Hängepartie

Wir in Reinickendorf • 06/2008

Es steht ein Haus ...

… in Frohnau, noch. Inmitten der Siedlung, 10 Minuten vom S-Bahnhof entfernt, findet man ein einzigartiges Denkmal. Auf einem grünen Hügel steht das Buddhistische Haus, die älteste buddhistische Institution in Europa und die bedeutendste buddhistische Stätte in Berlin.

Viele schmücken sich mit dem Haus. Aus Anlass des jüngsten Besuchs des Dalai Lama in Berlin widmete die Berliner Morgenpost gar eine halbe Seite Drei dem Haus. Aber, wenn nicht bald etwas unternommen wird, ist das Kleinod verschwunden! Seit April 1995 stehen die Gebäude und Bauwerke unter Denkmalschutz. Der Sanierungsbedarf wurde indessen immer größer! Inzwischen stehen die Auseinandersetzungen um die Sanierung mehr im Fokus als die kulturelle Ausstrahlung des Hauses.

Zur Geschichte

Das Buddhistische Haus wurde 1924 von dem homöopathischen Arzt Paul Dahlke (1865-1928) erbaut, der nach mehreren Asienreisen zum Buddhismus übertrat. Während der Nazi- und Nachkriegszeit verfielen Gebäude und Park. 1957 erwarb Asoka Weeraratna, damaliger Sekretär der German Dharmaduta Society (GDS) in Sri Lanka, das Gelände von den Erben Paul Dahlkes und restaurierte es. Seitdem leben hier - meist zwei - Mönche aus Sri Lanka. Das Haus steht allen Menschen offen. Angeboten werden Vorträge, Meditationen, nach Anmeldung auch Führungen.
Das Gebäude wurde im Lauf der Jahre auch erweitert (Bibliothek und darunterliegende sanitären Anlagen) und durch weitere Nebengebäude (Nonnenklause, Ceylon-Tempel) ergänzt.

2000 hat Tissa Weeraratna, ein Neffe von Asoka Weeraratna, als Vizepräsident der GDS die Verwaltung des Buddhistischen Hauses übernommen. Um Mittel für die notwendige Sanierung zu erhalten, verkaufte die Gemeinde vor einigen Jahren einen Teil des Geländes zwischen Zerndorfer Weg, Edelhofdamm, Enkircher Straße und Oppenheimer Weg. Wo blieb das Geld? Manche sagen: im Haus von Tissa Weeraratna in Glienicke. Unterstützung bei der Sanierung fand die Gemeinde durch den 2006 entstandenen gemeinnützigen Förderverein, der sich inzwischen wegen interner Streitigkeiten wieder aufgelöst haben soll. Der Vorsitzende, der ehm. CDU-Bezirksverordnete Tobias Siesmayer, ist inzwischen in Hamburg tätig.

Tissa Weeraratna hat sich in Frohnau z.T. recht unbeliebt gemacht. Daher warfen Bürger oft Müll über den Zaun. Durch ehrenamtliche Helfer ist das Müllproblem inzwischen beseitigt, ebenso wie ein Komposthaufen, der Wildschweine anzog. Wildschweine werden jetzt nur noch durch die großen Bio-Tonnen angezogen, in denen Essensreste gesammelt werden. Da der Zaun komplett marode ist - an einer Stelle erfolgte eine Absperrung mittels Bauzaun durch das Bezirksamt (s. Foto) - haben die Wildschweine freien Zugang zum Grundstück und richten Verwüstungen an.

Hickhack um die Sanierung

Im September 2007 besuchten der kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Brauer, und der Reinickendorfer Bezirksvorsitzende der LINKEN, Yusuf Dogan, das Buddhistische Haus, um sich u.a. über den baulichen Zustand zu informieren. Dies mündete in einer Kleinen Anfrage an den Senat (Drs. 16/11 238). (s.a. WiR 11/07). Lt. Kulturstaatssekretär André Schmitz gibt es öffentliche Gelder für das in Privatbesitz befindliche Denkmal aber nur über Fördermittel oder steuerliche Abschreibungen, was aber beides vom Eigentümer beantragt werden muss.

Genau darin tut sich Herr Weeraratna aber schwer. Ein Antrag bei der Lottostiftung wurde abgelehnt. Und mit dem Denkmalschutz liegt er in Dauerkonflikt, mehrfach verletzte er Auflagen der unteren Denkmalschutzbehörde. Tissa Weeraratna lehnt Unterstützung durch Behörden ab, auch eine erneute Beantragung von Lottomitteln oder die Beantragung von Fördermitteln der Stiftung Denkmalsschutz. Auch das Bundesverwaltungsamt hätte Fördermittel für die Sanierung bereitgestellt, was ebenfalls abgelehnt wurde.

Thema in der BVV

Aktuell stellt sich die Situation wie folgt dar: Eine angemahnte Sanierung der Bäderdecke und eine Erneuerung des Stützpfostens am Tempeleingang sind vorgenommen worden. Da die Eigentümer aber keinen Architekten mit der Anfertigung eines Denkmalpflegeplans beauftragt haben, ist zum wiederholten Male ein Zwangsgeld festgesetzt worden. Außerdem drohte wegen der beiden inzwischen erledigten Sanierungsmaßnahmen eine Ersatzvornahme seitens des Bezirksamtes.

Eine Beseitigung der weiteren Mängel an Gebäude, der übrigen Bauwerke und der Außenanlagen soll erst nach Anfertigung des Denkmalpflegeplans durchgeführt werden. Auch hier droht wieder eine Ersatzvornahme, deren Finanzierung völlig offen ist und die vermutlich vom Bezirk Reinickendorf alleine nicht getragen werden kann. Es geht hier um ca. 80.000 Euro.

Ende 2007 beantragte die SPD, das Bezirksamt zu ersuchen, „mit dem Buddhistischen Haus und seinem Förderverein Gespräche über den Stand der Sicherung des Baudenkmals zu führen und der BVV zu berichten.“ (Drs.Nr. 0378/XVIII) Das Bezirksamt berichtete im Bauausschuss im April und Mai 2008: Zur Renovierung des Gebäudes sind für die Aufstellung des Pflegeplanes Bauunterlagen erforderlich, die trotz Anmahnung vom Eigentümer nur in ceylonesischer Schrift vorge­legt wurden. Eine deutsche Übersetzung ist bei Androhung von Zwangsgeld nachzureichen. Was bisher nicht erfolgte. Stattdessen erfolgten von der GDS aus Sri Lanka An­würfe zur Diskriminierung und Androhungen auf diplomatischer Ebene. In Erwartung einer veränderten Reaktion aus Sri Lanka wurde das vom Bauamt angedrohte und Ende April fäl­lig gewesene Zwangsgeld nochmals ausgesetzt.

Die Reinickendorfer Bündnis 90 / Die Grünen wollen Mittel aus dem Baulichen Unterhalt für die Ersatzvornahme bereitstellen. Die untere Denkmalschutzbehörde lehnt den Vollzug der Ersatzvornahme ab. Es wird befürchtet, das Geld nicht zurück zu bekommen. Man will nur Zwangsmittel gegen die Eigentümergemeinschaft verhängen. Die Option, das Grundstück zu pfänden, bringt auch kein Geld sondern nur weitere Kosten für den Unterhalt und Erhalt des Hauses.

Lösung in Sicht?

Am Ende bleiben viele Fragen: Wie ist das Haus für die Öffentlichkeit als Kulturstätte, Religionsstätte und Denkmal zu retten? Wer zerschlägt endlich den Gordischen Knoten um notwendige Sanierung, fehlende Finanzierung und nicht vollzogene Ersatzvornahmen?! Um dies zu klären sollte die Bürgermeisterin einen Runden Tisch zur Zukunft des Buddhistischen Hauses einrichten, an dem das Bezirksamt mit seiner Unteren Denkmalschutzbehörde, die Eigentümer des Buddhistischen Hauses, der Förderverein, die Senatsverwaltungen für Bauwesen und Kultur sowie das Auswärtige Amt vertreten sind. Möglicherweise ist die Pfändung / Enteignung der Eigentümer nach vollzogener Sanierung per Ersatzvornahme der einige Weg zur Rettung dieses einzigartigen Denkmals. Dann muss allerdings ein neuer Träger für das Haus gefunden werden.

Raik Reinke