Cité Foch: Kulturkampf um Parkplätze - bezahlbare Wohnungen Fehlanzeige

MieterEcho 06/2023

Felix Lederle

In der Cité Foch im Ortsteil Wittenau befindet sich ein großes für Wohnungsbau geeignetes Grundstück im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und somit in öffentlichem Besitz. Entstehen dort für Berlinerinnen und Berliner bezahlbare Wohnungen? Nein. Wird darum gestritten? Leider zu wenig und stattdessen dreht sich die aktuelle Auseinandersetzung um PKW-Stellplätze...

Öffentliche Baugrundstücke in Berlin sind kostbar, der Bezirk besitzt keine eigenen mehr und die Flächenkonkurrenzen sind riesig. Berlin ist eine Mieterstadt! Die Preise für Wohnungen und Baugrundstücke sind in Folge jahrelanger ungebremster internationaler Spekulation mit Berliner Betongold ebenso auf dem Mond wie aus anderen Gründen die Baukosten. In einer Zeit vieler Krisen und stark gestiegener Lebenshaltungskosten steht vielen Menschen bis weit in den Mittelstand das Wasser bis zum Hals. Ist es eine öffentliche Aufgabe der Politik, die Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen, wie es in der Verfassung von Berlin, leider nicht einklagbar, festgeschrieben steht und haben hier eventuell auch der Bund z.B. mit Blick auf das Mietrecht, das v.a. Bundesrecht ist und die BImA mit Blick auf ihre Grundstücke in Berlin eine Verantwortung?

Jahrelang hat sich das Land Berlin in Abstimmung mit den jeweiligen Bezirken bemüht, die BImA dazu zu bewegen, Flächen für die wachsende Bundeshauptstadt zur Verfügung zu stellen. Meist leider ohne Erfolg und so auch in der Cité Foch. Rot-rot-grüner Senat und CDU-geführter Bezirk hatten sich am Ende der letzten Legislatur in Ermangelung besserer Alternativen geeinigt, auf einem Teil der fraglichen Fläche eine perspektivisch auch für Einheimische nutzbare modulare Unterkunft für Geflüchtete mit Wohnungszuschnitt (MUF 2.0) zu errichten. Dies wurde seinerzeit von der BImA mit der Begründung verweigert, stattdessen 590 Werkswohnungen für Bundesbedienstete bauen zu wollen.

Gemäß dem Berliner Modell der Kooperativen Baulandentwicklung, das durch Senatorin Lompscher (DIE LINKE.) zugunsten des Ziels bezahlbarer Wohnungen verschärften worden ist, war die BImA wie alle anderen Vorhabenträger immerhin verpflichtet, einen 30 %-Anteil an mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum (Sozialwohnungen) zu errichten und der seinerzeitige Bezirksbürgermeister Balzer (CDU) bekräftigte noch im August 2020 in einer schriftlichen BVV-Anfrage diese Verpflichtung. Nach den Wahlen 2021 teilte die neu zuständige Stadträtin Stephan (Grüne) im zuständigen BVV-Ausschuss am 16.6.22 hingegen überraschend mit, dass die BImA von dieser gesetzlichen Verpflichtung, bezahlbare Wohnungen in der Cité Foch zu bauen, befreit wurde! Eine schriftliche Anfrage der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus (Drucksache 19/ 12463) bestätigte am 4.7.22, dass die von Herrn Geisel (SPD) geführte Senatsverwaltung in Abstimmung mit der Grünen-Stadträtin der BImA eine Ausnahmegenehmigung erteilt und sie aus der Verpflichtung entlassen hatte, Sozialwohnungen zu errichten. Begründet wurde dies damit, dass die BImA für alle Wohnungen eine Mietpreisbindung vereinbart. Diese wird aber im Regelfall bei 10€/qm liegen und damit weit über der Miethöhe von Sozialwohnungen (6,70€/qm). Unklar ist zudem bislang, inwieweit sich die BImA finanziell an den Infrastrukturfolgekosten beteiligen muss. Öffentlicher Druck in der Folgezeit hat leider nichts daran geändert, dass mit Hilfe der Politik ausgerechnet für die BImA eine Extrawurst zu Lasten bezahlbaren Wohnraums gebraten wurde! Die soziale Verantwortung der BImA soll sich offenbar darin erschöpfen, für Bundesbedienstete bezahlbaren Wohnraum in der Nähe ihres Dienstortes zur Verfügung zu stellen. Das ist der Skandal. Das Soziale kommt regelmäßig zu kurz! 

Das große Aufregerthema in der BVV Reinickendorf im Zusammenhang mit dem Bauprojekt ist aktuell hingegen der zuletzt in der Februar-Sitzung vorgetragene Kulturkampf v.a. zwischen AfD und Grünen für oder gegen jeden einzelnen Parkplatz, obwohl die BImA ihr Mobilitätskonzept noch gar nicht vorgelegt hat und die Grüne-Stadträtin keine konkreten Angaben machen konnte, wie viele PKW-Stellplätze insgesamt und an welcher Stelle weichen sollen. In einer Bürgerversammlung waren zuvor Befürchtungen geäußert worden, dass der ruhende Verkehr in die umliegenden Straßen verdrängt wird. Bürgerbeteiligung ist grundsätzlich richtig und Sorgen, Kritik und Anregungen sind auch dann ernst zu nehmen, wenn sie der jeweiligen eigenen Programmatik nicht in die Hände spielen.

Die von der BVG geplante, veränderte Linienführung der Buslinie 322 über die Avenue Charles de Gaulle und Rue Montesquieu mit zwei neuen Haltestellen würde zu einer besseren Einbindung des wachsenden Kiezes in das bezirkliche Verkehrsnetz führen. Die Planung des Bezirksamts, die Avenue Charles de Gaulle als verkehrsberuhigten Bereich anzulegen, so dass ein Durchgangsverkehr über die Hochjagdstraße unterbunden würde, bietet die Chance einer Verkehrsberuhigung. Wichtige in der weiteren Planung zu beachtende Aspekte sind sichere Fuß- und Radwege, die Barrierefreiheit und die Aufenthaltsqualität und insgesamt die Orientierung am Leitbild der „Stadt der kurzen Wege“, damit ein lebendiges Quartier entsteht. So oder so muss der Kiez allerdings gemeinsam mit den Anwohnerinnen und Anwohnern entwickelt werden und nicht über ihre Köpfe hinweg! Dann wird die Cité Foch zukünftig noch lebenswerter, aber leider ohne zusätzliche preiswerte Wohnungen...

Felix Lederle, Mitglied der BVV Reinickendorf für DIE LINKE.