„Leuchtturm“ oder unpraktischer Luxusbau?

Wir in Reinickendorf • 11-12/2013

Wie die CDU Reinickendorf ein „Trauer- Lehrstück“ in Demokratie aufführt

Reinickendorf anno 2013: Das Europäische Gymnasium Bertha-von-Suttner braucht im Ganztagsbetrieb für seine 1 300 Schülerinnen und Schüler eine Mensa. Der Bezirk hat für den Bau 1,5 Mio. Euro zur Verfügung. Ein Architektenbüro hat schon einen Entwurf vorgelegt. Für eine Ausschreibung ist keine Zeit mehr; wenn die Unterlagen bis zum Haushaltsbeschluss nicht vorliegen, fliegt der Mensabau aus der Investitionsplanung. Lehrkräfte und Eltern betrachten den Entwurf als Luxusbau, der unpraktisch und noch dazu zu teuer ist. Sie fühlen sich übergangen, überrumpelt und legen einen eigenen Entwurf vor, der den Bedürfnissen des Gymnasiums besser entsprechen und 600 000 Euro weniger kosten soll. Diesen wiederum lehnt das Bezirksamt als nicht realisierbar ab.

Wie geht die Politik mit dem Konflikt um?

Bezirksverordnetenversammlung (BVV), Schul- und Bauausschuss, Bezirksschulbeirat, Gesamtelternvertretung beraten. Betroffene protestieren, fragen nach, debattieren im Internet. Auch die Presse berichtet. Die SPD stellt 35 Fragen im Ausschuss. B90/Grüne hören wenigstens zu. Bezirksbürgermeister Balzer (CDU) scheint schockiert: „Wir haben Kritik und Ablehnung in einer solchen Form noch nicht erlebt.“ Wo gibt’s denn so was! Den Lehrern und Eltern spricht er faktisch jedes Recht ab mitzureden: „Der Bezirk ist Eigentümer der Gebäude und hat Erfahrungen beim Bau von Schulmensen. Die Schüler sind Gäste, und in den nächsten Jahren gibt es wieder neue Elternvertreter“.

Dabei verlangt das Berliner Schulgesetz in §76 (3) Pkt. 4, die Schulkonferenz müsse vor Entscheidungen über größere bauliche Maßnahmen an der Schule angehört werden. Und was macht die zuständige Stadträtin? Sie ist nicht in der Lage, für Transparenz und eine anständige Kommunikation „in ihrem Laden“ zu sorgen. Wie schon so oft in den vergangenen Monaten.

Interessant, dass Senatsbaudirektorin Lüscher - wie verlautet - den Bezirksentwurf für „ein erschütterndes Projekt“ hält. Ihre Einladung in das Baukollegium Berlin hat Herr Balzer wohl nicht wahrgenommen.

Die „Reinickendorf-Partei“ ruht selbstgefällig in sich. Alles sei „architektonisch und finanziell vernünftig geplant“. „Es wird keine andere Planung geben“, befindet CDU-Fraktionsvorsitzender Stephan Schmidt.

„Enttäuschender Ausflug in die wirkliche Politik“

Schulleiterin Jutta Randelhoff-Szulczewski urteilt auf der Homepage des Gymnasiums: „Kommunikation, Transparenz und Beteiligungskultur: Mangelhaft!“. Die Beteiligten hätten ein Lehrstück in Sachen Politik erlebt, „wie sie sicher nicht sein sollte“. Schüler, Eltern und Lehrer hätten gelernt, „dass Engagement und Ehrenamt von den anwesenden bezirklichen Spitzenpolitikern Reinickendorfs nicht nur nicht gewürdigt, sondern als lästig und irritierend empfunden werden.“ Das sei ein Politikbild, das mit dem, das in der Schule vermittelt werde, nicht übereinstimme.

Gesamtelternvertretungs-Vorstand Mechthild Zumbrägel ergänzt im „NordBerliner“: „Die führenden Reinickendorfer Politiker der CDU präsentieren sich … als kritikunfähig, unbelehrbar und wenig bürgernah.“

Im Bezirksschulbeirat wird das „Kommunikations-Desaster“ kritisiert, eine rechtzeitige Beteiligung der Nutzer gefordert und ein Rund-Tisch-Gespräch zwischen den Konfliktparteien empfohlen. Angeregt durch die Beratung, fordert die SPD in der BVV eine transparente Bürgerbeteiligung auch an Reinickendorfer Schulen.

Das Demokratieverständnis der Reinickendorfer CDU ist erschütternd. Ob die Erfahrungen bis zur nächsten Wahl im Gedächtnis bleiben, fragen

Klaus Gloede und Dennis Wendländer