Wie sich Frau Wanjura der Debatte entzieht

Wir in Reinickendorf • 05/2008

Geschichte einer Großen Anfrage

3. April

Die Fraktionen von SPD und B 90/Grüne bitten in einer Großen Anfrage (GA) „Werden leitende Beamte des Bezirkes öffentlich rehabilitiert?“ (Drs.-Nr,: 0489/XVIII) um Auskunft, welche Konsequenzen das Bezirksamt (BA) aus dem Befassungsverbot gezogen hat, das von der Senatskanzlei als dienstvorgesetzter Behörde gegen die Bezirksbürgermeisterin erlassen wurde? Außerdem wollen sie wissen, ob das BAdie von der Bezirksbürgermeisterin in der BVV-Sitzung vom 5. März 2008 vertretene Auffassung teilt, dass leitende Mitarbeiter die Arbeit verweigert hätten? (vgl. „WiR“ 04/2008)

BVV-Vorsteher Pohl (CDU) lehnt „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ ab, die GA auf die Tagesordnung zu setzen.

11.April

Sascha Braun (SPD) und Anke Petters (Grüne) bewerten das als „Zensur“ und wenden sich an das Verwaltungsgericht, um eine einstweilige Anordnung zu erreichen. In einer Presseerklärung bemerkt der SPD-Fraktionsvorsitzende, offensichtlich lägen in der Reinickendorfer CDU die Nerven derart blank, dass der Vorsteher sich zu diesem Manöver entschlossen habe, um eine für die unter Druck stehende CDU-Bezirksbürgermeisterin unangenehme Debatte zu verhindern.

14. April

Im Ältestenrat teilt der BVV-Vorsteher mit, dass er sich nach einem Rechtsgespräch entschieden habe, die GA doch auf die Tagesordnung zu nehmen.

16. April

Durch eine geschickte Verzögerungstaktik erreichen es die Bürgermeisterin und die CDU- Fraktion in der 18. Sitzung der BVV, dass für die Beantwortung der GA keine Zeit bleibt (vgl. BVV-Splitter). Auf Antrag der SPD wird eine Sondersitzung für den 30. April einberufen.

30. April

BVV-Vorsteher Pohl verliest in der Sondersitzung unmittelbar vor Beginn der Debatte ein Schreiben des Landesdatenschutzbeauftragten. Unter Hinweis auf ein Telefongespräch mit der Bürgermeisterin gibt Dr. Dix der BVV den Rat, die Debatte aus Datenschutzgründen in nichtöffentlicher Sitzung abzuhalten. CDU-Fraktionsvorsitzender Schultze-Berndt beantragt, diesem Rat zu folgen. Nach.§ 8 (6) des Bezirksverwaltungsgesetzes muss auch darüber in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden. Die Gäste werden gebeten, für zehn Minuten den BVV-Saal zu verlassen. Die Mikrofone in den Vorraum, wo ein „Häufchen“ wartet, werden abgeschaltet. Nach 30 Minuten geht der erste.

SPD-Fraktionsvorsitzender Braun erklärt später gegenüber der Presse: „Um die Frage der öffentlichen Sitzung der BVV zu beraten und um insbesondere eine Stellungnahme der Bezirksaufsicht beim Senator für Inneres einzuholen, sahen sich die Fraktionen von Bündnisgrünen und SPD in der BVV-Sondersitzung am 30. April 2008 gezwungen, die Debatte auf den 21. Mai 2008 zu vertagen.“

Demokratie im Keller. Fortsetzung folgt.

Friedrich Wilhelm