Der mit doppeltem Boden malt

Wir in Reinickendorf • 02/2008

Der Maler Eberhard Ugowski - Ausstellung im Roten Laden

Ist es ein Glück, wenn man in eine zweite Haut schlüpfen kann? Eberhard Ugowski mit seiner hintergründigen Bildersprache kann es und hat es in drei Jahrzehnten auf immer neue überraschende Weise fertiggebracht - als Maler mit einer herausfordernd fremden Figurenwelt umstellt, die er auf seinen Ölbildern anderen mitteilt. Viele Jahre verantwortlich in der Kulturarbeit, im Filmwesen der DDR tätig gewesen – soll man sich da heute als Verlierer sehen?

Ugowski hat sich selbst ungezählte Male als Don Quixote gemalt, als den spindeldürren Ritter mit den hohen Idealen, den die übermächtigen Zeitumstände wohl beiseite drängen können, aber "sie haben ihn nicht übermocht", wie es in einer alten jüdischen Schrift heißt. -

Begegnung und Gespräch

Dies ist kein Maler im Atelier hoch über den Dächern, sondern einer, der immer schon die Begegnung und das Gespräch mit den Leuten suchte. Außer dem Don Quixote greift er auch immer wieder Figuren, Landschaften und Symbole heraus, die alle Betrachter kennen oder doch sofort zu einem Rätsel oder einer Antwort für sich selbst weiterformen können. Er scheut weder den Anklang an die deutsche Spätromantik in der vor 100 Jahren zum gehobenen Schlafzimmerkitsch gewordenen "Toteninsel" des deutschen Malers Amold Böcklin wie an das Symbol des vordem zahllos oft gemalten christlichen "Heiligen Abendmahls", dieser folgenreichen Versammlung Gleichgesinnter, die bald stolze Gelassenheit, bald aufkommende Katastrophenahnung, bald wieder frohe Erwartung willkommener Gäste ausstrahlen kann.

Der parteinehmende Griff in die Symbolkiste der aktuellen Politik sitzt Ugowski ganz locker, - noch lockerer nur der schmunzelnde Umgang mit erotischen Symbolen, die die Nähe zum höchst zart und in feinster Kultur gemalten Schwulst nicht scheuen, so dass man erinnert wird an das Gebot des großen Malers und Grafikers Otto Pankok an seine Kollegen und Jünger: "Du sollst den Kitsch riskieren!"; was meinte, scheue dessen Nähe nicht; nicht gemeint war: Vergiß das Niveau deines Empfindens und Denkens!

Ungelegener Sensenmann

Und mit zunehmenden Alter und wachsender Erfahrung mit seinen Ausstellungen hat der heute 70jährige sein reiferes Maß gefunden, das selbst dem Tod eine neue Ordnung abverlangt, dem Knochenmann, der in seinen Bildern seit wenigstens 15 Jahren einen immer wieder behaupteten Platz einnimmt. - "Sei jetzt still und warte gefälligst", bedeutet Ugowski dem Skelett mit der Sense in einem Bild seiner letzten Jahre, wobei er selbst und seine Lebensgefährtin in einer idyllischen Landschaft sitzend einer Pianistin lauschen; einer Pianistin, die ihr Instrument so selbstverständlich in diese Landschaft gestellt hat, wie das eben in Ugowskis Bildern üblich ist. Und um keine Zweifel aufkommen zu lassen, was hier gespielt wird, teilt der Titel des Bildes mit, es handele sich um eine Klaviersonate von Schostakowitsch, wegen deren der Sensenmann jetzt ungelegen kommt.

Zwischen Mai und Ende September findet sich immer wieder eine wachsende Zahl von Neugierigen, auch Kauflustigen und Verehrern dieses Malers, der das Malen nie in einer akademischen Laufbahn gelernt hat, in der "Hofgalerie" (richtiger wohl "Apfelgartengalerie") ein - in dem winzigen aber gut erreichbaren Ort Bebersee im Wald an der B 109, eine Auto-Viertelstunde hinter Groß Schönebeck. Hier stellt er an Sonntagnachmittagen aus und daneben die in Pastellen von der Schönheit der Uckermark und der Schorfheide schwelgende (sofern man auch leise schwelgen kann) Malerin Britta Bastian, Ugowskis Lebensgefährtin.

Richard Müller, 16348 Wandlitz-Stolzenhagen