Wie weiter mit den Kitas?

Wir in Reinickendorf • 03/2002

Eigenbetrieb statt Übertragung an Freie Träger

»Kitas als Bildungseinrichtung«, so steht es im Koalitionsvertrag zwischen SPD und PDS. Das haben Eltern, ErzieherInnen, GewerkschafterInnen seit Jahren gefordert, dazu brauchten wir nicht erst die PISA-Studie. Das begrüßen wir. Doch was lesen wir ein paar Zeilen weiter?

Bis 2006 sollen 70 Prozent der kommunalen Kindertagesstätten an Freie Träger übertragen werden. Erst als Bildungseinrichtung aufgewertet, dann zum Freien Träger abgeschoben?

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich habe nichts gegen Freie Träger im Einzelnen. Da wird mit den Kindern genauso gut oder schlecht gearbeitet, wie woanders auch. Nein, es sind andere Gründe, die mich skeptisch machen:

  1. Wir sehen gerade in Reinickendorf, wie sehr die wichtige präventive Arbeit der Freien Träger gerade im Jugendbereich durch leere Kassen gefährdet ist.
  2. Bildungspolitik ist eine staatliche Aufgabe, da darf sich das Land Berlin nicht zurückziehen.
  3. Für die Angestellten besteht nach §613a BGB bei Betriebsübergang ein Widerspruchsrecht, die sog. Überhangsliste im öffentlichen Dienst wird enorm auffüllt. Wo, bitte schön, würde dann gespart?

Welche Fragen stellen sich bei einer Betriebsübernahme für Eltern und Angestellte? Ist der Träger konfessionell- oder anderweitig tendenziell gebunden? Welche Konzeption hat er? Für welchen Zeitraum wird die Weiterbeschäftigung beschlossen? Werden die Wirtschaftskräfte und Köche/innen übernommen? Wird die Vergütung in der bisherigen Höhe weitergezahlt? Wie sieht die Altersversorgung aus?

Weiter ist zu bedenken, dass bei jedem Trägerwechsel eine neue Betriebserlaubnis für die Einrichtung zu beantragen ist. Es müssen Ideen her, die u. a. auch das nach KJHG verbriefte Wahlrecht der Eltern im Hinblick auf die Einrichtungen berücksichtigen.

Weiter im Koalitionsvertrag: »Es wird geprüft, ob die Finanzierung der öffentlichen Kitas über Platzgeld realisiert werden kann«. Dazu muss als erstes eine Analyse über die Kosten eines Kita-Platzes in städtischer Trägerschaft durchgeführt werden. Eine Finanzierung städtischen Kitas entsprechend der Kostenrahmenvereinbarung ist akzeptabel, wenn strukturelle Unterschiede berücksichtigt werden.

Nachdenken könnte man z.B. über die Gründung eines landeseigenen Betriebes für Kitas. Das Land Berlin bliebe Arbeitgeber, alle tariflichen Rechte blieben bestehen, mit Ausnahme der Beschäftigungssicherungsvereinbarung. Das vom KJHG verbriefte Wahlrecht würde ebenfalls weiterbestehen. Und wo bliebe der Spareffekt? Zu den Kosten einer städtischen Kita zählen anteilsmäßig auch Verwaltungsabläufe im Bezirksamt. Der aufgeblähte Apparat könnte heruntergefahren werden. Dann würde endlich mal an den richtigen Stellen gespart und nicht an der Bildung und Erziehung unserer Kinder.