Am Rande
Wir in Reinickendorf • 3/2009
Der Senator grinst
Frau S. vertritt jene Partei im Berliner Abgeordnetenhaus, die sich als das letzte ordnungspolitische Rückgrat dieser Stadt versteht. Sie hat einen redegewaltigen Fraktionsvorsitzenden, der nichts so sehr verabscheut wie Selbstherrlichkeit. Die normalen Bürger, die Arbeitnehmer wissen den aufrechten Demokraten an ihrer Seite, weshalb er Hilfe für Opel strikt ablehnt (im Protokoll: Beifall des Abg. Steffel). Vernünftige, systemrettende Teilverstaatlichung ist sein Credo. VEB Opel, „DDR light“- igittigitt. Wo bleibt die Freiheit, Frau Merkel?
Frau S. hat’s auch nicht leicht. Sie muss sich mit Brandbriefen, gelegten Eiern, Pisa- und IGLU-Studien, abgefahrenen Zügen, Lehrerfeuerwehren, zwangsverordnetem Einheitswertefach, schubladisiertem Modellversuch, unausgegorenen Strukturreformen, kurz - einer Katastrophe befassen. Das nervt. Dabei will sie doch auch so sehr die Abkoppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Es darf bloß nicht konkret werden ... Übrigens, seitdem ihre Partei da mitmischen darf, hat Bayern innovative Elemente im Koalitionsprogramm -einen gemeinsamen Weg von Haupt- und Realschulen. Der Berliner SPD-Senator grinst und nickt. Sie wertet das als Zustimmung.
War da nicht noch was? Ach, ja, die Zurufe - ihre schärfste Waffe im Parlament. Eine kleine Auswahl gefällig? “Gut so!“, „Ach!“, „Danke!“, „Doch!“, „Die Hälfte von 16 ist 8!“, „Richtig!“, „Warum denn nicht?“, „Lächerlich!“, „Nein!“ und einhundertneun weitere.
Dieser Tage kursiert in anderen Fraktionen die Idee, einen Gesetzentwurf zur Regressnahme an Abgeordneten wegen gestohlener Zeit (Abgeordnetenzurufregressgesetz) einzubringen. Wie man hört, verweigerte Frau S. bisher jeden Zuruf.
(kursiv: aus Protokollen des Abgeordnetenhauses)
Reineke