BVV-Splitter
Wir in Reinickendorf • 11/2005
43.Sitzung, 19.10.2005
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Unbeeindruckt von der Wahlniederlage im Bezirk, setzte die CDU wie bisher aufs „hohe Pferd“. „Bravo“-Rufe seiner Fraktionsgenossen begleiteten D. Steffel bei seiner Laudatio für das Reinickendorfer Bezirksamt (BA) als „führendes in Berlin“. Vorsichtige Kritik von SPD-Seite - nach dem Motto „Stimmen Sie mit mir überein, dass es gut wäre, wenn...?- wurde als „Unterstellung“ zurückgewiesen, das BA könnte etwa die Bürger nicht ausreichend und rechtzeitig informieren. Schulzendorfer Straße ließ grüßen. (Drs.-Nr. 1168/XVII). Anschließend weigerte sich die CDU, den Beschluss des Abgeordnetenhauses zu begrüßen, das Alter der Wahlberechtigten für die BVV auf 16 Jahre zu senken (Drs.-Nr. 1221/XVII).
Fünf Große Anfragen (GA) standen im Zentrum der Debatten.
Bezirksstadtrat Gaudszun (SPD) erläuterte, wie das BA trotz Streichung von 9,5 Personalstellen bis 2007 bei Schließung der Hermsdorfer Bibliothek das Angebot und die gute Qualität im Reinickendorfer Bibliothekswesen erhalten will. Die CDU verlangte die Vorlage eines Bibliotheks-Entwicklungskonzepts bis 31.1.2006. Zweifel aus anderen Fraktionen führten zur Überweisung des Antrags in den Kultur- und in den Haushaltsausschuss (Drs.-Nr. 1248/XVII).
Bezirksbürgermeisterin Wanjura (CDU) informierte über ein am 14.6.2005 unterzeichnetes gemeinsames Papier mit der Bürgerinitiative „Greenwichpromenade“, demzufolge das BA mit EU-Geldern (45 T €) ein Planungskonzept für einen Anleger für Flußkreuzschiffe in Tegel vorbereite. Eine Antwort nach Anleger- bzw. Passagierzahlen, d. h. nach dem Bedarf blieb sie schuldig, so dass bei SPD und B90 Erinnerungen an den „Realitätsverlust“ der CDU aus jüngster Vergangenheit (Stichwort „Seebrücke“) aufkamen. D. Steffel (CDU) philosophierte über den notwendigen Spagat des BA zwischen Anwohner-, Wirtschafts-, Natur- und Freizeitinteressen, wobei viele EU-Mittel „für ganz andere Dummheiten“ ausgegeben worden seien. Die BVV-Ausschüsse für Grünplanung und Wirtschaft wollen sich damit weiter befassen (Drs.-Nr. 1242/XVII).
Die FDP verwandelte ihre GA über PPP („public private partnership“) im Bezirk in eine Vorlesung darüber, wie öffentliche Aufgaben mit privatem Kapital gelöst werden könnten. Bürgermeisterin Wanjura hatte zuvor ihre Vision, kürzlich vorgetragen in einer Podiumsdiskussion der Industrie- und Handelskammer, wiederholt, den Investitionsstau in Höhe von 1,5 Mrd. € auf dem Gebiet der Bildung in Berlin mit PPP aufzulösen, und als Pilotprojekt dafür Reinickendorf angeboten. Für SPD-Fraktionschef Höhne war das angesichts früherer Positionen des BA eine „180°-Kehrtwende mit doppeltem Salto“ (Drs.-Nr.1250/XVII).
Eine unbefriedigende Vorlage des BA zur Kenntnisnahme über ein Gesamtkonzept für als besonders belastet ausgewiesene Kieze in Reinickendorf (Drs.-Nr.1018/XVII),von der BVV 2004 als Konsequenz aus dem Sozialstrukturatlas des Senats gefordert, veranlasste SPD und B90 erneut, ein koordiniertes Vorgehen des gesamten BA in Verantwortung der Bürgermeisterin unter Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Kräfte im Kiez anzumahnen. Frau Wanjura zeigte sich reuig und kündigte die Bildung einer verbindlicheren Projektgruppe, unterstützt durch eine neue Sozial- und Altenhilfeplanerin zum 15.11.,an. Der Gesundheitsausschuss wird sich weiter mit dem Thema befassen (Drs.-Nr. 1254/XVII).
Bezirksstadtrat Dr.Wegner (CDU) gab Auskunft über geplante Erweiterungen auf dem Flughafen Tegel (neue Passabfertigung, neuer Terminal), die nach Auffassung der zuständigen Senatsverwaltung nur eine Ausschöpfung der zugelassenen Gesamtkapazität darstellen und damit nicht planfeststellungspflichtig sind. Das BA sei nur baurechtlich involviert. SPD und B90 übten Kritik an der Erweiterung der Starts und Landungen und der wachsenden Lärmbelastungen für die Anwohner. Seitens der FDP wurde die Erweiterung als wirtschaftliche Chance für Berlin und Reinickendorf gepriesen. Ein Antrag von B90, die BVV solle die Erweiterung ablehnen, wurde durch einen den konkreten Anlass überspielenden Änderungsantragder CDU ausgehebelt. Danach bekräftigte die BVV allein mit den Stimmen der CDU gegen die FDP den Beschluss über die Schließung Tegels bei Inbetriebnahme von BBI. SPD und B90, die beiden Anträgen zustimmen wollten, wurde vom BVV-Vorsteher die Möglichkeit genommen.
K.G.