Wahlen zum Europaparlament
Wir in Reinickendorf • 05/2004

Am 13. Juni 2004 finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Die PDS hat auf ihrem Berliner Parteitag am 31. Januar ihr Wahlprogramm und 1. Februar auf der VertreterInnenversammlung die Liste ihrer Kandidatinnen und Kadidaten verabschiedet.
„WiR“ stellt in dieser, der vorigen und der nächsten Ausgabe auszugsweise einige KadidatInnen und Schwerpunkte des Wahlprogramms vor. 

Alternativen sind machbar - ein soziales Europa ist möglich

Antworten von Sahra Wagenknecht

Weitere zehn Länder sind der EU beigetreten. Wortführer der deutschen Wirtschaft erläuterten bei dieser Gelegenheit, wie Deutschland an die Neuen anzupassen sei: Erstens „Flexibilisierung“ von Löhnen und Arbeitszeit, zweitens noch mehr private Risikovorsorge und drittens weitere Senkung von Unternehmenssteuern. Was setzt die PDS dagegen?

Ein anderes Europa ist möglich. Eine Koordination der Steuerpolitik, die Mindestsätze in der Besteuerung von Gewinn und Vermögen bindend festschreibt, wäre eine sinnvolle Alternative zum Dumping-Wettlauf, in dem das Land mit den jeweils niedrigsten Steuern die anderen unter Zugzwang setzt.

Gesetzliche Mindestlöhne deutlich oberhalb des derzeitigen Niveaus in Osteuropa wären ein gangbarer Weg, arbeitsplatzvernichtende Produktionsverlagerungen zu verhindern. EU-Subventionen wären zur Förderung und Modernisierung der vorhandenen Betriebe in Osteuropa besser angelegt und könnten nicht zuletzt solche Mindestlöhne auch in Kleinunternehmen sichern.

Eine europäischen Sozialunion, die soziale Standards auf oberem Level einheitlich regelt, würde weit eher zu Wohlstand und Wachstum führen als entfesselte Profitmaximierung.

Das würde auch dem deutschen Arbeitnehmer mehr Sicherheit geben. Hältst Du das für machbar?

Ich möchte mich dafür engagieren, gemeinsam mit anderen europäischen Linksparteien gesamteuropäische gesellschaftliche Alternativen zu erarbeiten. Kurzfristig machbare und längerfristige, grundlegende, sozialistische. Allerdings setzt das voraus, dass machtvolle, breite, europaweit vernetzte Gegenbewegungen entstehen, die stark genug sind, solche Änderungen zu erzwingen. Und die sich auch nicht verbieten lassen, über europäische Perspektiven jenseits des kapitalistischen Wirtschaftssystems nachzudenken.

Verabschiedest Du Dich im Falle eines Erfolgs aus der deutschen Politik nach Brüssel und Strasbourg?

Auch Widerstand gegen die rotgrüne Bundespolitik ist ein Thema von europäischer Relevanz. Denn mit der Schröder-Regierung ist Deutschland längst zu einem der Motoren europaweiten Sozialabbaus geworden. Gegenwehr gegen diese Politik wird für mich auch als EU-Abgeordnete wesentliches Ziel bleiben. Ich möchte dazu beitragen, dass die PDS als Opposition gegen Sozialraub in all seinen Facetten wieder schärferes Profil gewinnt.

Auf PDS-Liste ins Europa-Parlament

Sahra Wagenknecht (Listenplatz 5)

Politische Ziele: Die Frage nach politischer und wirtschaftlichen Alternativen stellt sich in zunehmendem Maß im europäischen Maßstab, weil Regierungen und Wirtschaftslobbys Brüsseler Verträge, die sie selbst mit beschlossen haben, als Vorwand für Sozialraub, Deregulierung und Privatisierungen nutzen. Ich möchte beitragen, die politischen Kräfteverhältnisse in Europa zu verändern, so dass Umverteilung von oben nach unten wieder durchsetzbar wird.

Biografische Angaben: Geboren 1969 in Jena. 1988 Abitur in Berlin. 1990 bis 1996 Studium der Philosophie und Neueren Deutschen Literatur in Jena, Berlin und Groningen. Zur Zeit Dissertation in Volkswirtschaftslehre.

Politischer Werdegang: 1989 - in der Auseinandersetzung zwischen Parteimitgliedschaft und Parteiführung - Eintritt in die SED, später PDS. Seit 1991 Mitglied der Kommunistischen Plattform der PDS. 1998 Direktkandidatin der PDS zur Bundestagswahl in Dortmund. 1991-1995 und seit Oktober 2000 Mitglied des PDS-Parteivorstandes.