Ich war sprachlos und wollte doch schreien ...
Wir in Reinickendorf • 03/2003
Engagiert: eine Fotografin im Irak
Gabriele Senft, Jahrgang 1949, aus Belzig in Brandenburg, war wieder einmal verreist. Im sonnigen Süden, dort, wo es warm ist, wärmer als hier im kalten Berlin, im kalten Reinickendorf, war Gabriele Senft eine Woche auf Reisen. Im Winter, im Januar, und was sie uns mitgebracht hat, ist eine Sammlung Fotos.
Urlaub? Nein, nicht direkt. Im Gegenteil eigentlich, denn was sie dort gesucht und gesehen hat, ist wenig geeignet, nennenswerte Touristenströme anzuziehen. Sie war im Irak, und ihre Souvenirs lassen Böses ahnen. Sie hat die Elendsviertel in Basra besucht, Krankenhäuser, in welchen kranke Kinder warten, warten auf den Tod, denn heilen wird sie keiner können. Es fehlen Medikamente, medizinisches Gerät und ... Geld natürlich. Aber selbst dort, wo medizinische Lieferungen schon geordert und bezahlt sind, kommt die begehrte Wahre nicht an. Und das nicht etwa, weil ein paar skrupellose Geschäftemacher das teure Gut auf dunklen Kanälen in die eigene Tasche umleiten würden; nein, es ist eine ganze Riege von Geschäftemachern, die hier Todesurteile über Unschuldige verteilt wie Bonbons unter Kinder: es ist die britische Regierung. Sie verzögert die Lieferung dringend benötigter Medikamente an den Irak. Die Vorwegnahme des Krieges sozusagen mit anderen Mitteln.
Gabriele Senft war sprachlos. Sprachlos über die Hilflosigkeit und das Elend der Menschen, der Frauen und Kinder, die mit dem Übermut und der Raffgier von George Bush und Tony Blair doch nicht das Geringste zu tun haben, wenn man einmal davon absieht, das sie zufällig in einem Land leben, dessen reiche Ölvorräte den Neid derer wecken, die sich so gerne als Polizei der ganzen Welt aufspielen, ohne daß sie irgendwer darum gebeten hätte.
Eine Woche lang arbeitete Gabriele Senft in Basra, hier am Nabel der »Achse des Bösen«, ohne daß ihr auch nur ein Haar gekrümmt worden wäre.
Nick Wendt