Im Oktober 1999 den Wechsel wagen!

Wahlaussagen der Reinickendorfer PDS für die Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung am 10. Oktober 1999

Bürgerbrief

Liebe Bürgerin, lieber Bürger,

es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Partei des Demokratischen Sozialismus am 10. Oktober 1999 zum ersten Mal in die Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung einzieht. Auch im Westen ist die PDS im Kommen.

Und außerdem: Es sind nur noch drei Prozent der abgegebenen Stimmen notwendig, um dieses Ziel zu erreichen.

Viele Wählerinnen und Wähler der SPD und der Grünen suchen nach den Enttäuschungen der letzten Monate eine Alternative, eine wirklichen Wechsel weg von der Politik die nur noch für die Besitzenden und Vermögenden Partei ergreift. Sie suchen eine Politik des Widerstandes gegen Demokratie- und Sozialabbau. Eine Wahl der PDS bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Stimme für mehr Demokratie, für mehr Arbeit, soziale Gerechtigkeit und für mehr Solidarität abzugeben.

Heute kann keine Partei für sich allein in Anspruch nehmen, den Königsweg für die Lösung aller Probleme in der Kommunalpolitik zu kennen und zu verwirklichen. Wir wollen eine sachgerechte Politik machen, die gestaltet und aktiviert, die Bürgerinnen mit Sorgen und Wünschen ernst nimmt und ihre Beteiligungsrechte stärkt. Die Handlungsfähigkeit des Bezirksamtes und der BVV darf nicht durch Haushaltsbeschränkungen immer stärker eingeengt werden.

Mit Blick auf die außenpolitischen Ereignisse des Frühjahrs 1999 halten wir es auch hier für geboten, darauf hinzuweisen, daß die PDS die konsequente Friedenspartei ist und bleibt.

Ihre PDS Reinickendorf

Im Oktober 1999 den Wechsel wagen!

Wahlaussagen der Reinickendorfer PDS für die Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung am 10. Oktober 1999

I. Neue Mehrheiten für Reinickendorf

 

II. Demokratie fängt von unten an: Stärkung der bezirklichen Selbstverwaltung

 

III. Neue Arbeit für Reinickendorf

 

IV. Reinickendorf für Alle: Stadtentwicklung und Verkehr

 

V. Lebensqualität im Bezirk braucht einesolidarische, kinderfreundliche und umweltschonende Politik.

 

VI. Ohne Frauen läuft garnichts

 

VII. Schulpolitik

 

VIII. Integration statt Ausgrenzung

 

IX. Nachbarschaften fördern und den Zusammenhalt stärken



I. Neue Mehrheiten für Reinickendorf

Im Bezirk hatte bisher die CDU die absolute Mehrheit. Sie hatte die Mehrheit im Bezirksamt und in der Bezirksverordnetenversammlung. Wir jedenfalls sind der Meinung: es muß eine neue Mehrheit im Bezirksamt und in der Bezirksverordnetenversammlung her. Darüber entscheiden Sie am 10. Oktober 1999. Und Sie entscheiden darüber, ob eine andere Zusammensetzung in den bezirklichen Gremien auch eine andere Politik bedeutet. Wir meinen: es muß Schluß sein mit einer Politik, die auf die Ausgrenzung von Menschen setzt. Wir wollen das Interesse der Reinickendorferinnen und Reinickendorfer an Ihrem Bezirk stärken, die Abwanderung stoppen und dabei niemanden ausschließen, weil er oder sie vielleicht dem Image vom wohlhabenden Vorort der Hauptstadt schaden könnte.

Wozu neue Mehrheiten gut sind

Ohne eigene Ansprüche auf Positionen im Bezirksamt zu erheben, ist die Reinickendorfer PDS bereit, zusammen mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen die CDU-Bürgermeisterin abzulösen. Durch die Bildung einer Zählgemeinschaft ist ein gangbarer Weg dafür vorhanden.

Neue Mehrheiten sind für uns jedoch nicht nur auf neue parteipolitische Konstellationen beschränkt. Wir wollen mehr Bürgerbeteiligung; erweiterte Rede- und Antragsrecht für Bürgerinnen und Bürger sowie von Bürgerinitiativen und -vertretungen. Bürgerinnen und Bürger sollen selbst ihre Anliegen in die BVV einbringen können. Dies muß in einer neuen Geschäftsordnung der BVV garantiert werden.


II. Demokratie fängt von unten an: Stärkung der bezirklichen Selbstverwaltung.

Die Gestaltungsspielräume der Bezirke wurden durch die Große Koalition drastisch eingeengt. Obwohl wesentliche Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger vorrangig in den Bezirken erbracht werden, wurden ihre finanziellen Möglichkeiten immer weiter beschnitten. Die verfassungsmäßig zugesicherte bezirkliche Selbstverwaltung reduziert sich somit zunehmend auf die Verwaltung des Mangels an Geld und Personal.

Gerade dort, wo den Bezirken die Aufgabe zukommt, die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger bedarfsgerecht zu gestalten werden ihre Möglichkeiten immer stärker beschnitten. Die Wahrnahme von wichtigen, sog. freiwilligen Aufgaben, wie den Erhalt von Kinder- und Jugendeinrichtungen, die Sanierung von Schulen, die gesundheitliche Betreuung und die Angebote für die älteren Menschen wird immer schwieriger. Diese Politik hat in den Bezirken irreparable Schäden hinterlassen.

Mit der Gebietsreform wird dieser unheilvolle Prozeß fortgesetzt: Es entstehen zwölf Bezirke mit Einwohnerzahlen von Großstädten, in denen aber die politischen Selbstverwaltungsorgane über weniger eigenständige Rechte verfügen als in jeder kleinen Landgemeinde. Durch ihre einseitige Ausrichtung auf den Kostenaspekt läuft die Verwaltungsreform immer mehr auf die Legitimation für Personal- und Leistungsabbau in den Bezirken hinaus.

Hauptanliegen der PDS ist es, die bezirkliche Selbstverwaltung auszubauen und zu stärken.

Dabei setzen wir auf:

Mehr Transparenz. Für gläserne Rathäuser. Wir wollen dafür sorgen, dass BVV und Bezirksamt öffentliche Bürger- und Einwohnerfragestunden regelmäßig durchführen.

Die Erweiterung der politischen Rechte der Bezirksverordneten(Akteneinsichtsrecht für BVV-Mitglieder, die Erweiterung des Zuständigkeitskatalogs der BVV z.B. auf Entscheidungen über den Erwerb und die Veräußerung von bezirklichen Grundstücken und Grundvermögen).

Erhöhung der Verbindlichkeit von BVV-Entscheidungen gegenüber dem Bezirksamt, insbesondere in der Haushaltsdurchführung, zu konzentrieren; das schließt für uns die Einführung moderner Verwaltungsmethoden ein (Zielvereinbarungen).

Ausbau der Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit im Rahmen der Verwaltungsreform. Ausbau eines dichten Netzes von Bürgerämtern; Verlagerung von Paß-, Melde-, Ausländer- und Führerscheinangelegenheiten in die Bürgerämter.

Die Förderung des freiwilligen bürgerschaftliches Engagements.

Eine Gleichstellung Reinickendorfs mit den Brandenburger Nachbargemeinden in den Fragen der Landschaftsplanung und Raumordnung. Nur eine „Planung von unten“, d.h. die Entwicklung von Konzepten durch die Brandenburger Gemeinden, die angrenzenden Berliner Bezirke, deren Verbände, Vereine, Initiativen und Wirtschaftsvertretern, kann verhindern, daß die weitere Zersiedelung gestoppt werden kann.

Selbstbewußte Interessenvertretung gegenüber dem Senat. Die PDS Reinickendorf weiß, daß eine Stärkung der bezirklichen Kompetenz und mehr demokratische Beteiligung Geld kosten. Öffentliches Geld aber ist in Berlin knapp, in den letzten Jahren wurde besonders auf Kosten der Bezirke gespart. Wir meinen: Schluß mit der Erfüllungs- und Vollstreckungsmentalität in der Kommunalpolitik, wagen wir den Konflikt mit dem Senat!.

Bezirkliche Finanzreserven müssen den sozialen Belangen der Bürger zu Gute kommen. Das Bezirksamt hat mit dem Abbau von sogenannten freiwilligen Leistungen und begünstigt durch einen großen Bestand an verkäuflichen Grundstücken seine Finanzkrise ein Stück weit hinausschieben bzw. Reserven bilden können. Dieses Geld muß jetzt eingesetzt werden.

Das politische Bezirksamt so schnell als möglich einführen. Das Proporzbezirksamt ist ein Relikt obrigkeitsstaatlichen Denkens und ein Ausfluß eines tiefen Mißtrauens gegenüber der Parteiendemokratie, wie sie das Grundgesetz will.

Deshalb auch ist die Mehrheit zur Abwahl eines Mitgliedes des Bezirksamtes auch so hoch, daß dies nur selten gelingt. Alle Politiker müssen in einer Demokratie jedoch damit leben können, dass sie leichter als bisher ihres Amtes verlustig gehen können. Wir sind der Meinung, daß die Bürgerinnen und Bürger Parteien, die nicht ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechend gearbeitet haben, leichter in die Opposition schicken können, um einer neuen Koalition von politischen Kräften die Verantwortung zu übertragen.


III. Neue Arbeit für Reinickendorf

Berlin braucht eine neue Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Strukturpolitik, ökologischer Umbau, Wissenschafts- und Forschungspolitik müssen miteinander verknüpft werden. Arbeit und Einkommen müssen solidarisch umverteilt werden. Weil der Markt allein nicht mehr und bessere Jobs schafft, ist ein Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor nötig. All das ist allemal billiger als die Finanzierung von Arbeitslosigkeit.

In Reinickendorf sind derzeit ca. mehr als 16 000 Menschen arbeitslos. Die Schaffung von existenzsichernden Arbeitsplätzen ist eine der drängendsten Aufgaben auch in diesem Bezirk. In der BVV wollen wir unsere arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Aktivitäten deswegen auf folgende Projekte konzentrieren:

Aufbau einer lokalen Beschäftigungspolitik

Die Bezirke müssen mehr Kompetenz beim Einsatz von Investitionen und von Geldern für soziale, Bildungs- und Kulturangelegenheiten sowie bei der Förderung von Arbeitsmarktpolitik bekommen. Reinickendorf braucht eine lokale Beschäftigungsagentur, die Mittel aus den Fonds der Europäischen Union (EU) zu beantragen. Dies gilt auch, soweit möglich, für andere Programmteile des Arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramms (ARP). Reinickendorf muß frei verfügbare Anteile aus den Bundesmitteln, die Berlin aus dem Regionalfonds zur wirtschaftlichen Strukturförderung bezieht, erhalten. Aus all den genannten Mitteln wollen wir ein lokales Beschäftigungsprogramm auflegen. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen und lokale Projekte sollen durch EU-finanzierte Förderprogramme bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze unterstützt werden. Die Zuständigkeiten innerhalb der Bezirksverwaltung sind in einer Organisationseinheit (Amt) für Beschäftigungsförderung zu bündeln.

Pilotprojekte für den Einstieg in einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS).

ÖBS bedeutet, daß unbefristete tariflich bezahlte Arbeitsplätze vor allem im sozialen, kulturellen, ökologischen und technologischen Bereich entstehen sollen. Die Arbeit soll innerhalb von Vereinen, Gesellschaften oder Unternehmen geleistet werden, die gemeinnützig bzw. gemeinwesenorientiert arbeiten. Finanziert werden sollen sie aus neu zu schaffenden Fonds auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit und Steuergeldern gespeist werden. Über die Verteilung befinden Gremien, in denen Betroffene, Gewerkschaften, Verwaltung u. a. vertreten sind. den Freien Trägern und Initiativen, die sich in der gemeinwesenorientierten Arbeit bereits engagieren bzw. engagieren wollen, schlagen wir die Bildung eines Kommunalen Forums im Rahmen der „Agenda 21“ vor. Das kommunale Forum kann zusammen mit dem Bezirksamt und dem Arbeitsamt die Abstimmung aller Aktivitäten der lokalen Beschäftigungsförderung übernehmen.

Beschäftigungsorientierte Auftragspolitik.

Das Bezirksamt vergibt öffentliche Aufträge nur an solche Unternehmen, die Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung und Ausbildungsförderung nachweisen.

Beschäftigungsorientierte Personalpolitik im Bezirksamt

Das Bezirksamt als einer der größten Arbeitgeber im Bezirk prüft die Möglichkeiten die Anzahl der Ausbildungsplätze und die der Altersteilzeitarbeitsplätze zu erhöhen, um jungen Menschen eine Chance auf einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst zu geben.


IV. Reinickendorf für Alle: Stadtentwicklung und Verkehr

Reinickendorf erlebt derzeit einen dramatischen sozialen Wandel. Laut dem Sozialstrukturatlas des Senats rutschte der Bezirk vom Rang 5 unter allen Berliner Bezirken auf Rang 11 ab. Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner Reinickendorfs nimmt stetig ab, die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger von Sozialhilfe hat sich nahezu verdoppelt, die Zahl der Arbeitslosen steigt weiter. Auch Reinickendorf hat unter dem allgemeinen Strukturwandel, in Berlin besonders spürbar durch die Politik der Großen Koalition, zu leiden. Äußerungen der Bezirksbürgermeisterin legen die Vermutung nahe, sie ist der Meinung, es werde sich schon bessern, wenn die Altersstruktur durch den Tod der älteren Menschen verjüngt und ansonsten die Einwohnerschaft durch Zuzug aus Bonn „verbessert“ werde.

Die PDS fordert dagegen eine engagierte Politik im Sinne einer solidarischen Stadt, eines Bezirks für alle. Wesentliche Bausteine dafür sind: mehr Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger ihr Umfeld zu gestalten. Diese Aktivitäten brauchen Orte, d.h. Stadt- bzw. Ortsteilzentren, an denen die Verständigung über das Gewünschte und Gewollte für jede und jeden stattfinden kann. Und sie braucht eine Enwicklung des Öffentlichen Personennah- und -güterverkehrs in Abstimmung mit den Umlandkreisen, der das Auto oder den Lastkraftwagen weitgehend überflüssig macht. Dazu gehören die drastische Absenkung der BVG-Tarife, wie sie die PDS fordert, Straßenbahnen auch in Reinickendorf im engen Verbund mit den anderen Verkehrs­trägern und ein anderes Konzept für den Güterverkehr in Abstimmung mit den Umlandkreisen, vor allem um die Lkw’s aus den Wohngebieten zu verbannen. Der Ausbau der Ruppiner Chaussee ist für eine solche stadtverträgliche Politik das falsche Vorhaben.

Dagegen wäre aus unserer Sicht das Engagement aller bezirklichen Gremien für eine Verknüpfung der Straßenbahn mit den anderen Verkehrsträgern nach dem Karlsruher Modell aller Ehren wert. Sie böte mit der Nutzung der alten Industriebahngleise die Möglichkeit, die Straßenbahn ins Märkische Viertel zu bringen. Weiterhin könnte für die Verbindungen mit dem angrenzenden östlichen Bezirk und den Siedlungsgebieten des Umlandes auf weiteren Straßenausbau verzichtet werden ebenso auf einen weiteren Ausbau der U-Bahn. Wie im Falle des sehr gelobten Karslruher Modells bietet die Straßenbahn in Verbindung mit den Regionalbahnen ein sehr dichtes und flexibles Angebot zu verwirklichen.

Für die Zukunft Reinickendorfs ist die Schließung des Flughafens Tegel und die künftige Nutzung der Fläche von entscheidender Bedeutung. Wir sind für die Schließung, schon aus Sicherheitsgründen und weil das Leben vieler Menschen durch den Flugverkehr schwer beeinträchtigt wird. Wir wissen aber auch, dass am Flughafenbetrieb das Schicksal so mancher Firma hängt und damit viele Arbeitsplätze. Arbeitsplatzverluste zu verhindern, verlangt eine weit vorausschauende Politik und nicht das strukturkonservative Festhalten am Vorhandenen. Der Bezirk muss aktiven Einfluß auf die spätere Nutzung des Geländes nehmen. Sie darf nicht den Plänen der finanziell schwer angeschlagenen Flughafengesellschaft überlassen werden. Vor allen Dingen dann nicht, wenn die Privatisierung doch noch gelingen sollte. Auf dem Gelände des Flughafens Tegel ist genug Platz, um Wohnungen und Gewerbe sowie Grünflächen und Möglichkeiten einer sinnvollen Freizeitgestaltung durch Sport und Kultur unterzubringen. Aus unserer Sicht wird es in erster Linie darum gehen, solche Gewerbebetriebe dort anzusiedeln, die Ersatz für die wegfallenden Arbeitsplätze bieten.

Die Lebensqualität in den Ortsteilen Reinickendorfs, die durch Einzelhäuser geprägt sind, wird durch die immer weitere Verdichtung der Bebauung und den Durchgangsverkehr beeinträchtigt. Die Verlagerung des PKW- und LKW-Verkehrs auf den Umweltverbund bzw. die Schiene zusammen mit der Begrenzung des Durchgangsverkehrs kann für das zuletzt genannte Problem Abhilfe schaffen. Der Verdichtung wurde bereits in der Vergangenheit durch die Stadtentwicklung einiges entgegengesetzt. Die derzeitige Entspannung des Wohnungs- und Grundstücksmarktes ist zu nutzen, um diesen Weg konsequent weiter zu gehen.


V. Lebensqualität im Bezirk braucht eine solidarische, kinderfreundliche und umweltschonende Politik.

Die Reinickendorfer PDS steht für den Erhalt und den Ausbau eines bedarfsgerechten Netzes für soziale und gesundheitliche Beratung und Betreuung. Wir setzen uns dafür ein, daß die knappen Mittel des Bezirkes in soziale Infrastrukturen und nicht in Beton investiert werden. Entsprechend den Bedürfnissen und der Zusammensetzung der Bevölkerung geht es uns hier vor allem um den Erhalt der Seniorenfreizeitstätten und den Ausbau der Jugendeinrichtungen. Wir wenden uns gegen den zwangsweisen Arbeitseinsatz von Sozialhilfeempfängern und Flüchtlingen. Vielmehr sind Angebote für die freiwillige Arbeitsaufnahme im Rahmen des BSHG (Hilfe zur Arbeit) nach Kriterien der gemeinwesenorientierten Arbeit in der Zuständigkeit der Organisationseinheit für Beschäftigungsförderung zu formulieren.

Reinickendorf soll ins „Netzwerk Gesunder Städte“

In Berlin sind die Bezirke Charlottenburg, Wedding, Hohenschönhausen, Hellersdorf, Marzahn und Lichtenberg Mitglieder im „Netzwerk Gesunder Städte“. Auch Treptow und Kreuzberg wollen beitreten. Vor allem die CDU-geführten Bezirksämter sträuben sich dagegen, dem Netzwerk beizutreten. Mit dem Beitritt ins Netzwerk ergeben sich für den Bezirk bestimmte Verpflichtungen im Bereich der Gesundheitsförderung. Das betrifft z.B. gesundheitlichen Interessen von Frauen, den verantwortungsvollen Umgang mit Drogen oder z.B. die Kampagne „Gesunde Mobilität“. Wir meinen: Höchste Zeit, dass Reinickendorf da mitmacht. Gesundheitspolitik gehört gestaltet und nicht nur verwaltet.

Kinder und Jugendliche an die Macht

Kinderfreundlichkeit ist für uns ein entscheidender Maßstab für Lebensqualität. Zehntausende Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, haben in den letzten Jahren mit den Füßen über die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik des Senats abgestimmt: Sie sind aus Berlin weggezogen. Unser Ziel ist, dass Berlin eine kinderfreundliche Stadt wird. Das aktive Wahlalter soll auf 16 Jahre herabgesetzt werden.

Für Reinickendorf heißt das vor allem:

  • Kinder und Jugendliche müssen über alle sie betreffende Fragen mitreden und mitentscheiden können. Sie brauchen einen ungehinderten Zugang zur Öffentlichkeit; Schülerzeitungen dürfen nicht zensiert werden.
  • Für alle Kinder bis zum 12. Lebensjahr muß die Ganztagsbetreuung gesichert werden. In den Kindertagesstätten muß die Qualität des Essensangbotes verbessert. Die Vergabe an Fremdfirmen hat sich nicht bewährt und sollte beendet werden.
  • Das Bezirksamt hat sich an die Vorgabe des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zu halten und mindestens 10 Prozent des Jugendhilfeetats für die Projekte der Kinder- und Jugendarbeit einzustellen.
  • Aus dem Straßenverkehr resultieren nach wie vor erhebliche Gefahren für die Gesundheit von Kindern und Sorgen für die Familien. Deswegen setzen wir uns für verstärkte Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und -vermeidung und für sichere Schulwege ein.

Kultur und Sport fördern und sichern

Kulturarbeit im Bezirk muß durch Landeskulturgesetz abgesichert werden. Inverstoren müssen zum Sponsoring von Kunstwerken im öffentlichen Raum herangezogen werden.

Bildung eines Kulturfördervereins für die im Bezirks ansässigen freien Träger und Projekte.

Für eine akzeptierende Drogenpolitik im Bezirk

Die Folgen der herrschenden Drogenpolitik sind offensichtlich: Krankheit, Beschaffungskriminalität, soziale Ausgrenzung und eine erhebliche Belastung des Umfelds jener Orte, die über eine Drogenszene verfügen. Wir meinen, dass das Drogenproblem nicht durch Repression, Polizei und Intoleranz gegenüber DrogenbenutzerInnen bzw. Suchtabhängigen zu lösen ist.

Deswegen setzen wir auf:

  • Niederigschwellige Hilfsangebote für Drogenabhängige
  • Jugendliche müssen die Möglichkeit erhalten, einen selbstbestimmten und verantwortungsbewußten Umgang mit Rauschmitteln zu erlernen.
  • Drugcheckingprogramme zum Schutz der KonsumentInnen

Wir unterstützen alle rechtspolitischen Initiativen, die auf Bundesebene eine Freigabe von Cannabis als Genuß - und Arzneimittel unter Maßgabe des Kinder- und Jugendschutzes erreichen wollen.


VI. Ohne Frauen läuft gar nichts

Wir treten für eine Politik ein, die Entscheidungsfreiheit der Frauen und Mädchen in allen Bereich des öffentlichen und privaten Lebens stärkt und wirksame Schutz- und Sanktionsformen gegen Diskriminierungen einschließt.

Die Politik und so auch die Reinickendorfer Kommunalpolitik hat den Interessen und Problemen der alleinerziehenden Frauen mehr Aufmerksamkeit und Berücksichtigung entgegenzubringen. Das betrifft v.a. den Ausbau der Ganztagsbetreuung in den Kitas und Schulen.

Frauen müssen bei Arbeitsförderungsmaßnahmen entsprechend ihres Anteils an den Arbeitslosen berücksichtigt werden.

Existenzgründerinnen müssen durch die Kommunalpolitik Angebote der Förderung, der Beratung und der Fortbildung erhalten.

Frauen müssen an der Stadtplanung im Bezirk über dafür geeignete und in anderen Bezirken bereits erprobte Gremien beteiligt werden, z.B. einen Frauenbeirat.

Wir werden uns in der BVV auch dafür einsetzen, daß die Gleichstellungsbeauftragte des Bezirksamtes mehr Kompentenzen und eine für die Interessenvertretung von Frauen nötige Finanzausstattung erhält.


VII. Schulpolitik

Im Schulbereich hat die Rotstiftpolitik der CDU/SPD-Koalition zu erheblichen Einschränkungen geführt. Vor allem die Ausstattung mit Unterrichtsmitteln sowie die bauliche Unterhaltung der Schulen und Sportflächen sind davon verstärkt betroffen. Die unzureichende personelle Ausstattung führt an vielen Schulen zu vermehrtem Unterrichtsausfall.

Die PDS Reinickendorf fordert vom Senat Entscheidungen zu den Rahmenbedingungen der Schulentwicklung im Einklang mit den Zielstellungen der sozialen Stadtentwicklung. Nicht nur kleine Kinder brauchen kleine Klassen.

Die PDS Reinickendorf ünterstützt die vielfältigen Bemühungen der Schulen, durch differenzierte inhaltliche Angebote, Profile und Modellversuche den Schulstandort Reinickendorf auch überbezirklich attraktiv zu gestalten.

Volkshochschule und Musikschule sind für uns ein unverzichtbarer Bestandteil der kommunalen Bildungslandschaft. Wir treten gegen eine weitere Verschlechterung der personellen unjd finanziellen Ausstattung der Volkshochschule und der Musikschule ein.

Berlin krankt an einem Übermaß von Schulbürokratie. Das Landesschulamt muß aufgelöst und die volle bezirkliche Zuständigkeit für die Schulen wiederhergestellt werden, damit Planungen und Entscheidungsverläufe für die Betroffenen - Eltern, Schüler, aber auch Lehrer - nachvollziehbar und damit überprüfbar werden und dem Bezirk wieder Einflußmöglichkeiten auf die Schulnetzplanung gegeben sind. Für den Übergang in die Wissensgesellschaft brauchen die Reinickendorfer Schülerinnen und Schüler mehr Lehrer und bessere Ausstattung, aber keine kommerzielle Werbung an Schulen.

Die PDS Reinickendorf unterstützt die Bildung starker arbeitsfähiger Schüler-, Eltern- und Lehrervertretungen in den Schulen und im Bezirk. Wir setzen uns für die volle Wahrnehemung und Erweiterung der Beteiligungsrechte der Schulkonferenzen, Eltern- und Schülervertretungen sowie des Bezirksschulbeirates.


VIII. Integration statt Ausgrenzung

Wir treten für ein tolerantes und gleichberechtigtes Miteinander von Deutschen und Einwanderern ein. Wir wenden uns entschieden gegen die Haßkampagnen gegen das multikulturelle Berlin, die in den letzten Jahren namentlich von der Berliner CDU ausgegangen sind. Wir respektieren die Lebensleistungen der Einwanderer, ohne die diese Stadt und diese Gesellschaft nicht das wären, was sie sind. Wir treten für einen solidarischen und humanen Umgang mit Flüchtlingen ein; deswegen unterstützen wir alle Initiativen zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. In Reinickendorf leben ca. 23 000 Menschen ohne deutschen Pass. Wir finden, dass den Interessen dieser Bevölkerungsgruppe auch in der Kommunalpolitik besser Rechnung getragen werden muß. Das heißt für uns:

  • Ausbau der Integrationsförderung und der Angebote der zweisprachigen Erziehung in Kitas und Schulen.
  • Abbau des Staus an unbearbeiteten Einbürgerungsanträgen und Verkürzung der Bearbeitungszeiten. Es müssen mehr Bearbeiter für diese Aufgabe herangezogen werden.
  • Trotz des hohen Anteils an nichtdeutschen BürgerInnen im Bezirk, gibt es im Bezirksamt keine für die besonderen Belange dieser zuständige Stelle. Deswegen wollen wir in Reinickendorf ein Büro für MigrantInnen und ethnische Minderheiten einrichten, das Beratungsarbeit leistet und als eine Anlaufstelle für die Betroffenen, z.B. in Fällen von Diskriminierungen wirksam wird.
  • Durch das Asylbewerberleistungsgesetz entsteht für viele Flüchtlinge die Gefahr von Verelendung und Kriminalisierung. Mit Schleistungsversorgung und auf 60 - 80 Prozent abgesenkten Sozialleistungssätzen ist kein menschenwürdiges Leben möglich. Wir treten dafür ein, das bis zu einer möglichen Verbesserung des Gesetzeslage auf Bundesebene, die Entscheidungsspielräume des Sozialamtes generell zu gunsten der Flüchtlinge genutzt werden.

Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen

Die Reinickendorfer PDS betrachtet sich als Partnerin aller derjenigen Kräfte die eine aktive und aufklärerische antifaschistische Praxis im Bezirk wollen.

Auch wenn rechtsextremistische Parteien in Reinickendorf nur eine Splittergruppe darstellen, gewinnen die von ihnen vertretenen Ideologien weiter an Boden. Rechtsextremismus ist kein Randgruppenproblem und keine Angelegenheit, die an Polizei und Justiz weiter zu delegieren ist. Alle demokratischen Kräfte sind zur Auseinandersetzung gefordert. Das heisst für uns:

Das Erbe aller Strömungen des antifaschistischen Kampfes gegen die Nazi-Diktatur ist zu pflegen und zu fördern. Ein besonderes Anliegen ist es uns, Projekte zur Aufarbeitung der Geschichte der Patienten der Karl-Bonhoeffer-Klinik im Dritten Reich und zum Anteil der Ärzteschaft der Klinik an den Euthanasie-Morden zu fördern.

Durch eine entsprechende Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sind alle gesellschaftlichen Institutionen im Bezirk gegen Anzeichen rechtsextremer Bestrebungen, angefangen von nazistischen Symbolen und Musik bis hin zu Organisationen u.a. zu sensibilisieren.

Durch projektorientierte Unterrichts- und Veranstaltungsformen in Schulen und Jugendeinrichtungen müssen diejenigen Jugendlichen unterstützt werden, die sich aktiv mit dem Rechtsextremismus auseinandersetzen wollen.

Alle rechtlichen und gewerbeaufsichtsmäßigen Möglichkeiten gegen die Verbreitung rechtsextremer Tonträger müssen ausgeschöpft werden. Die Verbreitung rechtsextremer Tonträger in Jugendeinrichtungen ist nicht zu dulden.

Es sind alle rechtliche Möglichkeiten dagegen auszuschöpfen, dass rechtsextreme Parteien für ihre Veranstaltungen öffentliche Räume nutzen können.


IX. Nachbarschaft fördern und den Zusammenhalt stärken

Die Menschen sind nicht die Laien, sondern die Experten, wenn es darum geht, ihre Lebenswelt zu gestalten. Wir setzen darauf, den Prozeß der Lokalen Agenda 21 zu verstärken. Dabei sind solche Themen wie mehr Arbeit vor Ort und mehr soziale Gerechtigkeit beim Kampf gegen Armut und Ausgrenzung für uns die Schwerpunkte. Wir wollen aber auch, daß sich Solidarität für jeden lohnt und schlagen deshalb die Unterstützung von Verbrauchervereinen vor.

Ein besonderes Ärgernis für Mieterinnen und Mieter sowie der Hauseigentümer sind die in den letzten Jahren steigenden Preise für Wasser, Abwasser, Strom und Straßenreinigung. Inzwischen sind die sog. Wohnnebenkosten zur zweiten Miete geworden, die schneller steigt als die anderen Lebenshaltungskosten. Dazu gehören auch die Tarife der BVG.

Der skandalöse Ausverkauf des öffentlichen Eigentums, die Privatisierung von BEWAG und BWB, der drohende Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften, führen zu Massenentlassungen. Lediglich der Konkurs des Landes Berlin soll damit verschleppt werden.

Täglich werden jetzt Preissenkungen versprochen. Doch die Verbraucherschützer warnen. Besonders die Hauseigentümer sollten sich mit der Unterstützung des Bezirksamtes in Verbrauchervereinen zusammenschließen, um bei solchen Geschäften nicht über den Tisch gezogen zu werden. Diese Vereine können dann die Interessenvertretung vor Ort verbessern. Sie werden der Kern einer neuen, gestärkten Nachbarschaft.


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