Aus dem Rathaus
Wir in Reinickendorf • 10/2003

Nie sollst du mich befragen...

Baubeginn bei ALBA und eine seltsame Polemik zuvor

Am zweiten Wochenende dieses Monats wurde an der Markscheider Straße (Straße 3) der Grundstein gelegt für eine Müll-Aufbereitungsanlage der ALBA AG. Selbstverständlich gab es einen großen Bahnhof (siehe Tagespresse) und artige Reden, in denen Senat, Bezirksamt und Investor sich gegenseitig gutes Zusammenwirken bescheinigten.

Nicht ganz so artig klangen die Reden, als kurz zuvor in der Bezirksverordnetenversammlung die SPD-Fraktion mit einer Großen Anfrage einige zusammenfassende Auskünfte zu Umwelt- und Straßenbelastung der Anlage erbat. Es sei jetzt wohl ein bisschen spät für Bedenken, grantelte Baustadtrat Wegner (CDU); die SPD-Verordneten hätten besser ihren eigenen Senator Strieder befragen sollen, dessen Verwaltung sei doch Träger des Genehmigungsverfahrens. Etwas viel Polemik.

WIR stellte ein paar zusätzliche Fragen an Delia Hinz, umweltpolitische Spre­che­rin der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin.

Ist etwas dagegen einzuwenden, wenn die Bezirksverord­neten nach Abschluss des Geneh­migungsver­fahrens noch einmal Fragen stellen?

Absolut nichts, es ist immer auch Information für die Bürger. Und der Ansprechpartner der BVV ist nun einmal das Bezirksamt. Außerdem wird die BVV Bau und Betrieb der Anlage unter dem Gesichtspunkt zu begleiten haben, wie Interessen der Anwohner berührt werden.

Ist es rechtens, dass der Senat das Genehmigungsverfahren in seine Hand nahm?

Das ist durch das Bundes-Immissionsschutz-Gesetz so geregelt, wobei Stellungnahmen des Bezirks ordentlich eingeholt wurden. Übrigens ist das eine über­wa­chungs­­pflichtige Anlage, die Überwachung obliegt dem Senat. Und ALBA setzt eine erprobte Technologie ein.

Ein Verordneter von den Grünen wunderte sich, dass die Anlage jetzt viermal größer sei als das, was vor etwa einem Jahr den Bezirksverordneten vorgestellt worden wäre.

Ich begleite das Projekt schon länger, es handelte sich da immer um eine Kapazität von 160.000 t. Übrigens halte ich viel davon, sich die Sache an Ort und Stelle anzuschauen. Ich war schon ein einige Male bei der Projektleitung und habe gerade den nächsten Termin vereinbart. Das müsste einem Ausschuss der BVV auch möglich sein.

Beim Konzept für Zubringung und Abfuhr kann es aber tatsächlich mit einer Zeitbeschrän­kung - nur wochentags von 6 bis 22 Uhr - nicht getan sein?

Ein Verkehrskonzept kann noch nicht vorliegen, weil noch nicht klar ist, welcher Müll dort getrennt und vorgetrocknet wird, woher die Mengen kommen und wohin sie verbracht werden. ALBA entsorgt gegenwärtig nur Gewerbeabfälle. Der Senat wird aber demnächst rund 460.000 t Hausmüll zur Aufbereitung ausschreiben, weil 2005 nur noch vorbehandelter Müll deponiert werden darf. (Das Einsammeln von Hausmüll ist Monopol der BSR). Es ist zu erwarten, dass sich Alba an dieser Ausschreibung beteiligt. Dann wird man auch konkret über Einzugsgebiete und Transportwege verhandeln müssen.

H. Schuster