Am Rande
Ehrhardt und Marx?
Und Recht hatt er! Es bedarf nicht viel an Bildung oder nur an Vernunft und keiner Ideologie um Ottmar Schreiner (SPD, MdB) uneingeschränkt zuzustimmen: Das Ziel politischen Handelns muss sein, dass es allen, und darauf kommt es an, allen Menschen besser gehen soll. Zitiert hatte der Sozialdemokrat Ludwig Ehrhardt (CDU), nicht den Erfinder sondern den politischen Umsetzter der „sozialen Marktwirtschaft“ im westlichen Nachkriegsdeutschland. Mit dem Hinweis, dass er nicht Karl Marx zitiert hätte, brachte er seine grundsätzliche Kritik an der neoliberalen Politik seiner Partei auf den Punkt.
An zahlreichen plastischen und detaillierten Beispielen machte der SPD-Genosse deutlich, dass das maß der Politik immer der ganze und jeder Mensch sein muss.
Zum Thema „Vollbeschäftigung und Arbeitsmarktpolitik“ vertrat Ottmar Schreiner am 23. September im Reinickendorfer Ratskeller vehement seine Meinung, dass das Grundproblem (noch immer) die wachsende Verteilungsungerechtigkeit ist. und die zunehmende soziale Spaltung der Gesellschaft sich derzeit auf vielen Ebenen vollzieht. Seine Partei sei daran momentan in nicht hinzunehmender Weise beteiligt.
Widerspruch war nicht zu vernehmen von der Reinickendorfer SPD-Basis und den Gästen – erstaunlich genug, ging es doch um einen Grundpfeiler der Schröder’schen „Agenda 2010“, an der dieser seine politische Zukunft festgemacht hat. Unverhoffte Begegnungen dieser Art tun gut und lassen Hoffnung auf einen Trendwechsel in der SPD, auf eine Rückbesinnung auf soziale Grundpositionen.
War es eigentlich zufällig oder bezeichnend, dass bis auf sehr wenige Ausnahmen keine BVV-Verordneten der SPD-Fraktion den Weg in den Ratskeller gefunden hatten? Den Sachverstand und das politische und menschliche Rückgrat eines Ottmar Schreiner könnte diese jedenfalls gebrauchen.
Horst Jusch