Ich meine ... - Reinickendorfer nehmen Stellung
Wir in Reinickendorf • 01/2015
Je suis Charlie


Der 7. Januar 2015 wird nicht in Vergessenheit geraten. Ein Tag, an dem zwölf Personen auf brutalste Weise ihr Leben verloren. Warum? Weil das Satiremagazin Charlie Hebdo die Meinungs- und Pressefreiheit verkörperte, sich von niemandem etwas sagen ließ, sich von keiner höheren Instanz kritisieren ließ, sich alles herausnahm, was es nur wollte.
Die grundlegende Absicht der Attentäter war nicht das bloße Vernichten von Menschenleben, sondern ein Anschlag auf die fundamentalen Werte der „République“.
Um zu verstehen, welche Symbolkraft dieses Ereignis in Frankreich hervorruft, muss man sich mit dem Selbstverständnis des Landes befassen. In den französischen Medien häufig als „le nouveau 11 septembre français“ bezeichnet, sieht man das Attentat dort als Schändung der Errungenschaften und des Freiheitsideals der französischen Revolution an. Die Menschen, die diese Attentate verübt haben, haben somit Leid über Menschen, über eine Stadt, über ein Land und über Europa gebracht. Die Instrumentalisierung der Geschehnisse für islamophobe und rassistische Zwecke ist schändlich!
Yannik Wiedenbrück
Je suis Ahmed




Ich halte es mit Voltaire: „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“
Es lässt sich darüber streiten, was Satire darf. Was neben der Meinungsfreiheit bleibt, ist die Frage nach dem Sinn der Verhöhnung sakraler Figuren. Der „Westen“ hegt den Anspruch, das Spirituelle auf einen unbedeutenden Rang zu verweisen. Nun gut, dein Humor mag mein Humor sein, aber ist es auch der eines Dritten? Eine Mohammed-Karikatur ist für viele Muslime eine Verspottung ihres Glaubens. Lessing unterscheidet zwischen Lachen und Verlachen. Ich finde, ein schmaler Grat. Man sollte über Autoritäten lachen, doch gilt es auch, sie zu respektieren und die Gefühle Andersdenkender ernst zu nehmen.
Der Polizist Ahmed Merabet, selbst Muslim, gab sein Leben, um diesen schmalen Grat zu verteidigen. Deshalb ist das obige Zitat für mich besonders kraftvoll. Es zeigt, dass Terrorismus uns alle trifft, auch Muslime. Sie sind die Hauptbetroffenen. Ahmed hat gezeigt, dass dieser schmale Grat nicht zwischen den westlichen Gesellschaften und den Muslimen verläuft, sondern zwischen Demokraten und Terroristen.
Yusuf Dogan
Ich meine ...

Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
Immanuel Kant, 1784
Der Angriff auf ´Charlie Hebdo´ ist … ein Angriff auf unsere freiheitlich-demokratische Werteordnung. Der religiöse Fanatismus wird uns in unseren Freiheiten nicht beschränken können. Dafür werden wir Demokratinnen und Demokraten auch in Zukunft weiterhin eintreten.
Hakan Tas, MdA
So traurig war ich selten, weil das auch „linke“ Leute waren. In Paris links sein und Jude sein ist gefährlich.
Marion L.
In demselben Jahrhundert, in dem auf der einen Seite die Vernunft ihren Thron errichtet, sieht man auf der anderen Seite den absurdesten Fanatismus und Aberglauben seine Altäre bauen.
Voltaire (1740)
Warum wächst die extreme Gewalt so oft auf dem Nährboden der Religionen? Warum fallen die Leute, die sich im Besitz absoluter Wahrheiten wähnen, so häufig in die größte Primitivität?
Tobias
In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen.
Johannes, 14,2
Pegida wird jetzt noch mehr Zulauf bekommen. Mist!
Siglinde (57), Berlinerin
Toleranz ist der Verdacht, dass der Andere Recht hat.
Kurt Tucholsky
Mein Gott, was ist jetzt schon wieder los? – diese gottlosen Gesellen. Im Namen der Religion… was tun sie ihren Glaubensgenossen weltweit an? Hass, Diskriminierung, Vorurteile im Namen der Meinungsfreiheit vorprogrammiert. Was soll daraus werden?
André aus B.
Wer sich selbst und andere kennt, Wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen.
„West-östlicher Divan“ (Goethe, 1817)
Integration bedeutet für mich nicht, seine Identität aufzugeben, seine Wurzeln zu vergessen. Ich habe selbst erlebt, wie Menschen verschiedener Herkunft und unterschiedlicher kultureller Prägung friedlich miteinander leben und sich ergänzen.
Marion Kh.
Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art. 18, 1948