Besser zusammen wohnen lernen

Wir in Reinickendorf • 11/2006

Ein Integrationsprojekt der GESOBAU

Die GESOBAU hat eine Arbeitsgemeinschaft „Integration“ geschaffen und eine „Integrationsbeauftragte“ berufen. Nicht irgend jemand, sondern die langjährige und verdienstvolle vormalige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats, Prof. Barbara John.

Problembeschreibung

Dass ein öffentliches Unternehmen wie die GESOBAU sich über Integration Gedanken macht, findet Prof. John durchaus beispielhaft; gerade öffentliche Unternehmen hätten immer auch einen sozialen Auftrag. Das gelte nicht nur für Berlin, sondern überall dort, wo viele Menschen unterschiedlichen Alters, Herkommens und Einkommens auf engem Raum leben; viel zu oft nebeneinander und nicht miteinander. Soziale Kontakte sind schwieriger und seltener geworden. Die Andersstämmigen in der Nachbarschaft seien nur ein Teil des Problems, wenngleich vielleicht zur Zeit noch der auffälligste Teil.

Man könnte viele Ursachen für diese Entwicklung nennen, abfinden sollte man sich damit nicht. Hochinteressant findet Frau Prof. John deshalb zum Beispiel ein Projekt der Greenwich-Schule im Märkischen Viertel „Jung hilft Alt“.

Gutes Wohnklima ist mehr als die Bereitstellung von vier Wänden mit dem notwendigen Service. Es wird auch dadurch bestimmt, wie jemand mit den Nachbarn zurechtkommt, wie er die Möglichkeiten des Wohnumfeld kennt und sie nutzen und beeinflussen kann. Die wichtigste unter diesen Möglichkeiten ist vermutlich, selber an der Herausarbeitung der Regeln und Verhaltensweisen mitzuwirken, mit denen gute Nachbarschaft gedeiht.

Lebensnotwendige Migration

Natürlich haben dabei diejenigen besondere Hürden zu überwinden, die aus einem anderen Kulturkreis stammen, die deutsche Sprache zunächst unvollkommen beherrschen und nicht wissen, wo sie Ansprechpartner finden. Insofern hat das Integrationsprojekt der GESOBAU auch sehr viel mit Migration zu tun.

Prof. Barbara John hält es für einen großen Fortschritt, dass die Bundesrepublik auch im öffentlichen Bewußtsein zu einem Einwanderungsland geworden ist. Es ist viel schöner, in einem Einwanderungsland zu leben als in einem Auswanderungsland, sagt sie bei Gelegenheit. Sie ist auch der Ansicht, dass Deutschland Einwanderer braucht. Nicht aus demografischen Gründen, sondern wegen ihrer Ideen und Geschäftsenergien und vor allem, weil wir mit ihnen selber Weltoffenheit, Kenntnis anderer Kulturen und Toleranz im Umgang gewinnen - lebensnotwendig für eine Wirtschaft, die so stark vom Export abhängt wie die deutsche.

Erste Schritte

Nach einer Reihe Gespräche und einem Treffen mit Vertretern Freier Träger und bezirklicher Einrichtungen sind dies die ersten Schritte des Integrationsprojektes:

Ansprechpartner schaffen.
Die GESOBAU bildet eine türkischstämmige junge Frau als Immobilienkauffrau aus. Für den zentralen Mieterbeirat wurde ein Mitglied mit Migrationshintergrund gewonnen. Das gleiche ist auch für die Mieterbeiräte in den Wohnraumgruppen angestrebt.

Treffpunkte einrichten.
Die GESOBAU wird einige Wohnungen als Nachbarschaftstreff ausstatten; ob das nun jeweils ein Café, ein Club, ein Internettreff werden soll, wird sich in Gesprächen mit den Mietern herausstellen.

Wohnortnaher Deutschkurs.
Der Hilfsfonds der GESOBAU wird das finanzieren. Das Interesse ist groß. Besonders wichtig findet es Frau Prof. John, dass diese Kurse mit Gesprächskreisen verbunden werden, die durchaus praktische Beratung und Orientierung geben sollen.

Im Übrigen hat sich die Arbeitsgemeinschaft weitere Gespräche mit den Mietern vorgenommen. Frau Barbara John ist zur Zeit Honorarprofessor an der Humboldt-Universität bei der Ausbildung von Völkerkundlern; sie freut sich darauf, mit ihren Studenten in das Märkische Viertel zu kommen.

Hans Schuster