Am Rande
Wir in Reinickendorf • 5/2005
Kulturkampf?
Vorweg: Der freiwillige Religionsunterricht an den Berliner Schulen wird bleiben. Die fast 49 Millionen Euro, die die Stadt sich das kosten lässt, werden nicht gekürzt - trotz des Finanznotstandes. Ungeachtet dessen klagen CDU und FDP: die Religion werde von den Schulen vertrieben. Und das, da Johannes Paul II. gerade verstorben und Deutschland Papstland geworden sei!
Weil nämlich unter dem Namen „Lebenskunde, Ethik und Religionen“ ein „Wertewischiwaschi“ als verbindliches Unterrichtsfach eingeführt werden solle. Weil nämlich der Staat keine ethischen Werte setzen dürfe (hat er längst gemacht, nachzulesen im Grundgesetz). Weil nämlich die Jugend feste Werte brauche (auch wenn sie sich nicht daran hielte, wie bei vorehelichem Geschlechtsverkehr und Verhütung). Weil nämlich nur Menschen Werte vermitteln könnten, „die eine Begegnung mit Jesus gehabt haben“. Letzteres ist O-Ton aus der BVV.
Über die Kenntnisse (keine Bekenntnisse, die stehen der Schule nicht an), die in dem neuen Fach vermittelt werden sollen, sprach niemand der empörten Damen und Herren. Könnte ja sein, in diesem Fach würde untersucht, welche Werte denn die großen Religionen gemeinsam haben (mit Aha-Effekt!) und welche nicht, die aber eventuell sogar im Grundgesetz stehen. Und was davon derzeit in Wirtschaft und Politik nur Lippenbekenntnis bleibt - und warum.
Was soll das Geschrei? Das sagte (laut Berliner Zeitung) im Abgeordnetenhaus ein Herr von der FDP. Es handele sich um einen Kulturkampf, und den „wollen wir gewinnen“. Ums Gewinnen geht es. Ojeh.
Hans Eser