Vorschläge zur Nachnutzung von TXL

kommunalpolitische Themen • Flughafen Tegel

DIE LINKE Reinickendorf aktualisiert ihre Vorschläge von 2010

 

DIE LINKE Reinickendorf hat sich bereits im Juli 2010 mit ersten Vorschlägen zur Nachnutzung des Areals Flughafen Tegel zu Wort gemeldet. Die „Stadt der Zukunft“ möglich machen lautete der Grundgedanke vor zwei Jahren. Die wesentlichen Aussagen sind bis heute aktuell, teilweise in anderen Vorschlägen aufgetaucht und in der Perspektive nach wie vor zu verfolgen und umsetzbar.

Der neue Senat orientiert sich in den bisher vorliegenden Konzepten an den Vorarbeiten von Rot-Rot. Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Klimawandel und den damit zusammenhängenden ökologischen und ökonomischen Erfordernissen ergeben, werden inhaltlich aufgegriffen. Wir halten dies für richtig und unterstützen diese Entwicklung. „Urban Technologies“ sollen entwickelt, erforscht und produziert werden. Innovationscampus am Standort TXL und, ja auch im ökologisch vertretbaren Maß, Industriestandort.

Das Wort Campus verweist auf den wünschenswerten Auftrag, auch Bildungsaspekte in besonderem Maße zu berücksichtigen. Die Ansiedlung eines Teiles der Beuth-Hochschule sollte nur ein erster Schritt sein, nicht nur neue „Energiewelten“ für Kinder, Schüler, Studenten, Auszubildende und sich weiter bildende Menschen an die Themen heranzuführen, die für die weitere Entwicklung Berlins und der Welt richtungsweisend sein werden.

Ein zweiter Aspekt, den die Reinickendorfer LINKE für wichtig und unterstützendwert hält, ist das Stichwort Mobilität. Zur Neige gehende fossile Ressourcen aber auch, Luftverschmutzung, Lärmbelastung sind übergreifende Themen, die nicht mit der Entwicklung von elektrisch betriebenen PKWs beantworten werden sollten. Mobilitätskonzepte in urbanen Metropolen müssen entwickelt werden, die nachhaltig, ressourcenschonend und sozial verträglich als Exportprodukte Berlin auch als modernes, zukunftsweisendes „Schaufenster für die Welt“ erlebbar macht.

Nach wie vor: Der bisheriger Verlauf der Planung ist gut, die inhaltliche Stoßrichtung richtig, die Arbeit, das Engagement von „Tegel Projekt“ scheint in richtige Richtung zu gehen, genug Zeit für abgesicherte Planung ist (inzwischen) da.

Kritik an Senatspolitik

Leider lässt die Entwicklung einer schlüssigen Nachnutzungskonzeption noch immer auf sich warten. Der durch die verspätete Eröffnung von BER gewonnene Zeitgewinn darf keinesfalls verspielt werden. Nun kann und darf jeder erwarten, dass es auf dem Areal sofort nach endgültiger Einstellung des Flugbetriebs losgeht. Der Handlungsdruck nimmt zu. Zumindest die geplante Nutzung des Terminals muss bis zum Frühjahr 2013 konkrete Formen angenommen haben. Der Senat ist gefordert, ein schlüssiges, ausfinanziertes Konzept vorzulegen.

Bisher sind die Finanzmittel für einen Marketingplan, der diesen Namen verdient, nicht in ausreichendem Maße in die Haushaltsplanung eingearbeitet. Insgesamt ist zu bemängeln, dass die seitens des Senats avisierten Zeitpläne hinsichtlich Träger- und Finanzstruktur, sowie Co-Finanzierungen nicht eingehalten werden. Ein verbindlicher Schließungstermin von TXL lässt auf sich warten.

Auf die nicht zu erwartende längere Belastung der TXL-Anwohner antwortet der Senat mit einer Aufweichung der Nachtflugverbote. DIE LINKE lehnt dies ab und erwartet die Offenlegung der politischen und technischen Verantwortungen für das Desaster BER und vor allem Konsequenzen daraus.

Was will DIE LINKE?

DIE LINKE Reinickendorf spricht sich aus für

  • eine bessere Ausfinanzierung von „Tegel Projekt“,
  • nachhaltige Investitionen in Infrastrukturpolitik (Vermeidung von Verkehr, Verkürzung und Verlagern von Wegen, Verkehrsformenergänzungen),
  • die Ansiedlung der Agentur für Elektromobilität in Tegel,
  • die Entwicklung eines urbanen, integrierten, ökologischen und sozialen Mobilitätskonzeptes für Berlin und andere Großstädte,
  • Bildungs- und Weiterbildungsangebote auf allen Ebenen, die auf dem Campus von Anfang an strukturell eingebunden werden,
  • eine nachhaltige Bebauung, die sich an inhaltlichen und ökologischen Vorgaben orientiert und sukzessive unter Einbeziehung von Forschung und Wissenschaft organisiert werden muss.

Einigkeit herrscht Partei- und Experten übergreifend in der Einschätzung: Die Entwicklung des Areals wird lange dauern, Adlershof benötigte 20 Jahre. In der konkreten Entwicklung muss aber gelten: Qualität geht vor Quantität und Eile und alle Nutzungen, auch Zwischenlösungen müssen sind an den konzeptionellen politischen Vorgaben orientieren.

DIE LINKE Reinickendorf stellt zwei oben angerissene Themen in den Fokus:

1. Urbanes Verkehrskonzept

Es existiert kein integriertes Verkehrskonzept für Berlin, das auf die Veränderungen an die Anforderungen durch den Klimawandel eingeht. Dabei gibt es drängende Fragen, die (nicht nur für Berlin) dringend der Antworten bedürfen.

Welche technologische Infrastruktur muss geschaffen werden, um aus S-, U- und Straßenbahn, Elektro-, Klein- und Minibussen, einem inneren Autobahnring, gemeinschaftlich genutzten e-PKW und e-Fahrrädern bis hin zu deren kostenloser oder flatrate- Nutzung ein soziales, integriertes Angebot an Berliner, Pendler und Touristen zu schaffen, das individuelle PKW-Nutzung, Lärmentwicklung und Energieverbrauch senkt hilft oder vermeidet?

Was muss, was kann Politik und industrielle Innovation und Entwicklung leisten um soziale, ökologische, strukturelle und gesundheitliche Auswirkungen veränderten Verkehrsverhaltens in Berlin als Ziel zu formulieren und mittelfristig Vorschläge zu Veränderungen zu erwirken?

Inwieweit kann bzw. muss ein kostenloser, genauer: ein steuer- oder abgabenfinanzierter, ÖPNV Bestandteil eines sozialen und integrierten Verkehrskonzeptes sein?

Diese Fragestellungen können als ein inhaltliches, konzeptionelles Thema seitens der Politik in die Nachnutzungs-Konzeption für TXL gegeben werden.

Ziel von Politik und Forschung muss es sein, den Energie-Verbrauch deutlich abzusenken. Nur so ist letztlich eine „Energie-Wende“ überhaupt vorstellbar. Eine „Mobilitätswende“ gehört zu den Stellschrauben zur Vermeidung von Energieverbrauch. Sie hat aber natürlich mittelbare Auswirkungen auf die Organisation von Arbeit, Reise- und Kommunikationsverhalten und Zeitmanagement.

Anknüpfend an „Smart Cities-Ranking“ (Berlin: Platz 7) in dem Berlin insbesondere unter den Aspekten Innovation und Lebensqualität punkten konnte, kann dieses Thema globale Ausstrahlung und somit wirtschaftliches Potential für die Stadt entwickeln.

Berliner Politik muss (und kann) sich entscheiden, ob e-Mobilität individuell oder öffentlich und sozial (Carsharing, Klein-Busse, Bahnen, Fahrräder, e-Busse, flexibles Mitfahr- und Miet-Management) entwickelt werden soll.

Das „Schaufenster Elektromobilität“ kann und sollte genutzt werden, um sich gegenüber Mitbewerbern durch alternative Konzepte abzuheben.

Verkehrsplanung ist integraler Bestandteil von Stadtplanung. 80 % aller Emissionen im Stadtverkehr entfallen auf den PKW. Motorisierter Individualverkehr (MIV) konkurriert um Zeit- und Platzgewinn. Öffentlicher, solidarischer Verkehr ergänzt sich, vermeidet dadurch Kraftstoffverbrauch, Lärm und Staus. Jede Forderung nach elektrogestütztem MIV muss die Frage beantworten, woher der benötigte Strom kommen und wie er erzeugt werden soll. Solange Strom nicht zu 100 % erneuerbar produziert wird, muss effiziente Nutzung im Verkehr Vorrang haben und das spricht für den ÖPNV. Solange Strom aus Kohlekraftwerken genutzt wird, spricht die CO2-Bilanz für die Nutzung verbrauchsarmer Kraftstoff-PKW.

Die Entwicklung stadtverträglicher Kleinstfahrzeuge, die der jeweiligen Nutzungsanforderung gerecht wird, sowie ein benutzerfreundliches und –zugewandtes, preiswertes Angebot für Pendler aus dem Umland können ein ideales, sich ergänzendes und elektrogestütztes Angebot sein.

Das Thema Verkehr kann und soll natürlich nur eins unter anderen relevanten Themen sein. Es ist aber ein wichtiges, das relativ schnell umsetzbar ist und Signalwirkung und Innovationskraft haben kann. Kreative, soziale Lösungen helfen, Menschen und deren Lebensgewohnheiten in den „entwickelten“ Städten und Ländern des Nordens und Westens zu verändern.

Städte wurden von und für Menschen gebaut, nicht in erster Linie für Autos, auch nicht für elektrobetriebene. Die verkehrstechnische Anbindung von TXL, sowie der Campus-interne Verkehr und auch die Kommunikationsstrukturen müssen inhaltlichen Vorgaben Rechnung tragen. Dabei ist von e-Bussen und -Rädern bis zur Schwebebahn vieles vorstellbar.

2. Integrierter Bildungsansatz

Die Beuth-Hochschule wird voraussichtlich ein Fünftel bis ein Viertel des Terminals nutzen. Interesse bekunden ebenso die TU Berlin und Fraunhofer-Institute. Diese Ankernutzung kann ein Anfang sein, Forschung, Entwicklung, Innovation, Produktion und Bildungsangebote regional und konzeptionell auf einem Campus, der dann diesen Namen verdient hätte, zu vereinen.

DIE LINKE macht sich stark für integrierte Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten auf dem Cam-pus. Entsprechende Angebote an Kitas, Schulen, Hochschulen, Betriebe, Gewerkschaften und Politik könne neue, langfristige, transparent und thematisch ausgerichtete Verknüpfungen von Lehre, Forschung und Innovation herstellen.

Wir sind überzeugt: der Erfolg eines Nachnutzungskonzeptes für TXL hängt nicht in erster Linie vom Geld ab. Phantasievolle, innovative Problemlösungen sind der Schlüssel. Politik muss Innovation und Phantasie systematisch ein- und befördern und helfen die praktische Umsetzung zu organisieren und zu realisieren.

„Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“ Albert Einstein