Es gab mal eine Coppistraße in Reinickendorf...
Wir in Reinickendorf • 6/2005
Der Bund der Antifaschisten hatte dem Bezirksamt einen Vorschlag gemacht. Die Bezirksverordnete Renate Herranen hatte deswegen nachgefragt. Der Vorschlag wurde abgelehnt. Sein Inhalt: Es möge eine Straße oder ein Platz nach Hans und Hilde Coppi benannt werden. Die Ablehnung, ausgesprochen und begründet vom Stellvertretenden Bürgermeister Senftleben (SPD): Das Berliner Straßengesetz erlaubt einen Straßennamen nur einmal in der Stadt. Eine Coppistraße gibt es bereits im Bezirk Lichtenberg.
Mein Vorschlag: Nehmen Sie ein Berliner Straßenverzeichnis zur Hand und zählen Sie die Bismarck-, Hohenzollern-, Auguste-Viktoria-, Kaiser- und Königstraßen, Plätze, Alleen, Brücken. Machen Sie sich den Spaß!
Und fragen Sie: Um wen hat es sich bei den Coppis denn gehandelt? Hat das eine Rolle gespielt? Hans Coppi ist im Berliner Norden aufgewachsen und wohnte seit 1933 in der Kolonie „Am Waldessaum“. Seine Frau Hilde und er gehörten zu der Widerstandsgruppe um Schulze-Boysen/ Harnack (Rote Kapelle). Sie bekämpften die Nazis und das Verbrechen des deutschen Krieges.
Mein Angebot: Lesen Sie aus den letzten Briefen von Hans und Hilde Coppi, machen Sie sich ein Bild!
Lesen Sie auch, wie der Gefängnisgeistliche Harald Poelchau sich erinnert:
„So gingen zwei Tage vor dem Heiligen Abend 1942 die ersten elf Verurteilten der Roten Kapelle in den Tod. Es war ein kalter, trüber Tag mit Ostwind, und es wurde an diesem Nachmittag früh dunkel... Einer nach dem anderen wurde hinausgeführt in den Abend...
Der diensttuende Beamte, den klirrenden Schlüsselbund in der Hand, schritt schweigend den langen Korridor entlang, schloß die Türen der nun leeren Todeszellen ab und löschte die Lichter aus, eins nach dem andern. Es wurde ganz dunkel.“
Hans Coppi: “Liebe Hilde, ein Trost bei alledem ist mir immer wieder, wie Du das alles trägst... Für uns beide wird bald die einzige Möglichkeit der Verständigung der Brief sein, und trotzdem wollen wir uns so nahe bleiben, wie wir es immer waren. Meinst Du, daß wir es schaffen? Ich glaube jedenfalls daran! Und außerdem bleibt uns natürlich unsere gemeinsame Erinnerung an die Jahre, die wir zwei zusammen erlebten...“
Das war am 1. Oktober 1942. Wenige Wochen danach wurde er ermordet.
Hilde Coppi brachte am 27. November 1942 im Frauengefängnis einen Sohn zur Welt. Am 5. August 1943 wurde sie in Plötzensee gehenkt. Aus ihrem Brief vom gleichen Tag an ihre Mutter:
„Nun ist es bald soweit, daß wir Abschied nehmen müssen, für immer. Das Schwerste, die Trennung von meinem kleinen Hans, habe ich hinter mir. Wie glücklich hat er mich gemacht! Ich weiß ihn gut aufgehoben in Deinen treuen lieben Mutterhänden, und um seinetwillen, Mutti, versprich es mir, bleibe tapfer. Ich weiß, daß Dir das Herz brechen möchte, aber nimm es fest, ganz fest in Deine beiden Hände, Du wirst es schaffen, wie Du es immer geschafft hast, mit dem Schwersten fertig zu werden, nicht wahr, Mutti? ... Der kleine Hans – so wünsche ich – soll hart und stark werden mit einem offenen, warmherzigen, hilfsbereiten Herzen und dem grundanständigen Charakter seines Vaters. Wir haben uns sehr, sehr lieb gehabt und Liebe leitete unser Tun...“
Hilde und Hans Coppi waren Kommunisten. Sie lehnten sich auf gegen die Nazis, sie bekämpften das Verbrechen des deutschen Krieges. Sollen sie vielleicht darum keine Straße bekommen?
Werner Wüste