Flughafen Tegel - ausbauen, um zu schließen?

Wir in Reinickendorf • 10/2005

Unter Hinweis auf schärfere Sicherheitsauflagen der EU will die Berliner Flughafengesellschaft 2006 für rd.12 Millionen Euro auf dem Flughafen Tegel ein weiteres Terminal errichten, in dem vor allem Billigflieger abgefertigt werden sollen.

Konzipiert war Tegel einst für 5,5 Millionen Fluggäste. 2004 wurden über 11 Millionen Passagiere abgefertigt. Nach der geplanten Erweiterung sind 14-15 Millionen nicht ausgeschlossen. Die zuständige Senatsverwaltung beruft sich auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Berlin vom 3.5.1996, demzufolge die Maximalkapazität des Flughafens in vollem Umfang ausgeschöpft werden könne, ohne dazu einer entsprechenden Ergänzung der Planfeststellung mit vorgesehener Bürgerbeteiligung zu bedürfen.

Nicht nur die Anwohner rund um den Flughafen fragen nach der Logik dieses Vorhabens. Glaubt die Flughafengesellschaft selbst nicht mehr daran, dass das Bundesverwaltungsgericht im 1.Halbjahr 2006 „grünes Licht“ für den Ausbau von Schönefeld zum BBI geben wird?

WiR  dokumentiert

Umfrage der Bürgerinitiative Flughafen Tempelhof (BIFT) unter den  BundestagskandidatInnen in Tempelhof-Schöneberg und Neukölln (24.8.2005)

 

Befürworten Sie den sog. Konsensbeschluss des damaligen Reg. Bürgermeisters Diepgen, des Ministerpräsidenten Stolpe und des Bundesverkehrsministers Wissmann zur Flughafenplanung in der Region Berlin-Brandenburg vom Mai 1996?

Der Kernpunkt ist für uns die Konzentration auf einen einzigen Flughafen mit der Schließung von Tegel und Tempelhof. Dies war auch Bestandteil des sog. Konsensbeschlusses. Dazu standen und stehen wir auch heute. Unsere Kritik am Konsensbeschluss betraf und betrifft jedoch die damalige Festlegung auf den Standort Schönefeld ohne eine planerische Grundlage. Die hochtrabenden Pläne eines interkontinentalen Luftdrehkreuzes, das sich mit Frankfurt/Main oder gar Paris und London messen können sollte, widersprachen jeder ökologischen oder ökonomischen Vernunft. Eine Konzentration der drei Flughäfen auf einen Standort bei Schließung der beiden anderen und ein schrittweiser Ausbau nach tatsächlicher Bedarfsentwicklung ist ein anderes Konzept, als es im Konsensbeschluss unterlegt wurde. Dies entspricht den Intentionen der rot-roten Regierungskoalition.

aus: Antwort der Linkspartei.PDS


Wahlprüfsteine des Bürgerforums Reinickendorf zur Bundestagswahl 2005:

Weil große Teile der Berliner Landespolitik weiterhin am innerstädtischen Flughafen Tegel festhalten, hat sich die Belastung der Menschen im Berliner Norden seit 1990 nahezu verdoppelt und steigt weiter an. Halten Sie eine kurzfristige Entlastung der Tegeler Anwohner vom zunehmenden Fluglärm und der erhöhten Katastrophengefahr durch Abstürze für notwendig?

Eine wesentliche Entlastung kann mit dem Abschluss der gerichtlichen Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses für Schönefeld erreicht werden.

Wie stehen Sie zu einer Novellierung des Fluglärmgesetzes? Welche Lärmgrenzwerte sollten im Zuge einer solchen Novelle (tagsüber/nachts) eingehalten werden?

Eine Novellierung des Fluglärmgesetzes ist überfällig. Die Werte für Militärflughäfen sind zu gering angesetzt.

Teilen Sie die Einschätzung, dass das Land Berlin und das Bundesverkehrsministerium gemeinsam mit dem Land Brandenburg vor dem Bundesverwaltungsgericht aktiv um den Bestand des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Schönefeld (BBI) kämpfen sollten?

Ja.

aus: Antwort des Direktkandidaten der Linkspartei.PDS Andreas Wehr (1.9.2005)


Bürgerinitiative gegen das Luftkreuz, Reinickendorf

Sollte die Flughafengesellschaft tatsächlich eine weitere einfache Baugenehmigung für das geplante Terminal für 3 Millionen Passagiere erhalten, (so führt dies) zu einer Verdreifachung des Flugverkehrs in Tegel.“Das bedeutet“, so Hauenstein (Sprecher der BI).“eine Verdreifachung der Lärmbelastung, eine erhebliche Steigerung der Schadstoffbelastung und eine 16fache Steigerung des Gefahrenpotentials durch Flugzeugabstürze“. Auf der politischen Ebene ist für die BI nichts mehr zu holen... Damit bleibt den Anwohnern nur noch der Weg über die Gerichte.

aus: Berliner Flughafenpolitik ist rücksichtslos, unanständig und moralisch verkommen!- Presseerklärung der BI vom 22.9.2005


Mündliche Anfrage zum Ausbau des Flughafens Tegel

Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der Linkspartei.PDS-Fraktion:

Herr Wowereit! Ich möchte gerne wissen, inwieweit überprüft wurde, ob durch die gehobenen Sicherheitsanforderungen und die dadurch möglicherweise sinkenden Kapazitäten in Tegel eine Konzentration des Low-Cost-Bereichs in Schönefeld hätte stattfinden können, indem man auch dieses provisorische Terminal, das jetzt in Tegel gebaut wird, in Schönefeld gebaut hätte.

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister:

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Matuschek! Der Hauptnutzer ist Air Berlin. Air Berlin liegt in einem Segment zwischen Low-Cost-Carriern und traditionellen Carriern. Sie kennen die Standortfrage bezüglich Air Berlin. Sie ist eindeutig für Tegel beantwortet. Air Berlin ist ein sehr großer Anbieter mit steigenden Verkehren, und das ist gut. Wir wissen, dass Air Berlin auch bei Call-Centern ein wichtiger Arbeitgeber in dieser Region ist. Die Unternehmenspolitik von Air Berlin sagt definitiv, dass sie zu einem Wechsel nach Schönefeld nicht bereit ist.

Berliner Abgeordnetenhaus am 29.09.05