Aus dem Rathaus
Wir in Reinickendorf • 06/2003
Wenn Überzeugungen der Politik trotzen
Paradox? PDS stimmt mit der CDU
„Stimmt was nicht?“ fragen sich manchmal einige Bezirksverordnete, wenn die Arme nach oben gehen, wenn abgestimmt wird über Anträge, Ersuchen oder Empfehlungen in der BVV Reinickendorf. Eine berechtigte Frage, wenn die Einzelverordnete der PDS gemeinsam mit der CDU und/oder der FDP stimmt, gegen die „linke“ Seite, die SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Natürlich muss man/frau das erklären und...man /frau kann es auch. Sie unterliegt ja (glücklicherweise?) keinem Fraktionszwang, ist, im wahrsten Sinne des Wortes, nur sich selbst und ihrem Gewissen verpflichtet. So weit...so einfach...denkt man/frau, dachte auch Renate Herranen. Ist es aber nicht.
Jedenfalls nicht, wenn die eigene Partei, die PDS, im Berliner Abgeordnetenhaus und in Regierungsfunktion im Kinder-, Jugend- und Sozialbereich eben keine soziale, gerechte, kinderfreundliche Politik macht, wenn „realpolitische“ Entscheidungen in den Berliner Bezirken tiefgreifende und langfristig negative Auswirkungen auf Kitas, Schulen und andere soziale Einrichtungen haben. Logischerweise wehren sich die Bezirke, verabschieden Anträge, die berechtigte Sorgen der Betroffenen, unabhängig von Parteipräferenz, artikulieren.
So kommt es, dass eine Bezirksverordnete der PDS sich gemeinsam mit der CDU gegen mögliche Kitabeitrags-Erhöhungen ausspricht - aus tiefster Überzeugung aussprechen muss. Geschehen ist dies (wieder einmal) während der letzten BVV-Sitzung am 14. Mai, findet (leider und ungewollt) Beifall auf der „rechten“ Seite und legt natürlich Widersprüche in der eigenen Partei offen.
Aber davon ist Renate Herranen auch überzeugt, dass Parteien wie die CDU oder FDP eine wohl noch weniger soziale und gerechte Politik im Abgeordnetenhaus umsetzen würden. Den Nachweis haben sie in den letzten Jahrzehnten hinlänglich geliefert. Sie tut sich da schwer, kämpft mit ihrem Gewissen, den GenossInnen im Abgeordnetenhaus, versucht (bisher vergeblich) rot-rote Realpolitik nachzuvollziehen.
Obsiegen wird immer ihr Engagement für die Menschen, die sie gewählt haben, für die sie politisch agiert. Auch wenn es manchmal schwer fällt – sie orientiert sich an Wahlaussagen, Parteiprogramm und die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen im Bezirk und der Stadt. Bei und mit ihnen schlägt ihr Herz und so wird sie sich auch in Zukunft bei Abstimmungen inhaltlich links, parteiisch verhalten und „das ist auch gut so“!
Jürgen Schimrock