PDS - wie weiter nach Gera?
Wir in Reinickendorf • 11/2002

Pragmatische Politik mit Prinzipien

Im Gespräch
PDS-Bezirksvorsitzender Klaus Rathmann

Der Geraer Parteitag der PDS ist Geschichte. Seine Ergebnisse bestimmen die Debatte in der Partei. Übereinstimmung herrscht: Die PDS kann nach dem Wahldebakel nicht einfach so weiter arbeiten. Strittig bleibt: Wie kann verloren gegangenes Vertrauen der Wählerinnen und Wähler wiedergewonnen werden? Was ist zu tun, dass die Partei nicht auseinander bricht? Mitglieder der Reinickendorfer PDS  haben sich in Gera selbst ein Bild gemacht.

Berechtigte Sorgen

“Wir fühlen uns durch Gera bestätigt”, sagt Klaus Rathmann. Der langjährige Betriebsrat ist froh darüber, dass die alte und neue Parteivorsitzende Gabi Zimmer endlich einige Dinge beim Namen genannt hat. Er ist vor drei Jahren zur PDS gekommen- aus Enttäuschung über die Kriegsabenteuer der ersten rot- grünen Bundesregierung. Und um Widerstand gegen deren neoliberalen Kurs zu leisten. “Soziale Gerechtigkeit ist für mich ganz wichtig. Da darf es keine Abstriche geben.” Taktische Spielchen im Konstellationswahlkampf  zwischen Schröder und Stoiber und einige Entscheidungen des rot- roten Senats in Berlin hätten da Zweifel aufkommen lassen, wo die PDS eigentlich steht. Der Bezirksvorstand der  Reinickendorfer PDS hatte seine Sorgen bereits Ende Juli in einem offenen Brief an den PDS- Landesvorstand und die Mitglieder der PDS- Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus sowie an die Berliner Bezirksverbände ausgesprochen. “Unsere Sorgen gingen offenbar in der Hektik des Wahlkampfes unter. Der Brief wurde nicht beantwortet. Wurde er überhaupt gelesen?” Für Klaus Rathmann ist das keine Frage des Rechthabenwollens, sondern der fehlenden innerparteilichen Kommunikation.

Keine Besserwisser oder Nörgler

“Lasst nie wieder einen Vorstand allein!” hatte Gabi Zimmer in Gera von der PDS- Basis gefordert. Die Reinickendorfer PDS- so der Bezirksvorsitzende- nahm und nimmt das ernst, mischt sich ein, sagt ihre Meinung. “Wir stehen zur Regierungsbeteiligung der PDS in Berlin, wollen, dass das Projekt erfolgreich ist.” Wo PDS drauf steht, müsse aber auch PDS drin sein. Die Senatspolitik mit ihren sozialen Folgen für die Menschen in der Stadt, mit ihren Konsequenzen für die Bezirke werfe die Frage auf, ob es dazu keine Alternative gebe. Ob denn alles so gemacht werden müsse, wie es gemacht wird. Und natürlich wo die Grenzen sind, also was mit der PDS nicht zu machen ist.

Der Bezirksvorstand hatte deshalb für Anfang November zu einem Basistreffen eingeladen, um zur weiteren Klärung der Positionen im Landesverband und in der Gesamtpartei beizutragen. Er fühlte sich dazu durch ein Thesenpapier von PDS-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Stefan Liebich und die Erklärung des Landesvorstandes nach Gera bestärkt: Nämlich in der Aufgabe, sich für konkrete Reformprojekte in Stadt zu engagieren, die deutlicher die Handschrift der PDS zeigen. “Das Treffen war ein Anfang”, so Klaus Rathmann. ”Wir haben mit Dr. Stefan Krüger, Mitautor des “Alternativen Berlin- Konzepts”, über die Bedingungen und Erfordernisse für die Berliner Wirtschaft diskutiert. Wen es interessiert: Eine Mitschrift der Diskussion steht auf unserer internet- Seite. Wir machen weiter.”

Präsenz vor Ort

2 % der Wählerstimmen im Bezirk für die PDS sind unbefriedigend. Gründe dafür gibt es viele. Der Bezirksvorsitzende spricht über die eigene Verantwortung, das zu verändern: “In erster Linie müssen wir unsere kommunalpolitische Akzeptanz weiter erhöhen, unsere Positionen bei den sozialen Verbänden, Betroffeneninitiativen, Kriegsgegnern, bei den Bürgerinnen und Bürgern im Bezirk besser bekannt machen.” Seit den Berliner Wahlen 2001 habe sich manches getan. Wie versprochen, engagiere sich Renate Herranen als Einzelverordnete in der BVV für die Kinder und Jugendlichen, für soziale Projekte im Bezirk - auch wenn sie dabei manchmal in Widerspruch zu “ihrem” Senat gerate.  Glaubwürdigkeit sei ein hohes Gut für eine Partei- gerade in Zeiten der Abkehr vieler Wählerinnen und Wähler von der Politik, “da sich ja doch nichts ändert”. Die Reinickendorfer PDS will- so Klaus Rathmann- diesem Trend entgegenwirken. Sie ist offen für alle, die es nicht länger so hinnehmen wollen, wie es ist. Also, eine Partei für die und mit den Menschen.

Gespräch: Klaus Gloede