BVV-Report zur 29. Sitzung

Felix Lederle

Baumaßnahme Schildower Straße +++ Schließdienst im Bülow-Gymnasium +++ Stadtbibliothek am Schäfersee +++ Kinder- und Jugendparlament +++ Bebauung des TetraPak-Geländes +++ Schneller-Bauen-Gesetz +++ Integration Geflüchteter und Umsetzung der Schulpflicht +++ Rechtsanspruch Kita +++ Mehrheit für SPD-Anträge nur mit Stimmen der AfD

Einwohneranfragen:

Die Stadträtin Fr. Schrod-Thiel informierte, dass der Beginn der Baumaßnahme Schildower Straße derzeit noch unklar sei, da die Finanzierung der Gesamtmaßnahme nicht gesichert ist aufgrund der allgemeinen Baukostensteigerung in Folge von Lieferengpässen, Materialknappheit und gestiegenen Energiepreisen, wodurch die realen gegenüber den kalkulierten Kosten in diesem Fall von 1,8 auf 2,2 Millionen Euro gestiegen sind. Felix Lederle informierte aus dem Hauptausschuss, dass die SE Finanzen des Bezirksamts und die Ausschussmitglieder derzeit keinen Weg sehen, diese Mehrkosten an anderer Stelle im Bezirkshaushalt einzusparen. Hierzu Lederle: „Der Bezirkshaushalt ist aufgrund der Sparpolitik des CDU-SPD-Senats bereits deutlich unterfinanziert und risikobehaftet. Deshalb muss Politik priorisieren. Für Die Linke hat die geplante Baumaßnahme in Übereinstimmung mit der dortigen Bürger*inneninitiative keine Priorität. Sinnvoll wäre es mit Blick auf den klammen Bezirkshaushalt, auf diese Baumaßnahme zu verzichten, die ohnehin nicht zu einer Verkehrsberuhigung im Wohngebiet führen würde, sondern im Gegenteil zu einer Aufhebung des LKW-Verbots und stattdessen mit einem Bruchteil der eingeplanten Finanzmittel vor Ort den ersten Kiezblock im Bezirk zu realisieren.

Felix Lederle machte in Übereinstimmung mit dem fragenden Gesamtelternvertreter deutlich, dass das vom Bezirksamt recht kurzfristig angekündigte Wegkürzen des Schließdienstes im Gabriele-von-Bülow-Gymnasium nicht zu einem Abbau wichtiger Bildungsangebote der Schülerinnen und Schüler und einer Beeinträchtigung der Elternarbeit führen darf. Hierzu Lederle: „Es handelt sich um eine bilinguale Schule mit musischem Schwerpunkt im offenen Ganztagsbetrieb und die vielen externen Lehrkräfte sind ebenso auf einen verbindlichen Schließdienst auch nach Dienstschluss des Schulhausmeisters um 15 Uhr angewiesen wie die Reinigungskräfte. Es ist richtig, dass der Bezirksstadtrat Hr. Muschner Anfang der Folgewoche mit der Schulleitung ins Gespräch geht und ggf. muss das Thema im Schulausschuss besprochen werden, wenn keine Lösung gefunden wird.“

Die Antwort des Bezirksamts auf die verdienstvolle Frage von Hr. Schröter (Seniorenvertretung Reinickendorf) nach der Zeitschiene zum Umbau der Stadtbibliothek am Schäfersee fiel ernüchternd aus. Demnach ist davon auszugehen, dass es noch lange dauern wird, bis die Menschen in Reinickendorf-Ost ihre Bücherei wieder nutzen können. Der darauffolgende verständliche Unmut des Fragestellenden, dürfte kein Einzelfall im Kiez sein.

Mündliche Anfragen:

Obwohl bereits 2020 u.a. auf Antrag von Die Linke die Einrichtung eines Kinder- und Jugendparlaments mit breiter Mehrheit durch die BVV beschlossen worden ist, musste das Bezirksamt (Fr. Stephan für den krankheitsbedingt fehlenden Hr. Ewers) auf Anfrage der CDU eingestehen, es sei nach wie vor „offen wie oft, wo und wann“ das Kinder- und Jugendparlament erstmals tagen wird. Hierzu Lederle: „Ich begrüße es, dass Kinder und Jugendliche an der Umsetzung beteiligt werden und verstehe, dass dies Zeit braucht und auch, dass durch die Corona-Pandemie ein Zeitverzug entstanden ist, fordere den zuständigen SPD-Stadtrat Hr. Ewers aber auf, den Umsetzungsprozess nun zu beschleunigen und der BVV zeitnah eine verbindliche Zeitschiene zur Einführung des beschlossenen Kinder- und Jugendparlaments vorzulegen.“

Zum Thema Bebauung des TetraPak-Geländes in Heiligensee informierte die zuständige Stadträtin Fr. Stephan, dass im Frühsommer die ersten Schritte im B-Planverfahren mit der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und gleichzeitig der Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange erfolgen werden, dass der Baubeginn allerdings noch unklar ist. Hierzu Lederle: „Ich freue mich sehr, dass ganz im Sinne meines Antrags „Wohnungsbau auf dem TetraPak-Gelände vorantreiben!“ von 2022 und auch ohne BVV-Beschluss hierzu ein Verkauf des Grundstücks an eine Tochter der GEWOBAG erfolgt ist, die anders als andere Voreigentümer nicht mit Bauland spekulieren, sondern Wohnungen bauen will. Es muss nicht von null angefangen werden, die Ergebnisse der früheren Bürgerbeteiligung und bisherigen Planungen sind zu berücksichtigen und im Ergebnis müssen gemäß dem von Die Linke verschärften Berliner Modell 30 % Sozialwohnungen errichtet werden.

Im Rahmen der Mündlichen Anfrage von Lederle zum Eckpunktepapier des Senats für ein "Schneller-Bauen-Gesetz", wonach zukünftig Bau- und Genehmigungsverfahren für "größere" Bauprojekte von der Bezirks- auf die Landesebene übertragen werden sollen, stellte sich heraus, dass der Senat bis dato nur sehr grobe und rudimentäre Vorstellungen hat, was er eigentlich will und dass die Bezirke bislang mehr schlecht als recht einbezogen worden sind. Der Referentenentwurf wurde dem Bezirksamt für März angekündigt und durchgesetzt haben die Bezirke, dass im April eine Beratung des Senats mit den Bezirken hierzu stattfinden soll. Dann muss im BVV-Ausschuss informiert werden. Das Bezirksamt hat eine Stellungnahme abgebeben zu den Punkten Personalbedarf, Rückmeldefristen der Verwaltung und Abbau von Doppelzuständigkeiten. Hierzu Lederle: „Das hehre Ziel, schneller bauen zu wollen, darf nicht dazu führen, dass Bürgerbeteiligung und wichtige Gutachten z.B. zum Umwelt- und Naturschutz keine Rolle mehr spielen. Es gilt Gründlichkeit und Qualität vor Schnelligkeit und wer im hier und jetzt schneller, gut bauen lassen will, sollte den bezirklichen Bauämtern ausreichend Personalressourcen zur Verfügung stellen, anstatt die Bezirke kaputt zu sparen, wie es der CDU-SPD-Senat tut.“

Offene Drucksachen:

Im Rahmen der Großen Anfrage von Die Linke und Bündnis 90/ Die Grünen zur „Integration Geflüchteter und Umsetzung der Schulpflicht“ wurde deutlich, dass rund 900 Kinder im schulpflichtigen Alter für (mindestens) zwei Jahren auf dem Gelände der zurecht aufgrund der teilweise menschenunwürdigen Unterbringungssituation scharf kritisierten Großunterkunft des CDU-SPD-Senats in Tegel vor Ort beschult werden sollen. Hierzu Lederle: „Der CDU-SPD-Senat erfüllt seine verfassungsmäßige Verpflichtung nicht, allen geflüchteten Kindern und Jugendlichen das Recht auf Bildung zu gewähren, denn auf der Warteliste des Senats stehen immer noch rund 1.000 schulpflichtige Kinder und hinzu kommen nochmal so viele unbegleitete, minderjährige Geflüchtete, die derzeit nicht beschult werden. Immerhin findet die Beschulung in Tegel mittlerweile statt, leider allerdings nur vor Ort. Willkommensklassen für geflüchtete Kinder sind ein Anfang, aber dass diese nicht am Regelschulstandort, sondern für längere Zeit abseits der Regelschulen eingerichtet werden, sehe ich sehr kritisch. Denn die Schule ist ein sozialer Ort, der Begegnungen und gemeinsames Lernen ermöglicht, wodurch Vorurteile abgebaut werden und die Begegnung mit einheimischen Kindern ist für den Spracherwerb und die Integration der Neu-Berliner*innen essenziell wichtig, aber auch für die Entwicklung von interkultureller Kompetenz bei den einheimischen Kindern. Die aktuellen Planungen des Senats sehen dennoch vor, dass die Kinder in Tegel ca. zwei Jahre vor Ort beschult werden und dann erst gleichmäßig auf alle 12 Bezirke verteilt werden. Ich empfehle dem Bezirksamt, sich bereits zeitnah mit den anderen Bezirken abzustimmen und gemeinsam in Verhandlungen mit dem Senat um die notwendigen Ressourcen für u.a. Schulanbauten einzutreten, damit diese Schulplätze so schnell wie möglich und nicht erst in zwei Jahren geschaffen werden und zudem selbst unbürokratisch zu prüfen, ob und wo bereits früher doch noch freie Kapazitäten an Reinickendorfer Schulen geschaffen werden können.“

Im Rahmen der Großen Anfrage Rechtsanspruch Kita - Kann das der Bezirk leisten?“ machte Lederle deutlich, dass das Ziel einer guten Versorgung des Bezirks mit Kita- und Tagespflegeplätzen für Die Linke von großer politischer Bedeutung vor allem im Hinblick auf eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine gute Bildung von Anfang an ist. Jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr hat nach § 24 SGB VIII einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege, was für sein Wohlbefinden, seine Bildungs- und Entwicklungsprozesse und damit auch für seine Zukunft zentral wichtig ist. Die Versorgung mit Kita-Plätzen hat sich zuletzt im Bezirk und im ganzen Land Berlin ein Stück weit entspannt, was auf die großen Bemühungen von Politik und Gesellschaft zurückzuführen ist, nicht zuletzt aber v.a. auch auf das abgeschwächte Bevölkerungswachstum Berlins. Dennoch besteht planerisch immer noch ein ungedeckter und noch zu finanzierender Platzausbaubedarf auch im Bezirk. Dabei bestehen deutliche regionale Unterschiede im Hinblick auf die Versorgungssituation und bezogen auf Reinickendorf ist tendenziell der Norden besser versorgt als der Süden des Bezirks. Lederle hierzu: Zum Stichtag 31.10.2022 verfügten 26,6 Prozent der Kinder unter 6 Jahren in Berlin weder über einen Kitagutschein, noch über einen Betreuungsvertrag in der Kindertagesbetreuung. In Reinickendorf betraf dies mit 30,5 % überdurchschnittlich viele Kinder und nur Spandau ist im Bezirksvergleich noch schlechter. Betroffen hiervon sind v.a. Kinder aus sozial benachteiligten Familien und aus Familien mit Migrationsgeschichte. Dies führt zu gravierenden Nachteilen dieser Kinder im Bereich der Bildung und Teilhabe sowie auch Gesundheit und zu gesellschaftlichen Folgeproblemen und -kosten. Deshalb müssen aus meiner Sicht gerade bei uns im Bezirk diese Familien im Rahmen der Familienförderung noch gezielter insbesondere über die Stadtteilmütter angesprochen und von einer frühen Bildungsvermittlung überzeugt werden.“

Zum Abschluss der Sitzung fanden zwei Anträge der SPD-Fraktion nur mit den Stimmen der AfD-Fraktion eine Mehrheit (gegen die CDU-Fraktion). Hierbei handelte es sich nicht um ein Versehen, denn das Votum der AfD war in beiden Fällen vorher bekannt. Um die großen politischen Fragen ging es bei diesem Strategiewechsel der SPD-Fraktion, der sich bereits seit Wochen angekündigt hatte, nicht. Zum einen ging es um die Frage, wo genau ein von allen Verordneten erwünschter zusätzlichen Zugang/Übergang zum S-Bahnhof Frohnau geschaffen werden soll und zum anderen um die Frage, ob für die Wiederherstellung des natürlichen Ufers und eines intakten Land-Wasser-Übergangs in Tegelort das Parken durch geeignete Maßnahmen unterbunden werden soll. Beide Anträge waren aus Linker Sicht sinnvoll, weshalb Lederle ihnen zustimmte. Hierzu Lederle: Für Grüne und Linke galt und gilt, dass wir keine unserer eigenen Anträge beschließen lassen, wenn dafür die Stimmen der AfD benötigt werden. Für die SPD gilt dies nun leider nicht mehr. Die SPD-Fraktion Reinickendorf ist die einzige SPD-Fraktion in Berlin, die diese neue Linie praktiziert, mit Hilfe der AfD zu Mehrheiten zu kommen, um in Reinickendorf die CDU in die Minderheit zu versetzen. Genau dies hat die SPD umgekehrt acht Jahre lang gegenüber der CDU kritisiert. Die AfD wird dadurch aufgewertet, sie wird zum Bestandteil des politischen Spiels und zur Mehrheitsbeschafferin mal für die CDU und mal für die SPD.“