BVV-Report zur 22. Sitzung

Felix Lederle

Einwohnerfrage zur Verkehrsberuhigung im Waldseeviertel +++ Debatte zum Planungsstopp der Radverkehrsanlage auf der Ollenhauerstraße +++ Mündliche Anfrage zum Thema Mieterschutz Ziekowkiez +++ Änderung der Geschäftsordnung +++ Große Anfrage zum Kinder- und Jugendschutz +++ Umbenennung der Walderseestraße

Einwohnerfragen

Nachdem Bezirksstadträtin, Frau Schrod-Thiel (CDU), die Einwohnerfrage zur Verkehrsberuhigung im Waldseeviertel leider verneint hatte, machte Felix Lederle für die Partei DIE LINKE. Reinickendorf deutlich, dass es für die Schildower Straße nicht mehr darum geht, ob, sondern nur noch wie der ortsfremde Autoverkehr in dieser Nebenstraße unterbunden wird. Die Ankündigung des Bezirksamts, die Nebenstraßen vom Waldseeviertel zur Sackgasse machen zu wollen, ist zu begrüßen. Das hin und her der Bezirkspolitik bei der Frage der Verkehrsberuhigung des Waldseeviertels ist allerdings ein Ärgernis, denn Politik muss berechenbar sein. Eine Fahrradroute von Glienicke durch das Waldseeviertel zum S-Bahnhof Hermsdorf und eine Förderung des Radverkehrs in der Schildower Straße sind das Ergebnis einen langjährigen, breiten Diskussionsprozesses und müssen nun umgesetzt werden.

Im Rahmen der Debatte zum Planungsstopp der Radverkehrsanlage auf der Ollenhauerstraße äußerte Felix Lederle bei allem Verständnis, dass eine neue Regierung eigene Schwerpunkte setzen können muss, deutliche Kritik am pauschalen und undifferenzierten Planungsstopp unzähliger Radverkehrsprojekte in Berlin und auch im Bezirk und erst recht, wenn sich der Staat damit in eine rechtliche Grauzone begibt und im Ergebnis Steuergelder verschwendet werden. Die Kontinuität von Regierungshandeln sei aus guten Gründen ein hohes Gut in der Demokratie, argumentierte er. Die zuständige Bezirksstadträtin, Frau Schrod-Thiel (CDU), kritisierte, dass ihre Grüne-Amtsvorgängerin Frau Korinna Stephan keine „Bürgerbeteiligung“ zur Radverkehrsanlage Ollenhauerstraße durchgeführt hat und kündigte an, dies nun nachholen zu wollen. Felix Lederle forderte das Bezirksamt auf, erstens von Anfang an transparent zu machen, welche Form von Bürgerbeteiligung angestrebt wird, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden und zweitens nicht nur die Anwohnerinnen und Anwohner und Gewerbetreibenden einzuladen, sondern auch die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer und nicht zuletzt die Radfahrenden, die die Ollenhauer Straße nutzen, um von A nach B zu kommen. Die berechtigten Interessen dieser Bevölkerungsgruppen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden und die Verkehrssicherungspflicht des Staates ist strikt zu beachten.

Mündliche Anfragen

Felix Lederle wollte zum Thema Mieterschutz Ziekowkiez wissen, welche Schritte das Bezirksamt unternimmt, um angesichts der aktuellen Mieterhöhungswelle der Vonovia in Berlin und auch im Ziekowkiez die seinerzeit von Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU) mit Vonovia ausgehandelte Vereinbarung zum Schutz der dortigen Mieterinnen und Mieter in der Praxis durchzusetzen, wonach Mieterhöhungen für fünf Jahre nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen ausgeschlossen werden. Anders als bei einer ähnlichen Anfrage von Felix Lederle vor einem Jahr ist der zuständigen Stadträtin Frau Korinna Stephan (Grüne) die Vereinbarung, die 2019 von Senatorin Katrin Lompscher, Mieterverein und MieterGemeinschaft gelobt wurde, mittlerweile immerhin bekannt. Nach ihrer Interpretation der Vereinbarung verstößt die Vonovia mit den Mieterhöhungen im Ziekowkiez allerdings nicht gegen die Vereinbarung, weil die Baumaßnahmen im Ziekowkiez noch nicht abgeschlossen sind. Die Nachfrage von Felix Lederle, ob ihr bekannt sei, dass die Vonovia bei zwei Mieter*innenversammlungen vor zahllosen Zeugen versichert hat, die Vereinbarung würde auch die Zeit *vor* Abschluss der Modernisierungs- und Baumaßnahmen umfassen, verneinte sie ebenso, wie die Bitte von Felix Lederle, konkrete Schritte zur Durchsetzung der Vereinbarung zum Mieterschutz zu unternehmen, da sie hierfür nicht zuständig sei. Letzteres verwunderte viele Mitglieder der BVV, hindert Frau Stephan aber nicht, das aus ihrer Sicht zuständige Mitglied im Bezirksamt damit zu betrauen, dafür zu sorgen, dass die Vereinbarung nicht nur vom Bezirksamt, sondern auch von der Vonovia eingehalten wird, worum sie von Felix Lederle dringend gebeten wurde.

Neue Drucksachen: Änderung der Geschäftsordnung der BVV

Wie ursprünglich von Kai Bartosch und Felix Lederle für DIE LINKE und von der FDP beantragt: „Gruppen“ von zwei Einzelverordneten derselben Partei erhalten zukünftig mehr Redezeiten und Rechte als Einzelverordnete. Auch wenn ihr laut Wahlergebnis wie der FDP zwei Verordnete zustehen, ist DIE LINKE allerdings nur noch mit einem Einzelverordneten vertreten. Einzelverordnete dürfen sich zukünftig bis zu vier und mithin einen zusätzlichen Ausschuss als Mitglied aussuchen. Felix Lederle wird entsprechend künftig zusätzlich im Ausschuss für Schule und Facility Management mitarbeiten. Die GO-Änderungen wurden einstimmig beschlossen.

Beratung offener Drucksachen

Im Rahmen der Debatte zur Großen Anfrage zum Kinder- und Jugendschutz würdigte Felix Lederle die Bemühungen der nur elf hiermit betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksamts für einen adäquaten Umgang mit weit über tausend Anzeigen von möglichen Kindeswohlgefährdungen pro Jahr. Es bestand weitgehend Einigkeit in der BVV, dass die in diesem Bereich eingesetzten Ressourcen zu gering sind gemessen am Bedarf und angesichts der deutlich zu niedrig bemessenen Globalsummenzuweisung des Senats an die Bezirke in den Haushaltsberatungen bestenfalls punktuell nachgebessert werden kann. Felix Lederle warf in seiner Rede die Frage nach den Ursachen für den besorgniserregenden Anstieg von Kindeswohlgefährdungen in Reinickendorf und in ganz Deutschland auf, um nicht nur Symptome zu bekämpfen und wichtige Hilfe für die Betroffenen zu organisieren, sondern die ursächlichen Probleme anzugehen. Empirisch wurden folgende Ursachen für Kindeswohlgefährdungen in Deutschland ermittelt: zum einen chronische Disharmonie in der Familie wie Partnerkonflikte, Partnerschaftsgewalt, Trennung, Scheidung etc. und zum anderen niedriger sozioökonomischer Status, sozioökonomische Belastungen wie Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme, Überschuldungssituation, schlechte Wohnverhältnisse etc. Wäre die soziale Lage in Deutschland gut, wäre das Problem dennoch nicht beseitigt, denn z.B. Partnerkonflikte oder Partnerschaftsgewalt haben zum Teil andere Ursachen. Wäre die soziale Lage in Deutschland gut, wäre das Problem aber doch zumindest eingedämmt, weil die sozioökonomischen Faktoren eine geringere Rolle spielen würden. Die soziale Lage in Deutschland wird in der aktuellen Zeit vieler Krisen aber immer schlechter, so dass zu befürchten ist, dass auch die Herausforderung des Umgangs mit Kindeswohlgefährdungen in den Kommunen immer größer wird. Widersprüchlich ist es deshalb, dass SPD und Bündnis 90/ Die Grünen, als sie alleine eine Mehrheit im Bezirksamt Reinickendorf hatten, die seinerzeit von der eigenen Landesregierung zur Verfügung gestellten Finanzmittel für eine Koordinationsstelle zur Prävention von Kinder- und Familienarmut, anders als die anderen Bezirke in Berlin, nicht in diesem Bereich eingesetzt haben. Ob sich diese falsche Abwägungsentscheidung in den laufenden Haushaltsberatungen korrigieren lässt, ist angesichts der Haushaltslage im Bezirk ebenfalls fraglich. Was die Bundesebene betrifft, muss man feststellen, dass die Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut für die Ampel keine größere Priorität besitzt. Die Kindergrundsicherung bspw. wird entweder gar nicht oder auf Sparflamme eingeführt und die vorgesehenen Finanzmittel werden stattdessen für Aufrüstung verwendet. Gleichzeitig will die CDU-SPD-Landesregierung ausgerechnet jetzt die soziale Trägerlandschaft Berlins zusammenkürzen. Am Ende werden die Kommunen mit der Bewältigung und dem Krisenmanagement der Folgen einer sich immer weiter zuspitzenden sozialen Frage mehr oder weniger allein gelassen. Fazit: Es braucht einen Politikwechsel auf allen Ebenen für mehr soziale Gerechtigkeit.

In seiner Rede zur Einbringung des geänderten Antrags der damaligen Linksfraktion „Umbenennung der Walderseestraße“ stellte Felix Lederle klar, dass DIE LINKE. Reinickendorf Umbenennungen von Straßen und Plätzen nur im begründeten Einzelfällen für sinnvoll und notwendig hält, bei Umbenennungen grundsätzlich die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner beteiligen will und verdienstvolle Frauen mit Bezug zum Bezirk bei Umbenennungen und Namensgebungen generell bevorzugt werden sollten, weil es auch in Reinickendorf ein extremes Missverhältnis gibt zwischen Benennungen nach Männern und Frauen. Gemäß der Ausführungsvorschriften zu § 5 des Berliner Straßengesetzes (AV Benennung) sind Umbenennungen „nur zulässig zur Beseitigung von Straßennamen mit Bezug auf den Kolonialismus, sofern die Straßen nach Wegbereitern und Verfechtern von Kolonialismus, Sklaverei und rassistisch- imperialistischen Ideologien oder nach in diesem Zusammenhang stehenden Orten, Sachen, Ereignissen, Organisationen, Symbolen, Begriffen oder ähnlichem benannt wurden.“ Da mehrere dieser Kriterien bezogen auf General Waldersee zutreffen, wurde die Umbenennung der Walderseestraße, die bereits vor rund 25 Jahren in der BVV kontrovers diskutiert worden ist, nun dank der Enthaltung der CDU-Fraktion beschlossen.