Masterplan für die Nachnutzung von TXL liegt vor

Wir in Reinickendorf • 09/2012

BER-Desaster bringt Zeit, um das Standortprofil zu schärfen

„Die Arbeit geht jetzt erst richtig los“. Der Chefplaner der landeseigenen Tegel Projekt GmbH Philipp Boutellier machte auf der 6. Standortkonferenz zur Nachnutzung des Flughafens Tegel klar, die Entwicklung des 460 Hektar großen Areals wird noch Jahrzehnte dauern. Er gehe davon aus, dass frühestens 2014 mit der Erschließung des Areals begonnen werde. Er  dämpfte zwar übertriebene zeitliche Erwartungen, aber die Art und Weise, wie die bisherigen Planungen angegangen und umgesetzt wurden und werden, sind beeindruckend und lassen die Hoffnung steigen, dass der vorgestellte Entwurf für einen “Masterplan TXL“ die hochgesteckten Erwartungen erfüllt.

Urban Technologies ante portas

Die geplante Ansiedlung der „Urban Technologies“ soll in 800 bis 1 000 Unternehmen mit 15- bis 20tausend Arbeitsplätzen einen Umsatz von 1,5 bis 2,5 Milliarden Euro erzeugen. Das ist ambitioniert, doch die „Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“, die insbesondere auf die globalen Großstädte zukommen, bedingen Kreativität und ebensolche hochgesetzten Ziele.

Forschung, Lehre, Entwicklung und Produktion an einem Standort, das soll der Masterplan abbilden und einen Handlungsrahmen bieten. Ein neues Wissenschaftscluster kann Entwicklungsketten kreieren. Als Reaktion auf den menschengemachten Klimawandel sollen die Themen Energiewelten, Mobilität der Zukunft und neue Werkstoffe im Experimentierraum TXL helfen, die „Smart Cities“ fit für die Zukunft machen.

„Wir sind bereit“

Die Weddinger Beuth-Hochschule für Technik soll als „Anker-Ansiedlung“, als erster Nutzer, im Terminal einchecken und somit einen zweiten Standort erhalten. Institute, die sich mit urbanen Technologien befassen, werden dort nicht nur Ingenieure ausbilden, sondern praxisnah mit Firmen zusammenarbeiten. Das Gründerzentrum wird internationale Attraktivität entwickeln. Ebenso ist der Umzug der Feuerwehrakademie auf das Areal vorgesehen. Für die Finanzierung ist ein hoher zweistelliger Millionenbetrag zu erwarten, so Staatssekretär Zimmer.

Erschließung wird konkret

220 Hektar Landschaftsentwicklung stehen an. Das gesamte Bau- und Planungsrecht liegt beim Berliner Senat. Einbezogen ist auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die ihr Hauptaugenmerk auf die Entwicklung der Cité Pasteur richten wird.

Die Erschließung wird, wie vorgesehen, vom Terminal ausgehen. Östlich davon sind Dienstleister und Forschungseinrichtungen geplant. Nach Norden hin sollen sich vornehmlich Industrieunternehmen ansiedeln. Dort wird es auch Sportangebote geben. In Richtung Kurt-Schumacher-Platz könnte eine Wohnbebauung, eventuell für Studenten, entstehen. Das baurechtliche Abstandsgebot zu Industrie und Gewerbe muss dabei allerdings berücksichtigt werden.

Offen ist noch die Entwicklung eines nachhaltigen Energie- und Recyclingkonzeptes für die alten und neuen Gebäude und das gesamte Areal. Eine Studie zur optimalen Verkehrsanbindung in alle Richtungen ist in Auftrag gegeben. Seitens der Tegel Projekt wird eine umweltschonende Schienenanbindung präferiert.

Neue Konzepte - hohe Akzeptanz

Erstaunlich, dass die Ideen und Entwürfe von allen sechs ursprünglich beauftragten Planungsbüros in den Masterplan TXL eingeflossen sind. Alle sitzen noch einem Tisch, lassen den Werkstattprozess andauern. Hier werden offenbar neue Wege gegangen, die eher einbinden als ausschließen und offenbar hohe Akzeptanz aller Akteure und der Öffentlichkeit erzeugen. Am 18. Oktober ist ein neuer Termin geplant, an dem die sechs Teams ihre Vorschläge dezidiert vorstellen können.

Zeit für Profilentwicklung nutzen

Die verspätete Eröffnung von BER in Schönefeld hat für die Planer der Nachnutzung von TXL eher positive Auswirkung. Der Zeitgewinn soll genutzt werden, das Profil des Standortes zu schärfen. Gut wäre es, wenn auch inhaltliche Anforderungen an die Nachnutzer gestellt werden würden.

Vorschläge dafür liegen, auch von der LINKEN, auf dem Tisch.So könnte die Entwicklung eines nachhaltigen und sozialen urbanen Verkehrskonzeptes mit den Forschungen, die mit der Vergabe des “Schaufensters Elektromobilität“ zusammenhängen, verküpft werden. Integrierte Bildungsangebote auf allen Nutzungsebenen sollten bei den Planungen berücksichtigt werden. Das Terminal bietet dafür ideale räumliche Möglichkeiten.

Tegel wird geschlossen

In den Einflugschneisen rund um TXL ist es derweil mehr als ungemütlich. Das erhöhte Flugaufkommen sorgt für eine unerträgliche Lärmentwicklung in den Morgen- und Abendstunden, die eigentlich seit Juni diesen Jahres der Vergangenheit angehören sollte. Einer Aufweichung des Nachtflugverbots wird auch von der LINKEN mit Nachdruck entgegen getreten. Es ist eine Verhöhnung der Betroffenen, besser: Geschädigten, wenn immer wieder, wie auch zuletzt von Frank Steffel (CDU), die Offenhaltung von Tegel gefordert wird.

Jürgen Schimrock