Alle Macht geht vom Volke aus?
Zur Verfassungsbeschwerde der ICAT gegen den Volksentscheid zu Tempelhof
von Peter-Rudolf Zotl (MdA)
Die Initiative „City Airport Tempelhof“ (ICAT) wird beim Landesverfassungsgericht Berlin Beschwerde gegen den Volksentscheid vom 27. April 2008 einlegen. Angeblich sei sie durch die Gegeninitiative des Senats massiv in ihrem Recht behindert worden, ihre Argumente im Sinne freier Meinungsäußerung zu verbreiten. Außerdem habe der Regierende Bürgermeister mit seiner Ansage, dass das Ergebnis ohnehin für den Senat nicht verpflichtend sei, viele abgehalten, ihre Stimme für die Weiterführung des Flugbetriebs in Tempelhof abzugeben. Der Volksentscheid soll wiederholt werden.
Beide Argumente sind an den Haaren herbeigezogen und entbehren jeglicher sachlicher Grundlage. Erstens sichert das Gesetz allen Konfliktparteien „Waffengleichheit“ zu, d.h., dass sowohl die Tempelhof-Befürworter als auch die Tempelhof-Gegner das Recht zur Argumentation hatten, was auch von beiden – von den Befürwortern des weiteren Flugbetriebs sogar mit ungeheurem Finanz- und Logistikaufwand – genutzt wurde. Zweitens war nicht der Senat Mitglied des Bündnisses „Für ein flugfreies Tempelhof“. Das waren – neben einer Reihe von Organisationen – drei im Abgeordnetenhaus vertretene Parteien, von denen sich eine (Bündnis 90/Die Grünen) in der politischen Opposition befindet. Drittens entsprachen die Hinweise, dass der Senat nicht an ein Votum für Tempelhof gebunden war, der Rechtslage, denn nur unter dieser Einschränkung waren Volksbegehren und Volksentscheid überhaupt zugelassen worden, was auch durch juristische Expertisen ausnahmslos bestätigt worden war. Insofern muss viel mehr gefragt werden, warum die Befürworter eines Flugbetriebs in Tempelhof wider diese Realität permanent den Eindruck erweckten, als würde wirklich „über die Zukunft von Tempelhof entschieden“. Überhaupt sollte viertens nicht mit Steinen werfen, wer selbst im Glashaus sitzt, denn nicht die Argumentation von Abgeordnetenhaus und Senat, sondern ausschließlich die der ICAT zeichnete sich durch massive Unwahrheiten aus.
Unterm Strich bleibt nur ein Fazit bestehen: Die ICAT – wie manche deren Unterstützer ebenfalls – erweist sich als schlechte Verliererin. Da bleibt nur zu fragen, warum sie so intensiv mit dem Verfassungsgrundsatz „Alle Macht geht vom Volke aus!“ geworben hat, wenn sie, nachdem das Volk seine Macht ausgeübt hatte, gegen dieses Volk vor Gericht ziehen will. Aber eigentlich ist die Antwort schon klar…
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