Mieterschutz gibt’s nur mit LINKS

Wir in Reinickendorf • 03/2011

Interview mit Stefan Liebich, Sprecher der Landesgruppe Berlin/Stadtstaaten der Bundestagsfraktion DIE LINKE

Berlin ist eine Mieterstadt. Viele Menschen sind mit steigenden Mieten konfrontiert, müssen deshalb umziehen. Wie kann die Politik dagegen vorgehen?

Die Möglichkeiten der Einflussnahme des Landes sind begrenzt. Man kann indirekt in die Miethöhen eingreifen, z. B. in dem in Sanie­rungsgebieten Auflagen erteilt werden, die bremsend auf die Neuvermietungspreise wirken. Dies bewirkt jedoch meistens sehr wenig. Oder man kann, wie mit der Ausführungsvorschrift Wohnen gezeigt, Hartz IV-Bezieherinnen und Bezieher vor Zwangsumzügen bewahren. Das hilft zum einen den Betroffenen selbst, bremst aber auch den Mietenanstieg bei Neuvermietung. Leider ist die Bundesregierung dagegen massiv vorgegangen, weil Armut und Verdrängung politisch gewollt zu sein scheinen.

Berlin ist Eigentümer von kommunalen Wohnungen. Kann das Land damit nicht der Mietpreisent­wick­lung entgegen wirken?

Bedingt. Kommunale Wohnungs­­un­ter­nehmen sollen dem Land nicht finanziell auf der Tasche liegen, da die öffentlichen Kassen infolge der falschen Bundespolitik weiterhin leer bleiben. Jeder Euro, der in kommunale Unternehmen gesteckt werden muss, fehlt dann z.B. für die Bildung. Aufgabe der Wohnungs­bau­gesellschaften wird es aber sein, zukünftig durch Wohnungsneubau dazu beizutragen, den Wohnungsmarkt zu entspannen.

Auch dies wäre also eher eine indirekte Maßnahme zur Mietenbegrenzung. Kann man nicht ge­­­setzlich eingreifen?

Nicht direkt. Mietrecht ist Bun­desrecht. Deshalb hat der rot-rote Senat eine Bundesratsinitiative gestartet, die, wenn sie genug Unterstützung erhält, als Gesetzesantrag in den Bundestag kommt. Durch dieses Gesetz könnten Moderni­sie­rungsumlagen sowie Mieterhö­hun­gen bei Neuvermietungen begrenzt werden. Auch wenn viele Bundesländer vor dem gleichen Problem stehen, ist der Erfolg leider eher ungewiss. So fand im Bundestag ein Antrag der Linksfraktion zum Grundrecht auf Wohnen keine Mehrheit, da dort immer noch die irrige Auffassung herrscht, der Markt würde das Problem lösen. Das ist schade und fatal.

Das klingt jetzt aber resignativ.

Nein, gar nicht. DIE LINKE muss gegen diesen Zeitgeist angehen, z. B. auch durch gewaltfreie Demonstrationen, durch Unterstützung von Pro­jekten, die dieses Thema voranbringen. Wir müssen das weiter in Parlamenten und, wo möglich, auch in Regierungen thematisieren.

In Berlin machen wir das, trotz aller Schwierigkeiten, die eine durch die Bundesebene geplünderte Haus­haltskasse mit sich bringt. In der Ber­liner SPD sind zwar immer noch viele der Meinung, dass die Menschen mit höheren Einkommen in der Innenstadt wohnen dürfen, und die, die es sich nicht leisten können, in den Außenbezirken. Doch selbst dort gibt es ja Probleme mit Mieterhöhungen. Uns als kleinerem Koalitionspartner ist es in den ver­gangenen Jahren gelungen, die SPD zu sensibilisieren, was z.B. zu dieser Bundesratsinitiative geführt hat. Wir müssen weiter über die Rahmenbedingungen sprechen, gerade weil ich bei meinen Bundes­tagskollegen aus anderen Parteien und aus anderen Städten auf wenig Verständnis dabei stoße. Unsere Abgeordnetenhaus-Fraktion hat da­rüber hinaus Initiativen angekündigt, um die Umwandlungen in Ferien- bzw. Eigentumswohnungen sowie die Zweckentfremdung einzudämmen. Klar ist, dass eine Landesregierung ohne DIE LINKE nichts für den Mieterschutz tun wird. Die CDU ist aus ideologischen Gründen dagegen, die Wählerinnen und Wähler von Bündnis 90/Die Grünen sind weniger betroffen. Die SPD braucht weiter ein linkes Korrektiv an ihrer Seite. Je stärker, desto besser.

Vielen Dank, Stefan.