Gewerkschaften mobilisieren für Gute Arbeit

Wir in Reinickendorf • 03/2011

WiR im Gespräch mit Klaus Murawski, Beisitzer im IG Metall Ortsvorstand Berlin

Arbeit, sicher und fair! Dies ist das Motto, unter dem die DGB-Gewerkschaften für Gute Arbeit mobilisierten. Am 24. Februar fanden dazu in der gesamten Republik betriebliche und öffentliche Aktionen statt. Allein in Berlin beteiligten sich über 10 Metall- Betriebe sowie Betriebeanderer Branchen wie Bau, öffentlicher Dienst und Bildung.

Klaus, was bezwecken die Gewerkschaften mit diesen Aktivitäten?

Die Ausuferung von prekären Beschäftigungsverhältnissen soll eingedämmt werden. In den Krisen der letzten Jahre wurden immer mehr gut bezahlte Arbeitsplätze abgebaut, z. B. durch Vergabe von Werksverträgen, Befristungen und Ausweitung der Leiharbeit.

Besonders in Industrieunterneh­men wurden durch Outsourcing „teure“ Arbeitsplätze gestrichen, man konzentrierte sich auf das „Kerngeschäft“. Es wurden Beschäftigte in den Bereichen Geländeschutz, Instandhaltung, Informati­ons­systeme, Betriebspost, Kantine usw. entlassen und durch Werksverträge an Dienstleistungsbetriebe mit geringen Löhnen ersetzt.

In Boomzeiten wurde nur auf befristete Arbeitverhältnisse zurückgegriffen. Das Teilzeitbefristungsgesetz wurde zugunsten langer Befristungen geändert.

1972 wurde mit dem Arbeitneh­merüberlassungsgesetz (AÜG) die Leiharbeit eingeführt. Die Arbeitneh­merüberlassung wurde auf drei Monate begrenzt. Leiharbeit wurde gut bezahlt, denn die gewünschte Flexibilität stellte eine hohe Anforderung dar.

Was hat sich nun verändert?

In den folgenden Jahren wurden die Verleihdauer auf bis zu 24 Mona­te verlängert und 2004 die Begrenzung ganz abgeschafft. Begründet wurde dieses mit dem Argument, mehr Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Der Wirtschaft wurden so besse­re Konkurrenzbedingungen geschaffen, denn Kosten durch Entlassungen konnten so vermieden werden.

2006 wurden alle Regeln, die Arbeitnehmer schützten, abgeschafft. Gefälligkeitstarifverträge der Christlichen Zeitarbeitsge­werk­schaft sorgten dafür, dass Billigtariflöhne unter 4 Euro gezahlt wurden - auch bei Leiharbeitsfirmen, die nicht tarifgebunden sind.

Wie wird sonst gezahlt?

Aber auch bei tarifgebundenen gibt es keine vergleichbaren Einkommen wie bei uns im IG Metall-l Tarif. Der Bundesverband für Zeitarbeit (BZA) zahlt Tariföhne von mindestens 6,65 Euro (Ost) 7,60 Euro (West), das sind 1009 Euro bzw. 1153 Euro brutto im Monat. Die max. Stundenlöhne liegen aber im Vergleich BZA zu IG Metall bei 12,30 und 30,91 Euro - und das bei gleicher Arbeit. Ist das gerecht?

Was kann man tun?

Sich gut organisiert gegen Lohndumping wehren!

Bei OTIS, dem Betrieb in Reini­ckendorf, wo ich arbeite, gibt es, bis auf Ausnahmen, keine Leiharbeit.Und ggf. gibt es gleichen Lohn für gleiche Arbeit - Equal Pay.

In der Zwischenzeit wehren sich immer mehr (Stamm-) Belegschaften und Betriebsvereinbarungen regeln eine bessere Entlohnung. Im Bereich Stahlindustrie wurde 2010 Equal Pay sogar in einem Tarifvertrag festgeschrieben.

Und wie sieht die Zukunft aus?

Ab Mai 2011 wird der Zugang für Leiharbeitsfirmen aus den osteuropäischen Ländern in unseren Arbeitsmarkt geöffnet. Dann droht Arbeitslosigkeit auch bei den jetzt über 1 Mio. Leiharbeitnehmern aus Deutschland. Ein Mindestlohn von 10 Euro könnte Teil einer Lösung sein. So würde der Staat die Millionen an Hartz IV- Leistungen einsparen, mit denen die Einkommen von Leihar­beit­nehmern aufgestockt werden.

Also, politisch und gewerkschaftlich gut organisiert auf Unternehmen und Staat Druck machen - nicht nur am Aktionstag der Gewerkschaften.

Vielen Dank, Klaus.


Die Reinickendorfer LINKE hat das Anliegen des DGB mit einem Infostand in der Gorkistraße am 24. Februar 2011 unterstützt.