Wehret den Anfängen!
Wir in Reinickendorf • 02/2004
Große Anfrage zum Rechtsextremismus in Reinickendorf
Die Bezirksverordnete Renate Herranen (parteilos) bat in einer dringlichen Großen Anfrage das Bezirksamt um Auskunft über rechtsextremistische Aktivitäten im Bezirk. Sie bezog sich dabei auf die Vorstellung des „Lagebildes Rechtsextremismus“ durch Innensenator Körting auf einer Pressekonferenz am 3. Dezember 2003 und dessen Information über die Neugründung einer rechtsextremen „Kameradschaft Reinickendorf".
Bezirksbürgermeisterin Wanjura sicherte zu, sich um Informationen in der Senatsinnenverwaltung zu bemühen und die Fragen der Einzelverordneten schriftlich zu beantworten. Auch wenn Reinickendorf als „ruhiger Bezirk“ gelte, sei es geboten, wachsam zu sein.
Dem Besucher der BVV-Sitzung fiel unangenehm auf, dass eine größere Zahl der Bezirksverordneten den Saal verließ, als die Bürgermeisterin mit der Beantwortung eben dieser Großen Anfrage begann.
Wie das Bezirksamt antwortete
Am 20.1.2004 antwortete das BA unter Hinweis auf eine schriftliche Stellungnahme der Senatsinnenverwaltung u.a. wie folgt:
„Einer Veröffentlichung auf der rechtsextremistischen Homepage des ‚Aktionsbüros Mitteldeutschlands - Nationaler Widerstand Berlin-Brandenburg’ zufolge hat sich im Herbst 2003 die ‚Kameradschaft Reinickendorf’ gegründet. Auf der genannten Homepage ist sie unter einer Rubrik ‚Regionale Gruppen’ mit einer E-Mail-Adresse aufgeführt. Ferner wurde sie im Internet als Unterstützer der Demonstration‚ Freiräume schaffen - nationale Zentren erkämpfen’ der neonazistischen ‚Berliner Alternative Süd-Ost (BASO)’ am 6. Dezember 2003 genannt. Konkrete Aktivitäten und territoriale Schwerpunkte lassen sich der Kameradschaft Reinickendorf darüber hinaus derzeit noch nicht zuordnen. Wie auch im ‚Lagebericht Rechtsextremismus’ dargestellt, ist die Kameradschaft Reinickendorf neben den Veröffentlichungen noch nicht weiter in Erscheinung getreten.“
Für die Jahre 2001-2003 liegen dem Landeskriminalamt fünf Fälle politisch motivierter rechter Gewaltkriminalität für Reinickendorf vor.
Lokaler Aktionsplan?
Auf Beschluss der BVV legten die Bezirksämter Lichtenberg und Pankow im Jahre 2003 Lokale Aktionspläne „Für Demokratie und Toleranz - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ vor, die vom Zentrum Demokratische Kultur erarbeitet wurden. Die Frage von Renate Herranen, ob es das Bezirksamt nicht für geboten halte, einen solchen Aktionsplan auch für Reinickendorf zu entwickeln, blieb vom BA unbeantwortet. Sie wird - so erfuhr WiR - nachfragen.
Der PDS-Bezirksvorsitzende, Klaus Rathmann, kommentiert:
„Die PDS Reinickendorf ist Renate Herranen dankbar, dass sie in der BVV die Frage nach dem Rechtsextremismus aufgeworfen hat“, stellte Klaus Rathmann fest. „Wegsehen oder Schönreden, um angeblich die Bevölkerung nicht zu beunruhigen, helfen auch in Reinickendorf nicht“.
Klaus Gloede
Jemand, der Israel kritisiert, kann nicht des Antisemitismus verklagt werden. Aber jemand, der Israel haßt, weil es ein jüdischer Staat ist, ist ein Antisemit.“
Uri Avnery, Tel Aviv (aus: Das Blättchen, Nr. 3/ 2004)