze eine schriftliche Anfrage zu dieser gravierenden Öko-Sünde einbringen.“
Mündliche Anfragen
Im Rahmen der Mündlichen Anfrage von Lederle für Die Linke wurde deutlich, dass sich der Eichen-Prozessionsspinner, der eine Gefährdung für die Gesundheit von Bäumen, Tieren und Menschen darstellt, in diesem Jahr explosionsartig im Bezirk ausgebreitet hat – zumal das Bezirksamt bislang weitgehend untätig geblieben ist, weil es an den notwendigen Ressourcen mangelt bzw. nur 10.000 Euro im Bezirkshaushalt für die Bekämpfung vorgesehen sind und dieses Budget bereits durch zwei Gegenmaßnahmen an Schulen überschritten wurde. Alleine schon der näheren Umgebung der drei Eichenprozessionsspinnerneste an der Heiligenseer Ruppiner Chaussee, um dessen zeitnahe, fachgerechte Entfernung Die Linke in einer schriftlichen Anfrage vom 4. April mit Benennung der exakten Standorte gebeten hatte und die zweieinhalb Monate später immer noch nicht entfernt worden sind, sind mittlerweile nachweislich mindestens 56 Eichen vom Eichenprozessionsspinner befallen. Befall gibt es mittlerweile nachweislich mindestens auch beim Schäfersee, Rathauspark, Friedhof Wittenau und Peter-Witte-Park. Die zuständige Stadträtin, Julia Schrod-Thiel, machte deutlich, dass alle Bezirke betroffen sind und es sich um eine gesamtstädtische Aufgabe handelt, die die Bezirke nicht alleine schultern können und griff die Anregung von Lederle auf, in der nächsten Runde der zuständigen Stadträte auf die Erarbeitung eines gesamtstädtischen Konzepts und zusätzliche Landesmittel zur Bekämpfung des Eichen-Prozessionsspinners zu drängen.
Große Anfragen
Im Rahmen der Debatte zur Vermeidung von Verkehrs-Chaos infolge der Sanierung der Autobahn A111 zeigte sich Lederle erfreut, dass die beauftragte DEGES der auf vorausschauenden Antrag von Die Linke mit der Drucksachennummer 1460 von der BVV beschlossenen Empfehlung gefolgt ist und nun während der gesamten Baumaßnahmen je eine Spur pro Richtung befahrbar bleibt und auch für den Schwerlastverkehr, so dass das Problem von Ausweichverkehr durch den Bezirk ein Stück weit entschärft ist. Eine Teilverlagerung des A111-Verkehrs auf Stadtstraßen wird sich allerdings dennoch nicht vermeiden lassen und entsprechend wird die Wohnqualität der im A111-Umfeld Wohnenden deutlich leiden (v.a. Lärm- und Abgasbelastung). Sehr ärgerlich ist, dass nicht vor der Autobahnsanierung bereits die S25-Generalsanierung zumindest soweit begonnen wurde, dass mit Begegnungsstellen ein 10-Minuten-Takt bis Hennigsdorf ermöglicht würde. In seiner Rede unterbereitete Lederle für Die Linke bezüglich der drei, den Bezirk Reinickendorf betreffenden Bauabschnitte zahlreiche konkrete Vorschläge, wie sich Einschränkungen für alle anderen Verkehrsteilnehmer und die Anwohnerinnen und Anwohner durch den drohenden Ausweichverkehr minimieren lassen.
Im Rahmen der Debatte zum Baumschutz machte Lederle deutlich, dass die nach Senatsstatistik ca. 687 verlustig gegangene Bäume in Reinickendorf leider nur die Spitze des Eisbergs sind, da diese nicht die Grünanlagenbäume und andere Bäume berücksichtigt und seit 2016 bspw. allein in den Grabengrünanlagen Heiligensees Bäume von Senat und Bezirk im dreistelligen Bereich „verloren“ gegangen sind, die nicht in der Statistik auftauchen und dort kein einziger Baum nachgepflanzt wurde. Im Folgenden unterbreitete Lederle 20 konkrete Maßnahmen von Die Linke zur Verbesserung des Baumschutzes im Klimawandel in Reinickendorf - von A wie Anpassung von Alleen an sowohl Klimawandel als auch globalisierte Schädlinge, über B wie Beseitigung schädlicher Klimawandelgewinner, über F wie Förderung von baumschützenden Klimawandelgewinnern, über P wie Pilze an Ästen schnell entfernen, über V wie Versiegelung insbesondere von Gehwegen am Straßenrand vermeiden, bis Z wie zeitnahe Berücksichtigung der wissenschaftlichen Empfehlungen zu klimawandelresistenten Bäumen bei Baumpflanzungen und der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Gefährdungslage von Bäumen.
Beratung von Vorlagen zur Kenntnisnahme (VzK)
Im Rahmen der Debatte zur VzK zum BVV-Beschluss „Skaterpark im Märkischen Viertel ausbessern“ kritisierte Lederle die Weigerung des Bezirksamts, durch Beleuchtung den Skaterpark im Märkischen Viertel bis 22:00 nutzbar zu machen, weil angeblich eine solche Beleuchtung nur in den witterungsbedingt für das Skaten unattraktiven Jahreszeiten von Oktober bis April nützlich wäre. Hierzu Lederle: „Diese Argumentation des BA ist nicht stichhaltig. Abgesehen davon, dass es nur genau einen einzigen Tag im Jahr gibt, an dem die Sonne bis 22 Uhr scheint und sie bei Umsetzung des Votums der EU-Bürgerinnen und -Bürger, die Sommerzeit abzuschaffen, gar nicht mehr nach 21:00 untergeht, verhält es sich so, dass viele Jugendliche ohnehin lieber im Herbst und Frühling skaten bzw. das perfekte Skatewetter für einen Hoodie und Jeans bei 10-15 Grad liegt und es im letzten Oktober nur an einer Handvoll von Tagen um 22 Uhr kälter war. Klimawandel bedeutet, dass es Silvester 2022 um 22 Uhr an der Messstation Tegel 16,6 Grad warm war. Soll die Jugend in der Zukunft also im Dunkeln skaten?“ Zudem zeigte sich Lederle verwundert, dass eine Untersuchung des BA ergeben hat, dass es keine größeren Mängel gäbe, die die Sicherheit oder Nutzung der Anlage erheblich beeinträchtigen, da sich doch vor Ort ein 15 Meter hoher, langzeittoter und somit instabiler Götterbaum befindet, dessen Stammfuß vom gesundheitsschädlichen Gemeinen Spaltblättling zerfressen wird, so dass schon die Borke abplatzt. Lederle“ „Das Bezirksamt muss dringend diesen und eine ganze Reihe anderer, langzeittote und instabile Bäume in der Nähe von Spielplätzen aus Gründen der Verkehrssicherheit zeitnah fällen u.a. am Spielplatz Wolkenhain am Seggeluchbecken, am Heiligenseer Spielplatz im Erpelgrund, am Bolz- und Spielplatz Reiherallee, am Spielplatz Mattenbuder Pfad und bei der Birkenkletteranlage und dem Drachensteigerplatz auf dem Heiligenseer Flackenpfuhl.“
In der Diskussion zu der VzK zum BVV-Beschluss „Mehr bienenfreundliche Bepflanzung in Hermsdorf“ machte Lederle deutlich, dass zwar mittlerweile alle für bienenfreundliche Bepflanzungen sind, es aber leider oftmals bei der Umsetzung hapert. So sind bspw. die vom BA angepflanzten Stiefmütterchen aus dem Supermarkt am Fellbacher Platz überzüchtet und steril und nicht bienenfreundlich. Lederle stellte in Erwiderung auf das BA klar: „Stauden sind IMMER mehrjährig. Ob Blüten bienenfreundlich sind, farbenfroh- kurz oder lange blühen – all dies hat nicht zwangsläufig damit zu tun, ob sie einjährig sind oder Stauden. Es ist möglich, jede Schattenlage, mit und ohne Baumwurzeln wie bei den beiden riesigen Rondellen am Schloßplatz zu bepflanzen und einjährige, mit mehrjährigen zu kombinieren. Ich empfehle dem BA eine engere Kooperation mit stiftung-naturschutz.de, dem Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. und/ oder RegioZert, die Behörden beraten und beliefern.“
Bei der Rederunde zu der VzK zum BVV-Beschluss „Kastanienbäume erhalten“ empfahl Lederle dem BA, Miniermotten stärker dadurch zu bekämpfen, indem Kastanienlaubsammelaktionen in der Bevölkerung gefördert werden, um zumindest die ersten beiden Mottengenerationen im Jahr einzudämmen und frühzeitigen Schaden zu vermeiden. Zugleich kritisierte er, dass es in der Praxis Anwohnerinnen und Anwohnern hingegen sogar erschwert wird, herauszufinden, ob sie an C-Straßen wohnen, in denen sie selbst für die Säuberung zuständig sind. Lederle führte aus, dass sich vier andere eingeschleppte Schädlinge noch viel fataler auf Kastanien auswirken: 1. Die Blattfleckenkrankheit - ein Schlauchpilz, 2. Das Pseudomonas-Kastaniensterben - ein Bakterium, 3. Diverse Einzeller, die Wurzel- und Stammschäden auslösen und 4. Der Asiatische Laubholzbock und all diese Schädlinge Pilze anziehen, die die Kastanien wortwörtlich zu Fall bringen, so dass sich der Untergang der Reinickendorfer Rosskastanien, realistisch betrachtet, leider wohl nur noch verlangsamen lässt. Lederle hierzu: „Kontraproduktiv ist es, wenn das Bezirksamt entgegen der Warnungen des Pflanzenschutzamtes des Senats neue Kastanien in bestehende Bestände pflanzt, weil letztere dann mit einer Infektion gefährdet werden.“
Beratung von Beschlussempfehlungen von Ausschüssen
Mit den Stimmen der CDU und AfD gegen alle anderen, lehnte es die BVV ab, zu versuchen, eine öffentliche Grillfläche im Bezirk zu erhalten, deren (Wieder-)Einführung vor Jahren von allen in der BVV vertretenen Parteien beschlossen worden war. Lederle hierzu: „Die Wiedereinrichtung einer öffentlichen Grillfläche hat den Bezirk insgesamt 83.000 Euro gekostet und davon alleine 30.000 Euro für die Anschaffung der Elektro-Grills, die das BA nicht hat reparieren lassen. Das Projekt jetzt nach diesen hohen Investitionskosten zu beerdigen, ist nicht sonderlich ökonomisch nachhaltig. Das Thema hat eine soziale Komponente, weil viele Menschen, keinen eigenen Garten haben, wo sie grillen könnten und wenn Elektro-Grills verwendet werden, spricht auch ökologisch nichts dagegen und andernfalls droht eine Zunahme von wildem Grillen irgendwo. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen, wo die soziale Infrastruktur zusammengekürzt wird, ist das keine Haushaltspriorität von Die Linke, aber sinnvoller wäre es meines Erachtens, die teuer hergerichtete Grillfläche weiter zu nutzen, indem sie Menschen mit eigenem Elektro-Gill nach Anmeldung zugänglich gemacht wird.“
