Einspruch für die „Flotte Lotte“
Wir in Reinickendorf • 3/2005
Neu im Amt: Brigitte Kowas, Frauenbeauftragte in Reinickendorf
So ziemlich als erstes hat sie Einspruch eingelegt. Das verhält sich so: Reinickendorf ist ein großer Bezirk. Aber er wird nicht als sozialer Brennpunkt angesehen, schließlich rangiert er in der Gewaltstatistik im unteren Drittel. Also hat der Senat im schönen grünen Norden den Rotstift angesetzt. Einrichtungen, die jahrelang eine vorzügliche Arbeit geleistet haben, wurden die Mittel für Betreuung und Beratung gestrichen. Das ist ein großer, nicht hinzunehmender Verlust. Was geschieht mit den Frauen, die vor häuslicher Gewalt fliehen und nichts dringender brauchen als ein einfühlsames Gespräch, oder wer kümmert sich um die Frauen, die nach längerer Auszeit wieder eine Arbeit suchen und bisher bei der „Flotten Lotte“ bestens beraten wurden. Frau Kowas ist der Meinung, dass auch in Not geratene Reinickendorfer Frauen Anspruch auf professionelle Hilfe haben.
Sie ist besorgt um die Betreuung von Kindern, deren Mütter lange arbeiten müssen, ebenso wie um Mädchenprojekte, die wegfallen sollen. Sie wird retten, was zu retten ist. Sie weiß, wie wichtig bürgerschaftlicher Kontakt und Zusammenhalt ist - es ist ein Stück Lebensqualität.
Sie hat es gemerkt, als sie eine Auszeit nach der Geburt ihres Sohnes Paul nahm - wenn auch nicht für lange, denn sie war gezwungen, für den Lebensunterhalt zu sorgen und arbeitete zeitweise freischaffend, später halbtags. Das hätte sie ohne Hilfe kaum gekonnt. Noch heute ist sie ihrer Mutter dankbar, die jederzeit einsprang, wenn ein wichtiger Termin anstand. Außerdem hat sie immer darauf geachtet, im Wohnumfeld persönliche Kontakte zu knüpfen. Sie hielt die Augen auf nach Familien in ähnlichen Situationen, organisierte Nachbarschaftshilfe und Bürgerinitiativen, so die Herrichtung eines heruntergekommenen Spielplatzes.
Inzwischen ist Paul elf und kann die Mutter schon mal entbehren.
Frau Kowas ist Sozialpädagogin mit Diplom. Schon mit 25 Jahren übernahm sie die Leitung eines Kinderheims in Kreuzberg. Viele der Mitarbeiterinnen verfügten über größere Lebens- und Berufserfahrung. Aber sie kam zurecht, weil sie feinfühlig im Umgang mit ihren Mitarbeitern war und bereit, von ihnen zu lernen. Es hat sie gefreut, dass einige ihrer früheren Kolleginnen angerufen und sie zu ihrer neuen Aufgabe beglückwünscht haben.
Im Jugendaufbauwerk Berlin hat sie später Pilotprojekte entwickelt und begleitet, war vorwiegend im Bereich Beratung tätig. Und nebenbei hat sie sich qualifiziert zur Mediatorin und Supervisorin.
Gerade ist sie dabei, die Veranstaltung zum Internationalen Frauentag vorzubereiten, die am 8. März in den Hallen am Borsigturm stattfindet. Frauen und Mädchen präsentieren hier ihre Arbeitsergebnisse und zeigen, was sie können. Für den 28. April wird der sogenannte „Girls Day“, der Mädchen-Zukunftstag, vorbereitet. An diesem Tag öffnen Unternehmen und Institutionen in der gesamten Bundesrepublik ihre Türen für Schülerinnen der 5. bis 10. Klassen, um sie auf berufliche Perspektiven hinzuweisen.
Und für all ihre anderen Pläne wünschen wir ihr Kraft und Durchsetzungsvermögen – und verlässliche Partner an der Seite.
Elfriede Schroth