Lärm macht krank

Wir in Reinickendorf • 03/2008

Studie des Bundesumweltamts

Lärmwirkungsforscher vom Umweltbundesamt (Uba) untersuchten im Rahmen der von der Europäischen Kommission geförderten Studie gut tausend Anwohner des Berliner Flughafens Tegel. Dabei achtete er auf Gesundheitsschäden sowohl durch Flug- als auch durch Straßenverkehrslärm.

Das Ergebnis: "Schon ein Anstieg des nächtlichen Fluglärmpegels um zehn Dezibel im Schallpegelbereich zwischen 30 und 60 Dezibel erhöht das Bluthochdruck-Risiko um etwa 14 Prozent", Zum Vergleich: Eine normale Unterhaltung hat einen Schallpegel von 50 Dezibel, 60 Dezibel erzeugt ein lautes Gespräch. Geräusche oberhalb von 60 Dezibel empfinden Menschen in der Regel als Stress.

"Der Körper reagiert auf laute Geräusche mit einer typischen Stressreaktion. Diese kann auch im Schlaf ablaufen, ohne dass wir dabei wach werden", erläutert Stefan Willich, Spezialist für Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Krankheiten an der Berliner Charité. Als Schutzmechanismus schüttet das Gehirn große Mengen der Stesshormone Adrenalin und Noradrenalin aus, die Nebennierenrinde setzt Cortisol frei. "Zirkulieren permanent größere Mengen dieser Stresshormone im Blut, erhöht sich das Risiko drastisch, einen Herzinfakt oder Schlaganfall zu erleiden", sagt Willich. Zudem werde das Immunsystem geschwächt. Einige Stressforscher halten daher sogar einen Zusammenhang zwischen einem hohen Cortisol-Pegel und Allergien, Asthma und auch Krebs für möglich.

Lärm sei dabei gleich Lärm - ganz egal, wie er vom Einzelnen wahrgenommen werde, sagt Willich. "Ein startendes Flugzeug hat einen ähnlich hohen Schallpegel wie ein Rockkonzert. Weil die Menschen mit dem Konzert jedoch positive Gefühle assoziieren, stört sie der dabei entstehende Lärm weniger", sagt Willich. Für die Gesundheit sei der subjektive Faktor aber nicht wichtig; entscheidend sei vielmehr die objektive Schallbelastung über längere Zeiträume hinweg.

Vor zehn Jahren hatte das Umweltbundesamt schon einmal Daten zur Gesundheitsbelastung durch Flug- und Straßenlärm erhoben. Babisch: "Überraschend für uns war dieses Mal die Erkenntnis, dass die Testpersonen bezüglich des Fluglärms anscheinend empfindlicher geworden sind. Die Betroffenen fühlen sich heute bei gleicher Schallbelastung deutlich stärker gestört als damals."

Stefan Willich bezeichnet die Ergebnisse der EU-Studie als besorgniserregend. Damit die Anwohner in Gegenden mit hoher Lärmbelastung Ruhe finden, empfiehlt er, Häuser und Wohnungen mit schalldämmenden Fenstern sowie Rollläden auszustatten. Dem Einzelnen rät Willich, notfalls mit Ohrstöpseln zu schlafen. Gegen Verkehrslärm seien auch Schallschutzwände sehr effektiv. Flughafenanwohnern nützen solche Wände jedoch nichts. Ihnen bleibt nur die Hoffnung auf modernere Flugzeuge mit leiseren Triebwerken. ... oder die Schließung des Flughafens.

Jürgen Schimrock

 

Friedbert Pflüger (CDU) im rbb, am 12. Februar 2008 zur obigen Studie:
„Was soll diese ganze Polemik? ... Kein Mensch freut sich über den Lärm ... reine Agitation der Film ... ich will den Flugbetrieb ...“
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