Erinnern heißt leben

Wir in Reinickendorf • 6/2005

BVV Reinickendorf: Hans und Hilde Coppi gewürdigt

60. Jahrestag der Befreiung: Vergebene Chance

8. Mai? Der sei doch vorbei! zitierte Renate Herranen einen „erstaunten“ CDU-Verordneten.

Die BVV hatte im März einstimmig beschlossen, den 60. Jahrestag der Befreiung auch in Reinickendorf würdig zu begehen. Die Einzelverordnete wollte nun vom Bezirksamt wissen, wie dieser Beschluss erfüllt wurde. Stellvertretend für die Bezirksbürgermeisterin - Frau Wanjura war noch nicht aus Wolgograd zurück - zog Peter Senftleben eine „positive Bilanz“: Kranzniederlegung mit Vertretern der vier Alliierten, Sonnenblumenbeet gegenüber dem Rathaus, literarisch-musikalische Veranstaltung für Oberschulen. Nun ja, der Besuch, die Werbung hätten besser sein können.

Renate Herranen fragte nach: Welche Bemühungen hat das Bezirksamt unternommen, um im Rahmen des 60. Jahrestages Reinickendorfer Widerstandskämpfer und Verfolgte des Faschismus zu ehren? Einen solchen Vorschlag hatte PDS-Bezirksvorsitzender Klaus Rathmann in einem Offenen Brief an Bürgermeisterin Wanjura, die Stadträte und Fraktionen gemacht (VGL. „WIR“05-05). Die Antwort war - wie ich finde - beschämend für das Bezirksamt: Eine Ehrung sei nicht erfolgt, sie hätte nicht in das Programm integriert werden können. Die Ermittlung der im Bezirk lebenden Widerstandskämpfer und Verfolgten sei auch schwierig; aber die Idee sei generell zu befürworten.

Eindrucksvoll würdigte Renate Herranen das Wirken von Hans und Hilde Coppi im Bezirk und im antifaschistischen Widerstandskampf. Eine Straße oder ein Platz in Reinickendorf hätten den Namen verdient, so wie das von der VVN/BdA vorgeschlagen worden war. Mit Blick auf den vor allem von jungen Antifaschisten verhinderten Aufmarsch von Neonazis am 8. Mai erinnerte sie an Brecht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“.

Dem gegenüber offenbarte Peter Senftleben keine neuen Überlegungen im Bezirksamt, die Unterstützung von Projekten zu verstärken, die insbesondere jungen Menschen helfen, sich mit neonazistischem, rassistischem, antisemitischem und antidemokratischem Gedankengut auseinanderzusetzen. Der Bezirk tue doch bereits, was möglich sei.

Das Thema war keiner Fraktion wichtig genug, dazu Position zu beziehen - drei Tage nach dem 8. Mai.

Klaus Gloede