Am Rande

Wir in Reinickendorf • 04/2012

Armes Deutschland?

Oben und unten, links und rechts, viel und wenig - Gegensätze gibt es viele. Ob in Reinicken­dorf, Berlin oder Deutschland, sie spielen in der täglichen Realität eine Rolle, sind präsent, prägen Verhalten und Umgang von Menschen unter- und miteinander. Doch kein Begriffspaar greift so tief in die Existensbedingungen von Menschen ein wie „arm und reich“. Kaum ein anderes ist so umstritten - weil es so schwer zu definieren ist.

Armut und Reichtum sind relative Begriffe, hängen stark von gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen ab. Aber, das Verhältnis zu­ein­­ander in einem definierten Um­feld ist immer konkret und entsprechend zu beschreiben - dabei, und be­sonders, auch Kennzeichen für den sozialen Zustand eines Landes.

Die „Einkommensschere“, ein Maß­stab von vielen für Armut und Reichtum, geht gerade in Deutschland immer weiter ausein­ander.

Zu geringe Lohnerhöhungen für abhängig Beschäftigte lässt die Kaufkraft seit Jahren sinken. Besonders Kinder sind immer mehr, stärker als Erwachsene, von Armut betroffen. Altersarmut nimmt zu, 11,5 Prozent der Rentnerhaushalte leben unter der Armutsgrenze. In Reinickendorf sind 24,2 Prozent der Migranten armutsgefährdet. Selbst das Deutsche Institut für Wirtschaft konstatiert, dass nicht nur bei Nie­drig­­löhnern und Zeitarbeitern, sondern auch bei Durchschnittsver­die­nern der Reallohn sinkt. Die Einkommenssteuer ist inzwischen auf einem Rekordhoch.

Für Wohlhabende dagegen ist Deutschland nach wie vor ein Niedrigsteuerland - keine Vermögenssteuer, geringer Spitzensteuersatz. 2011 verdiente ein Vorstandschef eines Dax-Unternehmens im Schnitt 13 Prozent mehr als 2010, über sechs Mio. Euro!

Fünfzig Prozent der Bevölkerung besitzt 99,9 Prozent des Nettover­mögens - fünfzig Prozent den Rest. So zerschneidet die „Schere“ unser Land. Armes Deutschland?!

Reineke Fuchs