Linke Opposition gegen Stillstand und Rückschritt

Mit der Entscheidung der SPD, sich lieber der CDU zuzuwenden, statt Rot-Grün-Rot und damit eine progressive Politik fortzusetzen, droht ein Rückfall in altbekannte Zeiten.

Anne Helm

Schon in den 90ern und von 2011–16 war das Markenzeichen von SPD-CDU-Koalitionen, dass permanent große Taten angekündigt wurden, die in der Realität dann aber zumeist ausblieben oder im Desaster endeten, wie der Bankskandal oder der Bau des BER. Genau diese Politik hat nicht zuletzt zum Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit der Berliner Politik geführt, von dem die CDU selbst im Wahlkampf profitiert hat. Leider deutet schon jetzt manches darauf hin, dass sich die Geschichte zu wiederholen droht. Anders als das 9-Euro-Sozialticket, um das wir als LINKE gekämpft haben, wird das von der SPD versprochene 29-Euro-Ticket Ende April höchstwahrscheinlich auslaufen. Und es ist eher fraglich, ob es vor 2024 zurückkehrt. Großspurig wird der Bau von zehntausenden Wohnungen angekündigt, obwohl gerade viele private Immobilienunternehmen ihre Projekte stornieren und die Baubranche in eine Krise zu rutschen droht. Ein milliardenschweres Sondervermögen für Klimaschutz wird vereinbart, aber mit welchen konkreten Maßnahmen die Ziele erreicht werden sollen, bleibt völlig unklar.

Geschichtsvergessen werden vermeintlich prestigeträchtige Großprojekte wie Olympia 2036 angekündigt, anstatt die wesentlichen Probleme der Stadt anzupacken.

DIE LINKE hat früher schon gezeigt, wie man aus der Opposition gegen eine realitätsferne Ankündigungspolitik vorgehen kann. Es gilt, sich nicht nur auf eine Kritik an den Plänen des Senats zu beschränken, sondern realistische Alternativen dazu zu entwickeln, Verbündete in der Zivilgesellschaft dafür zu gewinnen und gemeinsam auch außerparlamentarisch Druck auf die schwarz-rote Koalition auszuüben. Zum Teil können wir dabei auf bereits Erarbeitetes zurückgreifen, wie auf unser Konzept für den kommunalen Wohnungsbau, Strategien im Kampf gegen Obdachlosigkeit oder Vorarbeiten für eine Ausbildungsplatzumlage. Bei anderen Themen werden wir uns aber auch Dinge neu erarbeiten und um neue Bündnisse werben müssen. Beispielsweise für eine entschlossene und soziale Klimaschutz-, Umwelt- und Energiepolitik.

Und natürlich müssen wir auch Widerstand organisieren, wenn wichtige Initiativen und erkämpfte Projekte zurückgedrängt werden sollten. Das ist unter anderem in der Antidiskriminierungspolitik, beim Kampf gegen Rechtsextremismus oder den Aufnahmeprogrammen für Geflüchtete zu befürchten.

Nicht zuletzt müssen wir uns aber auch fragen, warum sich viele Menschen gerade außerhalb der Innenstadt von Rot-Grün-Rot abgewendet haben und wie wir deren Vertrauen zurückgewinnen können. Vor Ort sein, den Menschen zugewandt und zuhören, Fragen aufgreifen und gemeinsam Antworten entwickeln, das muss auch in der Opposition ein Markenzeichen der LINKEN sein. Legen wir los!

Anne Helm,
Co-Vorsitzende der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

Übernahme aus mittendrin 04/2023