Sieh dich gut um, der Jobklau geht um
Wir in Reinickendorf • 12/2005
Belegschaft von JVC in Reinickendorf kämpft um ihre Arbeitsplätze
Sie wehren sich gegen die Schließung ihres Betriebes - mit einer Demonstration im Märkischen Viertel, mit einer Kundgebung vor dem Reinickendorfer Rathaus, mit einem Autokorso vom Betrieb zur japanischen Botschaft. Und sie zogen mit den bei Samsung und bei der FIAT-Baumaschinen-Tochter CNH gleichermaßen Bedrohten vor den Bundestag und das Rote Rathaus.
Bei der JVC Video Manufacturing Europe in der Quickborner Straße droht 225 von 235 Beschäftigten der Arbeitsplatzverlust. Die Mehrzahl sind Frauen oder Männer über 45, also in einem Alter, in dem man kaum wieder Arbeit findet.
Bei JVC werden aus Baugruppen Videorekorder und -kameras montiert und geprüft.Der Markt für diese Produkte schrumpfe und die Preise verfielen, begründet die Geschäftsführung den Konzernbeschluss. Betriebsratsvorsitzender Harald van Zuijlen sieht einen anderen Grund. Geräte mit DVI-Schnittstelle (zur Einspielung digitaler Videodaten) sind mit einem zehn Prozent höherem EU-Einfuhrzoll belegt als andere. Da hatte es sich für JVC durchaus rentiert, eine marktnahe Produktionsstätte zu unterhalten, trotz billigster Fertigung in Malaysia. Eine durchaus wünschenswerte Wirkung.
Jetzt allerdings ist die DVI-Schnittstelle durch USB ersetzt - und diese Schnittstelle steht nicht im Zollgesetz. Welche Lobby kümmert sich darum? Die großen, weltweit agierenden Unternehmen sind im Gegenteil daran interessiert, ohne jede Beschränkung auf jeden Markt zu kommen und sie sind zu Gegenleistung bereit - auf Kosten der nationalen Binnenwirtschaft.
Besonders unerträglich erscheint die kurze Zeitvorgabe für die Abwicklung der Arbeitsplätze bei JVC. Bis 31. Januar soll das geschehen sein. Offenkundig rechnet die Geschäftsführung ein, dass ab 1. Februar das Arbeitslosengeld I nur noch ein Jahr lang gezahlt wird. Wer aber bei früherem Eintritt der Arbeitslosigkeit noch Anspruch auf längere Zahlung hat, ist eventuell für eine schnelle Abwicklung mit billigen Abfindungen erpressbar.
Klaus Rathmann, Bezirksvorsitzender der Linkspartei.PDS in Reinickendorf, setzte sich nach einem Gespräch beim JVC-Betriebsrat mit den Abgeordneten seiner Partei im Europa-Parlament in Verbindung. Im Ergebnis und nach Rücksprache mit Herrn van Tuijlen prüft die EU-Abgeordnete Sahra Wagenknecht die Möglichkeit einer Intervention bezüglich der Einfuhrregelungen in Brüssel.
Hans Schuster