BVV-Report zur 30. Sitzung

Felix Lederle

Razzia im Bezirksamt +++ Radverkehrsanlagen +++ Flughafensee +++ Baubeginn des Märkischen Quartiers +++ Containerunterkünfte +++ Tiny Houses +++ Kita-Plätze +++ Parkraumbewirtschaftung für Reinickendorf-Ost +++ Fußgängerfreundliche Ampelschaltung +++ Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut +++ positives Jahresergebnis 2023

Einwohneranfragen

Auf die Frage nach den Hintergründen der Razzia im Bezirksamt informierte die Bezirksbürgermeisterin Frau Demirbüken-Wegner (CDU), dass kein Korruptionsverdacht gegen den Fachbereich Straßenbau, wohl aber gegen einen ihrer Mitarbeiter besteht, der des Dienstes enthoben und gegen den ein Disziplinarverfahren eröffnet worden ist, wobei noch unklar sei, ob Anklage erhoben wird. Zudem wurden Verfahren bei Ausschreibungen und Vergabe überprüft und teilweise geändert.

Gefragt nach der Planung von Radverkehrsanlagen in Verantwortung des Bezirks antwortete die zuständige Stadträtin Frau Schrod-Thiel (CDU), dass es sich im Jahr 2024 nur um vier handelt. Auf die Kritik von Bündnis 90/ Die Grünen erwiderte die CDU, dass dies immerhin mehr sei, als in der seinerzeitigen Verantwortung der Grünen-Stadträtin Fr. Stephan. Hierzu Lederle (Die Linke): „Die Frage, wer weniger hinbekommen hat, interessiert mich nicht. Insgesamt geht die Modernisierung der Infrastruktur für Radfahrende und Fußgänger*innen viel zu langsam voran und von einer Verkehrswende sind wir meilenweit entfernt, zumal der Senat es nicht hinbekommt, die BVG so zu finanzieren, dass diese in der Lage ist, dringend benötigte Busfahrer einzustellen und der Bund Mittel für den ÖPNV und zum Beispiel die Heidekrautbahn zusammengestrichen hat.“

Auf die Frage vieler Anwohner*innen, weshalb das nördliche Ufer des Flughafensees abgesperrt worden ist, führte die zuständige Stadträtin Frau Schrod-Thiel (CDU) aus, dass dies einer Handlungsempfehlung des im Dezember 2021 veröffentlichten Gutachtens entspricht, in welchem festgestellt wurde, dass in größeren Bereichen der Uferböschung keine Standsicherheit gegeben ist, so dass die Gefahr eines Abrutschens besteht. Zudem sind viele Palisaden morsch. Da die in der Folgezeit aufgestellten Hinweisschilder nicht beachtet wurden und das Bezirksamt für die Verkehrssicherheit zuständig ist, wurde mit einer Presseerklärung über die Sperrung informiert und diese dann vorgenommen. Lederle hierzu: „Die BImA als Eigentümerin muss Maßnahmen ergreifen, die Uferböschung zu stabilisieren.“ 

Mündliche Anfragen

Auf die Frage von Lederle, ob mit dem mehrfach verschobenen Baubeginn des Märkischen Quartiers – wie Ende letzten Jahres vom Investor angekündigt – nun endlich im zweiten Quartal zu rechnen sei, informierte die Stadträtin Fr. Stephan (Grüne), dass dies zu ihrem Leidwesen immer noch unklar ist und lediglich eine Verlängerung der Baugenehmigung beantragt wurde.

Auf die Frage von Lederle, ob das Bezirksamt dem Senat alternative Standorte für die von ihm abgelehnten und vom Senat präferierten Standorte für Containerunterkünfte (z.B. Am Borsigturm) vorgeschlagen hat, stellte sich heraus, dass der Senat die Bezirke bei dieser Frage praktisch nicht beteiligt und die Alternativvorschläge des Bezirks alle ohne Begründung zurückgewiesen worden sind. Hierzu Lederle: „Wir benötigen dringend zusätzliche Unterbringungsplätze für Geflüchtete, denn die Unterbringung in der Massenunterkunft des Senats in Tegel ist teilweise menschenunwürdig und eine Schande für Berlin. Nach wie vor gibt es keine schlüssige Erklärung, weshalb keine Modulare Unterkunft beim Paracelsusbad realisiert wird, zumal die Berliner Bäderbetriebe den SPD-Vorschlag aus dem Wahlkampf 2021 abgelehnt haben, dort ein Außenbecken zu errichten. Bei der Unterbringung der Geflüchteten handelt sich um eine gemeinsame, gesamtstädtische Aufgabe und die Weigerung des Senats, die Bezirke zu beteiligen, die stattdessen neuerdings nur aus der Presse von wichtigen sie betreffenden Plänen des Senats erfahren, ist nicht zielführend.“

Bei der Frage, ob der Bezirk dem Beispiel anderer Bezirke folgen möchte, Tiny Houses für Wohnungslose aufzustellen, machte der zuständige Stadtrat Hr. Brockhausen (SPD) deutlich, dass er derzeit keine Möglichkeit dafür sieht, weil weder ein geeignetes Grundstück, noch ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stehen, versicherte aber, dass er sich beim Senat dafür einsetzt, dass Reinickendorf Teil eines neuen Modellprojektes wird. Hierzu Lederle: „Der CDU-SPD-Senat hat die Politik zur Überwindung von Wohnungslosigkeit der Vorgängerregierung nahezu komplett in die Tonne getreten, um Kosten zu sparen und ich bin skeptisch, ob überhaupt nur ein neues Modellprojekt aufgelegt wird.“

Offene Drucksachen

Im Rahmen einer erneuten Debatte zum Thema Kita-Plätze in Folge einer ähnlichen Großen Anfrage wie im März forderte Lederle für Die Linke das Bezirksamt erneut auf, Maßnahmen zu ergreifen, den Anteil derjenigen Kinder im Bezirk unter 6 Jahren, die weder über einen Kitagutschein, noch über einen Betreuungsvertrag in der Kindertagesbetreuung verfügen (30,5 %), zumindest auf den Berliner Durchschnitt von 26,6 % abzusenken. Betroffen sind v.a. Kinder, die aus sozial benachteiligten Familien und aus Familien mit Migrationsgeschichte stammen. Im Ergebnis führt dies bei vielen Kindern zu gravierenden Nachteilen im Bereich der Bildung und Teilhabe sowie auch Gesundheit und somit auch zu gesellschaftlichen Folgeproblemen und -kosten. Weshalb im Bezirksvergleich nur Spandau noch schlechter dasteht und inwieweit dies auf eine unterschiedliche Verwaltungspraxis zurückzuführen ist, konnte das Bezirksamt nicht aufklären. Erfreulicherweise sagte der zuständige Stadtrat Hr. Ewers (SPD) zu, sich des Themas annehmen zu wollen. Hierzu Lederle: „Ich empfehle dem Bezirksamt, sich gegenüber dem Senat für einen Stellenaufwuchs im Rahmen des Landesprogramms Stadtteilmütter einzusetzen, denn die Stadtteilmütter sind bestens geeignet, die betroffenen Familien im Rahmen der Familienförderung gezielt und interkulturell kompetent anzusprechen und die Anzahl der Stadtteilmütter ist gemessen am sozialen Bedarf deutlich zu klein.“

In der Debatte zum Antrag für ein Parkraumbewirtschaftungskonzept für Reinickendorf-Ost zwischen Markstraße und Provinzstraße argumentierte Lederle, dass der Parkdruck vor Ort spürbar gestiegen ist, seit die Parkraumbewirtschaftung in Berlin-Mitte ausgeweitet wurde und Parkraumbewirtschaftung den Anwohnerinnen und Anwohnern in Reinickendorf-Ost dank der Anwohner-Vignette für 20,4 Euro für zwei Jahre helfen würde, einen Parkplatz in der Nähe zu finden. An ein solches Konzept stellte Lederle folgende Anforderungen: Erstens: Die Anlieger (Haushalte und Gewerbetreibende) sind zu beteiligen! Zweitens: Die Auswirkungen auf die umliegenden Kieze sind zu berücksichtigen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass aus Linker-Sicht bei der Parkraumbewirtschaftung immer eine soziale Staffelung vorgesehen werden muss, denn Autofahren soll nicht vom Geldbeutel abhängen. Zudem sollte es großzügigere Ausnahmetatbestände geben als dies derzeit noch der Fall ist, zum Beispiel für mobilitätseingeschränkte Menschen, die nicht die Kriterien erfüllen für den blauen EU-Parkausweis für Schwerbehinderte, was aber auf Landesebene zu regeln ist. Gleichwohl wurde der Antrag mit den Stimmen von CDU und AfD abgelehnt, die einen kostenfreien Parkplatz vor der Haustür selbst in einer Metropole wie Berlin offenbar für ein Menschenrecht halten, ohne einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten, wie dies in Reinickendorf-Ost umgesetzt werden soll und offensichtlich auch in Zeiten der Klimakatastrophe immer noch dem Leitbild der autogerechten Stadt anhängen.

Vorlagen zur Kenntnisnahme

Infolge des von Die Linke initiierten Antrags „Fußgängerfreundliche Ampelschaltung Wilhelmsruher Damm/ U8-Aufzug“ ist das Bezirksamt gegenüber dem Senat vorstellig geworden und wurden die Grünphasen verlängert.

Verschiedenes

Die Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut, für die sich Die Linke in der BVV jahrelang eingesetzt hatte, konnte nun endlich besetzt werden.

Durch die Basiskorrektur haben sich die Globalsummen erhöht und zu einer entsprechenden nachträglichen Erhöhung der Zuweisung durch den Senat geführt. Der Bezirk Reinickendorf hat insgesamt ein positives Jahresergebnis 2023 in Höhe von 12,5 Mio. Euro erwirtschaftet und steht somit im Bezirksvergleich gut da. Äußerst besorgniserregend ist hingegen die Lage im Nachbarbezirk Pankow.