BVV-Splitter

Wir in Reinickendorf • 8/2005

40. Sitzung, 8.6.2005

Elf mündliche Anfragen der Verordneten (Rekord!) führten auf verschiedene Schauplätze im Bezirk- von der Zukunft der Reinickendorfer Bewegungspädagogen über evtl. abstürzende Fassadenteile am Schwimmbad im Märkischen Viertel zur „barrierefreien Zuwegung“ zum Poloplatz, vom Kartenvorverkauf für die Kriminacht über die Serenade am See zur Bepflanzung auf Schulhöfen, vom Beachvolleyballfeld im „Fuchsbau“ über eine mögliche Briefwahl per Internet zum verblühten Sonnenblumenfeld gegenüber dem Rathaus. Dabei erfuhren die Verordneten von Baustadtrat Dr. Wegner (CDU), dass er grundsätzlich die „Berliner Morgenpost“ nicht lese, nicht der erste Sachbearbeiter seiner Abteilung sei, seinerzeit Bio abgewählt und immer noch eine Narbe von herabstürzenden Mauersteinen habe, was sein Freund Ingo (Haberkorn, natürlich CDU) bestätigen könne. Ein Ordnungsruf des Vorstehers (auch CDU) sollte ihn offenbar daran erinnern, dass er sich nicht auf einer Klassenfete befindet.

SPD und B90 erkundigten sich nach der Hortbetreuung an Schulen. Schulstadtrat Ewers (CDU) vermittelte ein realistisches Bild über im Bezirk gefundene Lösungen und notwendige „Umplanungen“ wegen drastischer Mittelkürzungen. In der Debatte wurden das „Hopplahopp“-Verfahren (B90), der „Kraftakt“(FDP) des Senats in der Bildungspolitik, die „bildungspolitische Katastrophe“ (Renate Herranen) gegeißelt; die SPD dagegen hielt das „besonders schnelle Tempo“ der Reformen für gerade richtig.

Ohne neue Argumente, aber umso wortgewaltiger bemühte die CDU erneut das Thema Forensisch-therapeutische Ambulanz in Tegel. Die Senatorinnen für Justiz und Gesundheit hatten dem Bezirksamt in einem ausführlichen Schreiben noch einmal die Beweggründe für ihre Entscheidung über den Standort der Einrichtung dargelegt. Die Verordneten erfuhren davon in einer Vorlage zur Kenntnisnahme in Erledigung der BVV-Entschließung vom 10.3.2005. Anstatt gemeinsam mit den Senatsbehörden, der Polizei und dem Ordnungsamt eine gezielte Aufklärungsarbeit zu leisten, um verstärkt auf die subjektiven Befürchtungen der Anwohner einzugehen, will die CDU nun den „unsäglichen Umgang“ von Senatorin Schubert mit den Menschen „missbilligen“(D. Steffel).

Bürgermeisterin Wanjura hatte offenbar bei ihrer Fraktion eine Große Anfrage (GA) „bestellt“, um sich 40 Minuten lang über die Bedeutung des Religionsunterrichtes, über Wertevermittlung und Orientierungslosigkeit in der Gesellschaft auszulassen. Der Eindruck, einer Grundsatzrede der Stellvertretenden CDU-Landesvorsitzenden auf einem CDU-Parteitag beizuwohnen, wurde  dadurch verstärkt, dass nicht der zuständige Bezirksstadtrat die GA beantwortete und die Situation in Reinickendorf in der Erklärung nicht berührt wurde. SPD-Fraktionvorsitzender Höhne sah sich deshalb veranlasst, von einer „äußerst peinlichen Rede“ und einem „schlechten Schauspiel“ zu sprechen. Der CDU waren in der Beurteilung der SPD-Politik Analogien zum Kommunismus und zur SED nicht zu schade, was die SPD natürlich gänzlich unerträglich fand. Einzelverordnete Renate Herranen- sie ist Erzieherin- verwies auf den Werteverfall hin, den die Kinder in der Schule und in den Familien täglich erleben, auf die Lügen der Politik, die die Ungerechtigkeiten von Hartz IV und 1-Euro-Jobs rechtfertigten.

Mit 27 (CDU) zu 22 Stimmen (FDP, SPD, B90, Renate Herranen) wurde der FDP-Antrag abgelehnt, das Bezirksamt solle prüfen, „ob das totale Grillverbot im öffentlichen Raum (des Bezirkes) aufgehoben werden kann und z. B. speziell ausgewiesene Flächen in Zusammenarbeit mit privaten Betreibern bewirtschaftet werden können“. Die „rigide Fratze des Zentralismus“- so Frau Hollube (FDP) - sei ein „extremer Standortnachteil“ für Reinickendorf. Bezirksstadtrat Dr. Wegner (CDU) bestätigte seine „umgangssprachlich“ zuvor in der Öffentlichkeit getätigte Äußerung, ihm sei es piepe, was die BVV dazu beschließe. Er beschwor „chaotische Zustände“ wie 1999 herauf. Der Vandalismus einer Grillsaison habe den Bezirk 100.000 DM an Schadensbeseitigung gekostet. Solange er Verantwortung trage, werde es das nicht wieder zulassen.
Das könnte gegebenenfalls bei den Wahlen 2006 geändert werden. Ein besonderes Beispiel dafür, wie die CDU Demokratie im Bezirk praktiziert!

An der BVV-Sitzung nahm der kulturpolitische Sprecher der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Wolfgang Brauer teil.

K.G.