BVV-Report zur 45. Sitzung

Felix Lederle

Bezirkshaushaltsplan Reinickendorf für die Haushaltsjahre 2026 und 2027 (Doppelhaushalt)

Statt eines normalen Reports gibt es in diesem Monat die Rede von Felix Lederle zum Bezirkshaushaltsplan Reinickendorf für die Haushaltsjahre 2026 und 2027 (Doppelhaushalt), die er im Plenum hielt. In dieser Rede legt er dar, warum er den Haushalt ablehnt. 

Auch die SPD lehnt diesen Haushalt ab. Dazu gibt es eine gemeinsame Presseerklärung der SPD-Fraktion und des Einzelverordneten.

Im Folgenden der Wortlaut der Rede von Felix Lederle:

"Zunächst einmal danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bezirksamts für ihre gute Arbeit im Zusammenhang mit der Aufstellung des Haushalts, der technisch und handwerklich in Ordnung ist.

Die Linksfraktion hat den bezirklichen Doppelhaushalten 2018/19 und 2020/21 zugestimmt. Heute werde ich für Die Linke Reinickendorf mit Nein stimmen. Alle kommunalpolitisch interessierten Mitglieder der Linken Reinickendorf haben nach einer stundenlangen, gewissenhaften Auswertung der Ergebnisse nach der 2. Lesung des Haushalts im Haushaltsausschuss in der Gesamtabwägung einstimmig für eine Ablehnung votiert und an dieses basisdemokratische Votum halte ich mich.

Aus unserer Sicht ist der Haushalt zum einen strukturell unterfinanziert aufgrund der deutlich zu geringen Globalsummenzuweisung durch den CDU- SPD-Senat. Zum anderen haben wir hier zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte des Bezirks auch nach der Schlussrunde der Verhandlungen der in der BVV vertretenen Parteien die Situation, dass mit der im Haushaltsausschuss mit den Stimmen von CDU, FDP, Grünen sowie AfD beschlossenen Nachschiebeliste nullkommanichts im sozialen Bereich gegenüber dem Haushaltsentwurf des Bezirksamts oben drauf kommt, der ebenfalls keine zusätzlichen sozialen Angebote vorsah.

Ich stimme heute für Die Linke mit NEIN, weil der Kürzungssenat sehenden Auges die Bezirke systematisch kaputtspart und weil es keine Bereitschaft der Mehrheit in der BVV gibt, zumindest an der einen oder anderen Stelle im sozialen Bereich nachzubessern, obwohl sich die soziale Frage mit Blick auf die allgemeine Teuerung gerade bei Gütern des täglichen Bedarfs zugespitzt hat.

Im Folgenden werde ich die Position der Partei Die Linke erläutern und ich beginne mit der Landesebene, komme dann zum Haushaltsentwurf des Bezirksamts und ende mit den Prioritäten der in der BVV vertretenen Parteien.

Aus meiner Sicht ist das Vorgehen des Senats gegenüber den Bezirken an vielen Stellen unseriös und schädlich. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein paar Punkte:

Erstens: Der Sparsenat geht bei seinen Kürzungen nach dem Gießkannenprinzip vor: Willkürlich und geradezu unpolitisch wird ein Prozentsatz festgelegt, der überall von oben nach unten weggekürzt werden soll. Verantwortungsbewusst wäre es, von den gesellschaftlichen Bedarfen und politischen Herausforderungen auszugehen und eine inhaltliche Debatte zu führen, wo man mit der Stadt hinwill und dann Schwerpunkte zu definieren.

Zweitens: Die CDU-SPD-Landesregierung verschleiert ihre Kürzungen durch haushaltstechnische Tricks wie Sammeltitel zu Lasten der Transparenz und Haushaltsklarheit.

Drittens: Anders als von der SPD sinnvollerweise angekündigt, wird die strukturelle Einnahmeseite des Staates durch diesen Senat nicht gestärkt.

Viertens: Das Konnexitätsprinzip, das besagt, dass zusätzliche Aufgaben für die Bezirke mit einem entsprechenden Ressourcenaufwuchs einhergehen müssen, wurde von diesem Senat noch nie eingehalten und neuerdings umgedeutet in Richtung einer Aufgabenabgabe, wobei wie immer bei diesem Senat vage bleibt, was konkret gemeint ist und abgegeben werden soll. Das BA Reinickendorf geht von einem jährlichen Defizit von 6-7 Mio. aus.

Fünftens: Die dankenswerterweise auch von unserer Bezirksbürgermeisterin benannten Fehlanreize im System der Kosten-Leistungs-Rechnung zum Beispiel im Hinblick auf die sogenannten freiwilligen sozialen Leistungen, aber auch zum Beispiel bei der Umsetzung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes werden nicht angegangen.

Sechstens: Personal: SenFin rechnet pauschal mit nur 60.000 Euro Personalmitteln pro Stelle, obwohl jede und jeder weiß, dass dies mit Blick auf bestimmte Bereiche, wo Fachkräftemangel herrscht, zu wenig ist und dieser Senat nimmt auch keine höhere Eingruppierung für Personalstellen in den Bereichen vor, wo Fachkräftemangel herrscht, damit wir die offenen Stellen zum Beispiel in den Baudienststellen im FM und SGA besetzt bekommen, um akquirierte Fördermittel zu verbauen. Nach Angaben des Fachbereichs Stadtplanung und Denkmalschutz musste der Bezirk seit 2023 auf Projekte im Umfang von fast 10 Millionen Euro verzichten, teils trotz bereits zugesagter Fördermittel, weil diese nicht verbaut werden konnten. Der Fachbereich Stadtplanung und Denkmalschutz hat eingeschätzt, dass pro zusätzlicher Stelle in seinem Bereich im Durchschnitt jährlich zusätzlich etwa eine Million Euro an Fördermitteln eingeworben werden könnten. Zusätzliche Stellen im Fachbereich Stadtplanung und Denkmalschutz mit Bezirksmitteln zu schaffen, bringt aber nix, so lange wir die Baudienststellen im FM und SGA nicht personell verstärkt haben und die Möglichkeiten des Bezirks, personelle Verstärkungsmittel hierfür vorzusehen und als Bezirk selbstständig diese Stellen besser zu bewerten, sind recht begrenzt. Der Bedarf für Bautätigkeit ist riesengroß und die Voraussetzungen in den Bezirken zu schaffen, Fördermittel optimal abzuschöpfen und zu verbauen, scheitert letztlich am Sparsenat.

Siebtens: Aufgrund der Führungsschwäche des Senats verbleiben meines Erachtens an vielen Stellen erhebliche Risiken in allen Bezirkshaushalten. Ob und inwieweit zusätzliche Bezirksmittel in der Zukunft eingesetzt werden müssen mit Blick auf die Bewältigung von Extremwetterereignissen und z.B. Sturmschäden, beim Anstieg von Energiekosten für die vielen öffentlichen Gebäude, mit Blick auf steigende Baukosten, im Hinblick auf die allgemeinen Preissteigerungen zum Beispiel bei Reinigung, Wartung oder Sicherheitsleistungen, bei den Kosten für Hilfen zur Erziehung (HzE), hinsichtlich der Kostensteigerungen für die sozialen Hilfen, mit Blick auf Tarifsteigerungen bei freien Trägern, im Hinblick auf die Umsetzung des Herrenberg-Urteils in VHS und Musikschule nach Auslaufen der Übergangsregelung Ende 2026 und viele andere Risiken mehr. Der Bezirk Reinickendorf hält die Vorgabe von SenFin ein, mindestens 0,5 Prozent des Haushaltsvolumens für negative Jahresabschlüsse vorzuhalten, aber ob eine Rücklage für 2 Jahre in Höhe von rund 11 Mio. Euro reichen wird, ist unklar.

Achtens: Schwarz-Rot im Land hat alle unter rot-rot-grün geschaffenen Rücklagen ausgebraucht und alle Kreditmöglichkeiten für einen Wahlkampfhaushalt mit Blick auf 2026 maximal ausgereizt. Die zusätzlichen rund 6 Mrd. Euro werden vom Senat aber nicht genutzt, um die Kürzungen im sozialen Bereich zurückzunehmen, obwohl die Bedarfe im sozialen Bereich steigen. Die Gewalt gegen Frauen nimmt zu, aber den Frauenprojekten in der Stadt werden die Landesmittel gestrichen. Gottseidank ist es uns im Bezirk gelungen, das wichtige Projekt VIOLA gegen Gewalt an Frauen weiterhin im Bezirkshaushalt zu verankern, aber eigentlich sollte VIOLA mit Landesmitteln verstetigt werden. Viele andere Projekte gerade im sozialen, aber auch kulturellen Bereich in Berlin sind akut bedroht, einen stillen Tod zu sterben.

Neuntens: Viele aktuelle Sparmaßnahmen des Senats haben sehr negative Auswirkungen auf die Bezirke. Ein paar Beispiele: Die CDU hat die letzten Wahlen nicht zuletzt mit dem Thema innere Sicherheit gewonnen. Eines der dann angeschobenen landesweiten Modellprojekte wurde nun aber nicht verstetigt und Reinickendorf hat dadurch 21 Überwachungsdienstkräfte verloren. Zwei Stellen aus dem Sicherheitsgipfel des Regierenden werden ab Ende des Jahres in Reinickendorf wegfallen und zwei weitere Stellen im Bereich Ordnung drohen ebenfalls verlustig zu gehen, so dass es sich um ein Minus von 25 Stellen handelt. Nicht eingerechnet die zwischen vier und sieben Parkläuferstellen, die ebenfalls weggekürzt werden.
Im Bereich Bauen wird bei riesigem Bedarf ein Sonderprogramm nach dem nächsten weggekürzt.
Im Bildungsbereich kürzt der Senat nicht nur beim Schulbau und der Schulsanierung, sondern hat im Rahmen der Leitlinie zum dritten Mal in kurzer Zeit bei Lehr und Lernmitteln gekürzt um 18 %, spart ausgerechnet bei den Brennpunktschulen, wobei hier Reinickendorf erfreulicherweise glimpflich davongekommen ist und zieht sich aus der Finanzierung der Schüler*innenhaushalte zurück, obwohl diese im Schulgesetz und damit einem Landesgesetz verankert sind. Beim letzten Punkt wurde im Haushaltsausschuss, wo sich in der Sache alle einig waren, immerhin gemeinsam eine gute Lösung gefunden, aber auch hier kompensieren wir, was das Land leisten müsste.

Der Senat behauptet, er wolle die Stadtnatur klimaresilienter machen, was dringend notwendig ist, wie wir gerade in Reinickendorf wissen. Hier zu sparen, führt wie zum Beispiel die aktuellen Sturmschäden eindrucksvoll zeigen, zu Mehrkosten in der Zukunft. Was macht der Senat? Er kürzt das Sonderprogramm für Bäume von 600.000 Euro auf 200.000 Euro und dann auf Null. Wir haben auch hier im Haushalt sinnvollerweise nachgebessert, aber gänzlich kompensieren lassen sich diese Kürzungen nicht und vom Bedarf ausgehend sind die Mittel nicht auskömmlich.
Die Liste der Auswirkungen der Sparwut des Senats auf unseren Bezirk ist sehr lang. Abschließend noch ein Beispiel für Fehlanreize durch die Sparpolitik des Senats. Der Senat hat beschlossen, dass ab sofort die Bezirke für die Aufbewahrung sicher gestellter Tiere zum Beispiel aus illegalem Tierhandel dauerhaft aufkommen müssen. Es geht um vergleichsweise wenig Geld, aber im Ergebnis ergibt sich der Fehlanreiz, dass es für Bezirke, die richtigerweise in Sachen Tierschutz besonders engagiert sind, teurer wird.

Nahezu alle Versprechen des Senats, dass mit seiner Regierungsübernahme die Stadt besser funktionieren werde, wurden und werden nicht eingelöst, zumal 10. die Bezirke nicht unterstützt, sondern weiter zusammengekürzt werden als seien sie Sparschweinchen des Senats und nicht diejenigen, die einen Großteil der bürgernahen, öffentlichen Dienstleistungen erbringen. Die richtige Forderung aller Bezirksbürgermeisterinnen und -bügermeister nach einer Erhöhung des Bezirksplafonds vor der Sommerpause hat vor zwei Jahren zu wenig und diesmal kaum etwas gebracht. Da die vom Senat zugewiesenen Finanzmittel zu mehr als 80 Prozent für feste Ausgaben gebunden sind, sinkt der eigene finanzpolitische Spielraum der Bezirke weiter und steigt die finanzpolitische Abhängigkeit vom Senat mit Blick auf die großen Haushaltsrisiken. Manche Bezirke sind bereits jetzt kaum noch finanziell handlungsfähig. Reinickendorf steht im Bezirksvergleich besser da, was aber auch daran liegt, dass die sozialen Bedarfe hier nicht so riesig sind wie in der Innenstadt. Aber auch für unseren Bezirkshaushalt gilt, was unsere Bezirksbürgermeisterin im Haushaltsauschuss folgendermaßen zusammengefasst hat: Zitat 1 „Es fehlt an allen Ecken und Enden“ und Zitat 2 „Es ist ein Haushalt an der Schmerzgrenze“.

Vor diesem Hintergrund ist bei der Haushaltsaufstellung in Reinickendorf insbesondere im sozialen Bereich nur Verteidigungskampf möglich gewesen. Zwar wurde auch da bei einzelnen Titeln gekürzt und bspw. bei der Schuldner- & Insolvenzberatung, obwohl auch in diesem Bereich der Bedarf steigt, aber es ist uns gelungen, zu verhindern, dass in Reinickendorf ganze Angebote, Projekte und bürgernahe Dienstleistungen komplett weggekürzt werden und gab keine vergleichbaren Einschnitte bei freiwilligen sozialen Leistungen wie in vielen anderen Bezirken. Das ist gut so.

ABER wir befinden uns in krisenhaften Zeiten, in denen sich die soziale Frage alleine schon mit Blick auf die Entwicklung der Preise für Güter des täglichen Bedarfs im Verhältnis zur Lohnentwicklung immer weiter zuspitzt. Aus Linker Sicht reicht es da nicht aus, wenn die sozialen Angebote im Bezirk weitgehend aufrechterhalten werden, sondern müssen von den sozialen Bedarfen ausgehend zusätzliche öffentlich finanzierte Angebote z.B. für unabhängige Sozialberatung, Straßensozialarbeit, für die Unterbringung Wohnungsloser, für Drogensuchtprävention und -hilfe oder für Schutzräume für Frauen bei zunehmender Gewalt gegen Frauen gerade auch in Reinickendorf und vieles andere mehr geschaffen werden.

Die CDU-Fraktionsvorsitzende und ich hatten nach der 1. Lesung des Haushalts ein sehr offenes und ehrliches Gespräch. Im Ergebnis war klar, dass das Minimum dessen, was der Einzelverordnete für Die Linke, dessen eine Stimme nicht für die Mehrheitsfindung benötigt wird, an Aufwüchsen im sozialen Bereich nach Hause bringen muss, um sich im Gegenzug für diesen strukturell unterfinanzierten Haushalt in Mithaftung nehmen zu lassen, nicht verhandelbar ist. Für einen winzigen kosmetischen Eingriff wie die 30.000 Euro für öffentliche Grillplätze, die der FDP als einzige eigene Forderung gereicht haben, um sich in Mithaftung nehmen zu lassen, kann Die Linke jedenfalls sicher nicht zustimmen.

Für die CDU, die bei besserer Haushaltslage in früheren Zeiten immer den Anspruch hatte, in den Verhandlungen die Zustimmung aller in der BVV vertretenen demokratischen Parteien zum Haushalt zu erzielen, schien es diesmal offenbar rationaler, mit allen einzeln zu verhandeln, bis eine Mehrheit steht, die den Haushalt möglichst wenig belastet. Diesem Vorgehen ist die aus meiner Sicht weitgehend sehr gute Nachschiebeliste der SPD leider zum Opfer gefallen, sobald eine Verständigung zwischen CDU und Grünen erzielt wurde bzw. den Grünen von der CDU die Personalmittel für zwei Stellen bei ihrer Stadträtin gewährt wurden.

Nicht nur waren keine relevanten zusätzlichen Angebote im sozialen Bereich verhandelbar. Hinzukommt, dass im aktuellen Haushalt sehr viele, gerade aus Linker Sicht sehr wichtige Personalstellen fehlen. Ja, es gab einen Netto- Personalaufwuchs von 29 Stellen und kommen womöglich mit der Nachschiebeliste von CDU und Grünen noch ein paar wenige dazu. Zu Zeiten der rot-grün-roten Landesregierung hatten wir aber auch schon einen Haushalt, wo auf einen Schlag rund 150 Personalstellen geschaffen werden konnten. Ich finde es sinnvoll, dass 7,5 zusätzliche Stellen in den Bürgerämtern oder zwei Stellen zur Beschleunigung von Stellenbesetzungen angesichts der Personalrekrutierungsprobleme des BA oder 2 Schulhausmeisterstellen angesichts der aktuellen Situation wo zum Teil ein Schulhausmeister vier Schulen gleichzeitig betreut, geschaffen werden. Aber und das ist jetzt noch nicht die Wunschliste für Personalstellen der Linken, sondern nach Einschätzung des Bezirksamts fehlen u.a. 6 zusätzliche Stellen im Sozialamt, damit Menschen, denen das Wasser bis zum Hals steht, nicht wochenlang auf ihnen zustehende Sozialleistungen warten müssen und dabei in große Schwierigkeiten und Existenzangst geraten.

Oder im Bereich Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, wo nach Einschätzung des BA Stellen fehlen in der Bauaufsicht, in der Wohnungsaufsicht, beim Denkmalschutz, zur Entwicklung der eigenen Liegenschaften, zur Bekämpfung von Leerstand und brachliegenden Baugrundstücken aus spekulativen Gründen, zur Bekämpfung von Mietwucher nach Paragraf 5 Wirtschaftsstrafgesetz, für Wärmeplanung, Infrastrukturplanung, Städtebauförderung und für den Milieuschutz. Wenn in Folge des von Die Linke herbeigeführten BVV- Beschlusses zur Ausweitung des Milieuschutzgebietes in Reinickendorf-Ost die Ergebnisse der vertiefenden Untersuchung vorliegen und eine soziale Erhaltungssatzung auf den vergrößerten Bereich angewandt werden soll, fehlt es an Personal im BA dies umzusetzen. Mit Blick auf die Bekämpfung von Leerstand und Mietwucher sowie für mehr Milieuschutz bleibt der Mieterschutz wegen Ressourcenmangels auf der Strecke. Weshalb sollte Die Linke diesem Haushalt zustimmen?

Weil die Grünen für ihr Ja zum Haushalt durchsetzen konnten, dass zwei Stellen zur Bearbeitung von Anträgen und Genehmigungen im Zusammenhang mit der Nachnutzung von TXL durchsetzen konnten? Das Schumacher-Quartier und die UTR sind unbestreitbar von gesamtstädtischer Bedeutung und aus diesem Grund erfolgt die Entwicklung ja auch nicht durch das BA, sondern liegt die Planungskompetenz beim Land. Folgerichtig müssen die Personalmittel für die benötigten Stellen für die Erteilung der notwendigen Genehmigungen und damit sich das Mega-Projekt nicht verzögert, selbstverständlich vom Senat zur Verfügung gestellt werden. Den jetzt eingeschlagenen Weg, diese Stellen mit Bezirksmitteln zu finanzieren, sehe ich kritisch, denn damit wird der Senat aus der Verantwortung entlassen und die Verhandlungsposition des Bezirksamts gegenüber dem Senat m.E. geschwächt.

Hinzu kommt, dass durch den auf diese Weise zustande gekommenen Deal zwischen CDU und Grünen in buchstäblich letzter Minute vor der Abstimmung im Haushaltsausschuss alle Prioritäten im sozialen Bereich und Jugendbereich auf der Nachschiebeliste der SPD geopfert und sehr fragwürdige Einsparmaßnahmen von CDU, FDP, Grünen und AfD beschlossen wurden. Erstmals gibt es nach der Verhandlungsrunde der Fraktionen dank den genannten Parteien nix zusätzlich im sozialen Bereich. Keine personelle Verstärkung im Sozialamt, die die Nachschiebeliste der SPD richtigerweise vorsah. Keine Personalstelle im Bereich der HzE-Fachsteuerung, die angesichts komplexer und teurer Fälle, passgenaue Steuerungsmaßnahmen erarbeitet und sich nicht nur gegenfinanziert hätte, sondern dem Bezirk noch Geld hätte sparen können, weil sie geholfen hätte, den HzE-Kostenanstieg abzuflachen.

Und erneut wird diesmal dank Jamaika die Stelle mit dem Schwerpunkt Mädchenarbeit und für Sexualberatung junger Frauen in der Rollbergesiedlung und nahe liegender Weise im Streethouse wieder nicht geschaffen, für die ich mich bereits in früheren Haushaltsberatungen mit Nachdruck eingesetzt hatte und obwohl im Jugendförderplan 2022-25 steht, dass diese Stelle 2023 eingerichtet wird und obwohl wir damit unseren eigenen Qualitätsstandards für Jugendfreizeiteinrichtungen nicht entsprechen. Es ist ein Trauerspiel!

Kommen wir zu den zusätzlichen Ausgabenkürzungen, die die Nachschiebeliste von CDU, Grünen und FDP vorsieht: Da wird bei den Bauvorbereitungsmitteln gekürzt, weil man davon ausgeht, dass diese ohnehin nicht ausgeschöpft werden. Das wirkt wie Kapitulation und das im Bezirk mit den schlechtesten Bauzahlen. Die BVV beschließt vor der Sommerpause mehr Hitzeschutz, aber jetzt streicht Jamaika Finanzmittel für Sonnenschutz für vulnerable Gruppen. Das Bezirksamt muss ein noch attraktiverer Arbeitgeber werden angesichts von Personalfluktuation und unbesetzten Stellen, aber Jamaika kürzt die Mittel für die Beschäftigtenvertretung. Niemals in der Geschichte der BRD gab es so viel Armut bei Kindern und Jugendlichen, aber Jamaika kürzt bei Gruppenreisen für benachteiligte Jugendliche im Rahmen der Jugendsozialarbeit, auch wenn ich meine, dass der Titel einnahmebasiert und fiktiv ist und nach meinem Verständnis haushaltstechnisch gar nicht gekürzt werden kann und es davon abhängt, ob bei einer bezirklichen Gruppenreise von Eltern eingezahlt wird.

Und dafür auf der Habenseite zwei Personalstellen, die der Senat finanzieren müsste und ein bisschen Spielgeld für die FDP. Die CDU hat ihre Punkte gemacht und mehr Mittel für Baumpflege und personelle Verstärkung bei den Schulhausmeistern finde ich sinnvoll. Insgesamt ist das aber m.E. ein schwaches Verhandlungsergebnis für die BVV insgesamt gegenüber dem Haushaltsentwurf des BA. Da steigt dann sogar die SPD-Fraktion aus, die noch nie einem Haushalt die Zustimmung verweigert hat. Dass es nach den Wahlen 2026 für Jamaika reichen könnte, halte ich für eine Illusion.

Meines Erachtens ist der Haushalt durch die Jamaika-Nachschiebeliste verschlimmbessert worden und ich lehne diese ab. Der Nachschiebeliste der SPD werde ich hingegen zustimmen, weil sich dort viele auch meiner Prioritäten wiederfinden. Beim Haushalt stimme ich mit Nein. Ich möchte nicht in Mithaftung genommen werden für das Kaputtsparen unseres Bezirks durch den Sparsenat und ohne jegliche Zuwächse im sozialen Bereich in Zeiten der Krise."