Am Rande
Wir in Reinickendorf • 9/2005
Rummelplatz
Den "Rummelplatz des kleinen Mannes" lässt Tucholski seinen älteren, aber leicht besoffenen Herrn die Wahlen nennen. "Det sacht Ihn ein Mann, der det Lehm kennt! Jute Nacht!" So endet jene bitter-ironische Geschichte. "Jibbs denn hier keene Demokraten?" frahr ick eenen. "Mensch!" sacht der. "Du lebst wohl uffn Mond? Die hat´s doch noch nie jejehm! Und nu jippse iebahaupt nich mehr!"
Machen Sie manchmal ´nen kleinen Spaziergang? Wie ist Ihnen denn, wenn auf Schritt und Tritt Politiker, meist sehr von oben herab, auf Sie gucken? Bisschen ungemütlich? Mancher Prominente hat das vielleicht geahnt und richtet seinen visionär-verklärten Blick lieber in unbestimmte Fernen. Sozusagen: auf den Sanktnimmerleinstag.
Apropos Blicke! Da fällt mir der politisch verflossene Dr. Kohl ein, genauer gesagt: sein treuherziger Augenaufschlag. Der galt vielen als Achtungszeichen für sofort zu aktivierende erhöhte Wachsamkeit. Und nun betrachten Sie mal Frau Merkel...
Und ihr Plakat-Gesicht: Angie, intelligent und freundlich! Ein Gesicht hat schließlich jeder, aber Profil?
Wahlkampfthemen für´s Wahlvolk: Arbeitslosigkeit, Steuern, Sicherheit, Renten... Das eine rauf, das andere runter, dieses mehr, jenes weniger, wir machen das, was machen die andern? Brutto oder netto? - man hat sein Handwerk gelernt. Doch, doch. Da möchte ich Sie was fragen: Können Sie mir vielleicht erklären, was Populismus ist?
Schon der ebenfalls verflossene Rudolf Scharping wusste: "Das war nur eine Wahl in einer langen Reihe von Wahlen. Diese endete mit einer Niederlage. Aber weitere werden folgen."
Werner Wüste