Aus der BVV
Wir in Reinickendorf • 11/2002
Prüfdienst auf dem Prüfstand
NACHGEHAKT
»Große Anfrage« der PDS in der BVV
»Die Jagd der Doris Kühn«, so die Überschrift einer Reportage in »Ver.di Publik« vom August. Gemeint war nicht die Jagd auf Steuerhinterzieher oder gar Kriegstreiber. Nein, gemeint war »homo schmarotzus sozialiens«, der/die gemeine Sozialhilfebetrüger/in.
Ein Satz ließ mich aufmerken: »Doris Kühn bemüht sich, schnell wieder aus der Wohnung zu kommen.« War sie bedroht worden? Nein, es war der Anblick einer »verwahrlosten« Wohnung und einer mit der Erziehung ihrer Kinder offensichtlich überforderten Mutter. Einen Erfolg nannte sie es trotzdem: »Einsparung: vielleicht 40 Prozent.« Da kommt doch Freude auf.
Die »Große Anfrage« der PDS sollte nun endlich mehr Licht in die Intentionen und Aufgaben des Prüfdienstes beim Sozialamt Reinickendorf bringen. Insbesondere ging die Zielrichtung zur Beratungspflicht des Sozialamtes, wenn dort Missstände bekannt werden.
Sozialstadtrat Balzer (CDU) antwortete u. a., dass Aufgaben- bzw. Stellenbeschreibungen für »die Leitung des Prüf- und Ermittlungsdienstes... nicht öffentlich zugänglich sind.« Schriftliche Anweisungen an die Außendienstmitarbeiter/ innen, ihren Beratungspflichten nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nachzukommen, gibt es nicht. Doch wird während der Prüfung ein ergänzender Bedarf festgestellt, »werden die hilfesuchenden Bürger darauf hingewiesen, im Sachgebiet einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dies wird im Prüfbericht festgehalten.« Eine Statistik, ob dies je geschehen ist, existiert allerdings nicht.
Deutlich wird nun: Offensichtliches Ziel der Arbeit des Prüfdienstes ist die offensive Einsparung von Aufwendungen nach dem BSHG. Aufklärung, Beratung und Hilfestellung haben sekundäre Bedeutung, sind nachrangig. Inwieweit bei Überprüfungen auch Denunziationen eine Rolle spielen, ließ sich leider nicht klären.
Jürgen Schimrock