Bürgerinitiative gibt nicht auf

Wir in Reinickendorf • 12/2004

Vor Ort in Heiligensee: Jutta Matuschek (MdA)

Es wird früh dunkel am Freitag Nachmittag, Ende November. Kalter Wind weht durch die Schulzendorfer Straße. Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus informiert sich vor Ort über die Pläne zum Ausbau der Straße. Eingeladen hat die Bürgerinitiative. Mehrere Gesprächsrunden mit den anderen Parteien haben nichts gebracht. Trotz aller Proteste: Das Bezirksamt (BA) will im nächsten Frühjahr mit den Arbeiten beginnen. Was kann die PDS da noch tun?

Familie Böhme nimmt sich unser an. Sie ist in den 80er Jahren dorthin gezogen, weil sie "im Schatten der Mauer" Ruhe erhoffte. Die Nachbarn links und rechts und weiter vorn ebenso. Mit dem Bau der Autobahn und mehr noch nach der Maueröffnung war es mit der Ruhe vorbei. Mit dem Verkehr ließ sich´s leben, sagen die Böhmes, als die Polizei wegen Straßenschäden 30 km/h-Schilder aufstellte. Wo sind die Schäden? fragt der Laie; er sieht Kopfsteinpflaster, wie es in dieser Region oft vorkommt und für einen dörflichen Charakter sorgt. Und von Zeit zu Zeit repariert werden muss.

Im Frühjahr wurden die Anwohner von einem Handzettel des BA überrascht, dass ein Teil ihrer Straße ausgebaut, d.h. asphaltiert werden soll. Familie Böhme erzählt: nahezu alle unmittelbaren Anwohner hätten sich dagegen ausgesprochen. Spontan bildete sich eine BI, die dem BA und den Parteien in der BVV Fragen stellte und über andere Wege nachdachte. Das war im Denken der führenden Bezirkspolitiker nicht vorgesehen. Auch der negative Bescheid des Petitionsausschusses im Abgeordnetenhaus zu einer Eingabe der BI, wesentlich gestützt auf eine Stellungnahme von Bezirksbürgermeisterin Wanjura, lässt die meisten Fragen unbeantwortet. Dort wird einmal von einer "ausgebauten", ein anderes Mal von einer "nicht erschlossenen" Straße ausgegangen.. Die Behauptung des BA, die Ausbaupläne seien die kostengünstigste Variante, andere würden doppelt so hoch liegen, lässt die BI nicht gelten, zumal andere Varianten nicht vorgestellt und vorgerechnet wurden. Ein von der BI privat in Auftrag gegebenes Gutachten soll Klarheit schaffen.

Wer braucht eine ausgebaute Schulzendorfer Straße? Das Land Berlin, das sie als Kat. III in den Stadtentwicklungsplan Verkehr stellte und als Ausweichstraße für die Autobahn benötigt? Das BA? Als Förderungsmaßnahme für die bezirkliche Bauwirtschaft? Warum sollen das aber die Anwohner bezahlen, die davon am wenigsten hätten? Die zu erwartende Kostenbeteiligung - so die Böhmes - würde nicht wenige Anwohner, darunter auch die Kirche, vor unüberwindbare finanzielle Probleme stellen. Die Einkommensstruktur in der Straße sei durchaus heterogen - die sozialen Folgen sind absehbar.

Aufgeben will und wird die BI nicht. Jutta Matuschek hat Unterstützung zugesagt. Sie will ihre Möglichkeiten auf Landesebene nutzen.

Ach so, das Weihnachtsgebäck bei Familie Böhme schmeckte "so wat von lecker"...

Jürgen Schimrock