Das Jugendparlament Reinickendorf
Wir in Reinickendorf • 12/2002
LEERE VERSPRECHEN
Parteiunabhängig? Frei? Kreativ? Wie denn?
Anfänglich waren wir 21 Jugendliche, motiviert und optimistisch genug zu glauben, wir könnten im Bezirk etwas verändern. Wir gründeten AGs, kamen einmal im Monat zusammen und schickten Vertreter in Gremien. Die Politiker waren sichtlich begeistert, sprachen uns Mut zu und waren vor allem stolz, das Jugendparlament als Vorbild für andere Bezirke zu bezeichnen.
Jetzt, wo wir aktiv geworden sind, wollen sie uns nicht mehr, es wird ihnen unangenehm. Warum? Wir wehren uns gegen die rücksichtslosen Schließungen von Jugendeinrichtungen. Wir haken nach, was hinter den Versprechungen steckt. Und wir sehen nichts. Wir wurden gegen unseren Willen einfach rausgeschmissen aus unserem Haus im Märkischen Viertel. Bevor wir die Chance hatten, irgendwas dagegen zu tun, saßen wir schon auf der Straße, bzw. in einem winzigen Raum im »Fuchsbau«, als Übergangslösung. Die Wohnung, in die wir dann umziehen sollten, war viel zu klein. Der Grundriss, der uns gegeben wurde, war falsch. Wir wurden belogen vom Stadtrat, der doch so begeistert von uns war. Das Beste ist aber: Wir dürfen den ganzen Umzug selbst bezahlen. Aus unserem Etat, der eigentlich für die Jugendlichen im Bezirk gedacht ist, müssen wir Feuerlöscher, einen Erste-Hilfe-Kasten und die Einrichtung bezahlen. Wir sind nun auch nur noch acht Mitglieder. Die Arbeit in den AG's stockt und ein Mitarbeiter wird gestrichen. Aktionen, die wir planen, werden von den Politikern systematisch im Keim erstickt.
Wir hatten zum Beispiel ein Wochenende geplant, an dem Jugendliche graffiti als Kunst hätten darstellen können. Wir wollten ihnen die Möglichkeit bieten, ihr Hobby legal auszuüben und ihre Werke auszustellen. Doch kamen Einwände von Politikern: »Die Jugendlichen werden angestiftet, Wände zu beschmieren, unseren schönen Bezirk zu verschandeln. Das kommt natürlich alles wieder vom Jugendparlament.« Mittlerweile werden uns Sachen »in die Schuhe geschoben«, an denen wir nicht beteiligt waren und nichts wussten. Es ist echt unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass Politik schon im Kleinen so korrupt ist und soviel Macht über den Einzelnen hat.
Uns Jugendlichen wird pure Ignoranz entgegengebracht. Das ist Tatsache; und es ist wirklich schade, weil die Jugend doch Deutschlands Zukunft ist.
Anna